Eine kleine Geschichte des Teilens - Die Ursprünge der Sharing Economy
Der neuste ökonomische Trend: Die Sharing Economy. Dabei ist die Idee einer Wirtschaft des Teilens gar nicht so neu - Aber warum fingen Menschen an, zu teilen und zu tauschen? Eine kleine historische Überlegung..
Auch wenn der Begriff „Sharing Economy“ noch relativ neu und ungebräuchlich ist, das Prinzip existiert seit Entwicklung der Menschheit: Besitzgüter werden in der Gemeinschaft zusammen genutzt, Dienstleistungen ausgetauscht und nicht länger benötigte persönliche Gegenstände werden der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt.
Mit diesem Prinzip überlebten die menschlichen Populationen auf jedem Kontinent harte Winter, schlechte Ernten, Nahrungsengpässe. Durch Arbeitsteilung und dem Austausch von Dienstleistungen wurde dem Individuum ermöglicht, sich zu spezialisieren, sich nach seinen Möglichkeiten zu entfalten, der Beschäftigung nachzugehen, die ihn glücklich macht und trotzdem den Zugang zu jeder Art von Service zu haben: Nicht jeder Dorfbewohner musste sich der Herstellung von Nahrungsmitteln widmen, manche konzentrierten sich auf die Konstruktion von Häusern, oder der Fertigung von Kleidung während ihre Mitbürger Essen zubereiteten und dieses dann gegen andere Produkte austauschten. Aber je größer die Gemeinschaften und je komplexer die gefertigten Produkte wurden, desto schwieriger wurde es, dieses Prinzip des direkten Austausches aufrechtzuerhalten. Das verursachte die Einführung von Währungen, in Form von Naturalien (zum Beispiel Hölzer, Lebensmittel, Steine, Metalle) und Papierscheinen, damit wurde der Austausch entpersonalisiert und universalisiert.
Der Erwerb von Dingen wurde nun stark vereinfacht, nicht länger war eine persönliche Beziehung und ein Kontakt zu dem Produzenten vonnöten und es herrschte auch nicht mehr die Notwendigkeit, den Austausch in einem festgelegten, zeitlichen Rahmen zu vollziehen: Mit Geld konnte man immer und überall bezahlen, solange alle Mitglieder der Gesellschaft dessen Wert anerkennen. Das war der Beginn der Wirtschaft.
Trotzdem wurden in den noch kleineren Gesellschaften, wie Dörfern und Stadtteilen, Gemeingüter geteilt. Häufig wurden zum Beispiel Weideflächen, Wälder und Maschinen (aufgrund ihres Wertes) gemeinsam benutzt und das Überleben wurde als solidarische Gemeinschaft gesichert. In Deutschland sind diese auch als Allmende bekannt.
Dieses Prinzip wurde bis in die Zeiten der Industrialisierung aufrechterhalten, aber auch schon bereits kritisiert: Problematisch ist, wenn die Gesellschaft nicht die Verantwortung über die Gemeingüter übernimmt, und die Menschen nicht solidarisch, sondern egozentrisch denken. Dann kommt es zu der sogenannten „Tragik der Allmende“ : Dieses evolutionstheoretische und sozialwissenschaftliche Modell beschreibt das Phänomen, dass Güter, die der Allgemeinheit zur freien Verfügung stehen übernutzt bis völlig ausgenutzt werden, da die Konsumenten in Konkurrenz zu einander versuchen, den größten Vorteil zu erbeuten.
Die Konsequenzen dieser Tragik können wir zum Beispiel heute in den Weltmeeren sehen: Über einen Großteil der Ozeane werden keine Verfügungsrechte ausgesprochen, es gibt also keine Autorität, die die Nutzung überwacht. Mittlerweile sind 90 Prozent der Fischbestände stark überfischt, und Schätzungen zufolge werden spätestens 2050 die natürlichen Bestände an Fisch der Weltmeere völlig aufgebraucht sein. Das sind direkte Folgen des verantwortungslosen Raubbaus an der Natur, die daraus resultiert, dass es keine Auflagen für deren Schutz gibt und keine anerkannte Institution, die diese konsequent ausüben könnte. Letztlich führt diese Verhaltensweise zur Bedrohung bis hin zum Aussterben von Arten, also zu irreparablen Schäden an unserer Umwelt, unter der am Ende die Allgemeinheit leidet, aber die Verursacher profitieren. Generell die Gefährdung der Wildbestände weltweit, der Zugang zu Trinkwasser (besonders in Entwicklungsländern) und die Verschmutzung der Atmosphäre durch Schadstoffe und Treibhausgase sind weitere Beispiele. Und so kommt der Ökonom Garrett Hardin zu der Schlussfolgerung: „Freedom in the commons brings ruin to all“ (Übersetzung: Die Freiheit in den Allgemeingütern ruiniert alle.)
Aber tritt dieses Phänomen, diese Tragik, zwingend auf, sobald ein Gut der Allgemeinheit ohne Supervision zur Verfügung gestellt wird? In einer materialistischen Gesellschaft, die sich auf Geld fokussierte, ist dies in der Tat ein notwendig auftretendes Verhaltensmuster, da jeder versucht, für sich selbst den größten Nutzen aus der Allmende zu ziehen. Dass dieses Verhalten nicht nachhaltig ist, den kommenden Generationen vielleicht sogar schaden könnte, und moralisch auch fraglich ist, weil Minoritäten und sozial schwächere Gruppen nicht berücksichtigt werden, interessiert nicht, da diesem asozialem Verhalten keine Konsequenzen folgen.
Dies würde allerdings die Natur des Menschen als egoistisch, von Instinkten gesteuert und gierig definieren. Aber dagegen gibt es viele Beispiele, von Menschen, die sozial und altruistisch handeln. Denn letztlich sind wir soziale Wesen, die ihre Stärke durch das Bilden von Gemeinschaften zieht.
Nach einer evolutions-biologischen Theorie haben sich die ersten Gemeinschaften aus nur einem wirklichen Grund gebildet: Wegen der Kinder. Die menschlichen Nachkommen sind nach der Geburt völlig hilflos, sie brauchen mindestens ein Jahr bis sie anfangen, zu laufen und zu sprechen, sie sind also erst einmal völlig abhängig von der umfassenden Pflege ihrer Eltern. In den primitiven Lebensumständen aber stellte dies eine Bedrohung für das Überleben dar, und um ihre Kinder und damit ihre Existenz zu schützen, gruppierten sich Menschen.
Damit stellt die Familie die kleinste soziale Einheit dar, der, aus der wir alle entstammen und aus der sich Gemeinschaften zusammensetzten. Doch in der Entwicklung der Moderne hat das traditionelle Familienverständnis an Bedeutung verloren und ist in der westlichen Welt nicht länger Fokus des alltäglichen Lebens. Mit dem Kapitalismus entstand auch eine neue Form des Individualismus, der die eigene Person, ihre Selbstentfaltung und Karriere ins Zentrum rückt. Und mit dem Einfluss ebenfalls der Urbanisierung und der Technifizierung brachen die alten sozialen Strukturen vollkommen auf.
Mit der Sharing Economy werden wieder soziale Gemeinschaften aufgebaut, und Menschen wirtschaften sozialer. Persönliche Kontakte werden geknüpft, durch die Notwendigkeit der Kommunikation im Teilen. Auch deshalb ist die Sharing Economy so attraktiv: Weil sie dem menschlichen Wesen entspricht.