Einsam - die Geschichte eines Schmalspurfreiwilligen!?
Wenn nach 6 Monaten alles noch genauso ist wie vorher, und trotzdem nie wieder das Gleiche, dann war die Zeit sicher vieles, aber nicht verschwendet.
Einsam – einsam und allein stand ich da in der rechten oberen Ecke des Seminarraums.
Einsam auf dem Stück Fußboden, dass derzeit Nordwesteuropa war – Irland um genau zu sein.
Die Übung auf meinem EFD Vorbereitungsseminar war einfach, der Raum ist Europa und ihr zeigt uns jetzt wo ihr hingeht.
Ich hätte ja nicht gedacht, dass meine einzige und nächste Nachbarin unter 40 zukünftigen EFDlern Finnland sein würde und sich einige in den Türrahmen stellen mussten, weil Sie „eben nach Sibirien gehen, fast schon China“.
Keine fünf Minuten später stand ich wieder in dieser Ecke - allein -. Denn diesmal wurde gefragt wer denn die Sprache des Landes beherrsche und während mir gegenüber, dort wo sie alle noch kein Wort ihrer neuen Heimat sprachen, eine kuschelige Gruppe entstand, war ich allein.
Englisch, ja das kann man eben. Irland, das ist doch nichts Neues. In meinem Bekanntenkreis war es etwas Besonderes ins Ausland zu gehen. Hier jedoch kam ich mir vor wie diejenige, die sich das richtige Abenteuer nicht zugetraut hatte.
Neues Land, neue Sprache, neue Kultur – all das wollte ich doch auch erleben, aber eben mit Reißleine. In einem Land, welches mir leicht vertraut war, einer Sprache die ich so beherrschte, dass Zeichensprache nicht notwendig sein würde.
3 Monate später sind diese Sorgen vergessen. Ich bin kein Schmalspurfreiwilliger, kein EFDler mit Rettungsschirm. In meinem Projekt, Jugendkulturarbeit in einer Entwicklungsagentur auf dem irischen Land, sitze ich die ersten Wochen in jeder Pause nur da und spreche wenn mich jemand gezielt anspricht. Ansonsten verstehe ich nämlich nicht viel. Irisches Englisch, das ist eben nicht „The Queen’s English“. Dazu kommt, dass unser Büro vielen eingewanderten Polen hilft. Die stürzen sich meist auf mich, weil ich ganz vorne am Eingang sitze und so nicht irisch aussehe. Also doch eine mir neue ganz unbekannte Sprache, denn polnisch, das spreche ich nun so gar nicht.
Dabei bleibt es leider nicht, denn was ich in all der Aufregung fast vergessen hatte, die Iren haben ja auch noch eine ganz eigene Sprache. Irisch oder auch Gälisch, in keinster Weise mit dem Englischen verwand und mehr als einmal ein Grund zum Verzweifeln meinerseits. Die 6-jährige „Eva“ ist gar nicht glücklich, dass ich ihren Namen nicht auf der Liste des Tanzkurses finde, aber wie soll ich auch, wenn ich angestrengt unter dem Buchstaben E suche und sie doch Aoife heißt, glücklicherweise hilft mir dann die 10-jährige Caoimhe. Gut für Sie denn Ihren Namen hätte ich unter Q gesucht und die Tanzstunde hätte sicher wegen mangelnder Zeit ausfallen müssen.
Doch nach nicht allzu langer Zeit habe ich die wichtigsten Begriffe gelernt und man sagt mir schon nach ich würde nun auch „Cork English“ sprechen. Jetzt fängt die wirkliche Herausforderung an, denn die Tatsache, dass ich auf Augenhöhe kommunizieren kann, gibt mir die Möglichkeit mich in alle Teile meines Projekts einzubringen. Leitung von Theaterworkshops, Aufführung von Shakespeares Othello, die Leitung eines After-School Clubs oder Info-Veranstaltungen in Schulen, dass alles ist kein Problem mehr.
Wait – kein Problem? Ich bin immerhin erst 19 sagt die kleine Stimme in meinem Kopf. Du hast doch noch nie wirklich Theater gespielt, wie willst du da denn Workshops leiten? Und wie genau hält man mit 19 eigentlich 30 leicht hyperaktive Grundschulkinder in Schach, und ach ja Shakespeare hast du im Leistungskurs Englisch schon nicht verstanden und nun willst du es auf die Bühne bringen?
Ja lieber Leser, liebe kleine Stimme in meinem Kopf, genau das habe ich getan. Meine Angst mit Enthusiasmus übertönt und Dinge geschaffen auf die ich bis heute, 4 Jahre später, noch stolz bin.
6 Monate EFD haben mir Zeit und Möglichkeit gegeben über mich selbst hinauszuwachsen. Erfahrungen zu sammeln und Selbstvertrauen zu gewinnen. Mir die Erkenntnis ermöglicht, dass jede Chance die sich uns eröffnet eine Herausforderung ist, egal wie groß oder klein sie uns erscheint.
Vielleicht war ich damals wirklich feige und dachte ich wähle den einfachsten Weg eines EFD’s, doch das war es nicht. Er hatte eigene Herausforderungen und Probleme an denen ich mich messen musste. Nicht zuletzt hat die Zeit mich mutiger gemacht Neuem offen entgegen zu gehen und es anzunehmen statt nach Hindernissen zu suchen.
EVS – a wasted time? – Nothing in life can be wasted if your heart is fully in it!
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