Eine zweite und eine erste Chance
In vielen Situationen kann ich beiläufig auch etwas estnisch lernen. Zum Beispiel beim Drucken von estnischen Hipsterwörtern oder bei dem Versuch finnischen Käufern auf estnisch von unseren Produkten zu erzählen.
Die erste Aufgabe, die mir in meiner Einstiegswoche gegeben wurde, war sehr lehrreich aber nicht besonders erfolgreich. Ich sollte Cover für die Skizzenblöcke „Sirkels“ mit estnischen und englischen Begriffen bedrucken, das Papier schneiden und die Blöcke zusammenbinden. Da jeder seine eigenen Wege hat, die Maschinen zu gebrauchen, wurden mir viele widersprüchliche Ratschläge gegeben. Ich habe so viel falsch gemacht, dass es mich sehr erstaunt hat, als das erste meiner „Sirkels“ Notebooks tatsächlich gekauft wurde. Nun habe ich die Chance auf einen zweiten Versuch bekommen und konnte mir selber beweisen, wieviel ich bereits gelernt habe. Dieses Mal habe ich nicht nur die schlichten Buchstaben für Besucher genommen, sondern die ausgefallenen herausgesucht. Mittlerweile weiß ich auch, ob ich auf Agnieszka oder Mana hören soll, wenn eine mir sagt, ich soll in weiß drucken und die andere, dass der Kunde nur grau möchte. Ein paar Freiwillige haben mir geholfen neue estnische Begriffe zu finden und mich vor Rechtschreibefehlern zu bewahren.
So wie es auf Weihnachten zugeht, müssen wir noch mehr Produkte herstellen und daher helfe ich etwas mehr in der Produktion. Der `Babysitter des Tages´ reagiert schon fast panisch sobald die Tür aufgeht und atmet erleichtert auf, wenn es kein Besucher ist, der nach einer Tour fragt. Zu dem Weihnachtsgeschäft kommt zudem noch der Druck des kleinen Prinzen, da wir die finanziellen Mittel hierfür mit der Kickstarter-Kampagne sammeln konnten.
Ich habe jedoch die Chance bekommen, dem Stress im Museum für das Wochenende zu entfliehen und die Mardilaat Messe in Helsinki zu besuchen. Gemeinsam mit Anne, die eine großartige Papierkünstlerin und Kopf des Papiermuseums ist, und ihrer Tochter und meiner Freundin Elisabeth habe ich also unsere Produkte verkauft und Papierkunst- Workshops angeboten. Es war ein schönes Gefühl, dass man mir die Verantwortung für dergleichen anvertraut und es hat viel Spaß gemacht, den Besuchern über unser Museum und die Herstellung der Notebooks zu erzählen. Auf Wunsch habe ich auch gerne ein Gedicht in sein Notebook geschrieben oder zum Kunden anlocken mit Elisabeth, eine Käuferin mimend, laute Gespräche über unsere Produkte geführt. Trotz unserer Hingabe sind nicht so viele Besucher gekommen wie wir gehofft hatten. Das sehr gute, kostenlose Essen und viele interessante Gespräche haben uns jedoch darüber hinweggetröstet.
Um nicht mitten in der Nacht aufbrechen zu müssen, haben wir unsere Wochenendreise um einen Tag in Tallin verlängert. Dabei haben wir eine bezaubernde Ausstellung entdeckt, die Gemälden von Klimt, Monet und Van Gogh zum Leben erweckt. Durch kunstvolle Animationen wehen die Segel von Monets Segelbooten und wachsen Van Goghs Sonnenblumen auf völlig natürliche Art.
Beim heutigen Monday Meetig wurde ich mit den Erlösen des Wochenendes freudig begrüßet und leider wieder mit vielen neuen Aufgaben überhäuft. Von unserem professionellem Druckfachmann, Jürgen, habe ich das Feedback zu den Notebook covern bekommen, dass ich ein Naturtalen im Drucken bin. So ein Lob macht die viele Arbeit gleich wieder etwas schöner.
Bilder: Mana Kaasik