Ein Zauber zum Abschied?
Wo etwas Neues anfängt, lässt man auch etwas Anderes zurück. Dass das kein Grund nur zum Traurigsein ist, habe ich in den letzten schönen Wochen zu Hause erleben können und ich freue mich nach allen dennoch traurigen Abschieden auf das "Abenteuer Frankreich" oder ganz einfach - mein EVS ! :)
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
- das hat Hermann Hesse einmal in einem Gedicht geschrieben und beschreibt zumindest einen Teil meiner Gefühle kurz vor der Abreise nach Frankreich.
Vor ein paar Tagen ist mir dieses Zitat wieder in den Kopf gekommen, das mir vor gut drei Jahren im Deutschunterricht zum Beginn der Oberstufe begegnet ist. Und irgendwie trifft es ganz gut auf meine derzeitige Situation zu. Ich bin voller Vorfreude und Neugier auf all das, was vor mir liegt. Die letzten Infos für die Anreise, das Unterschreiben des Activity Agreements, ein toller Überblick über die geplanten Aktivitäten in meinem Projekt und mit den anderen Freiwilligen in Redon und nicht zuletzt der persönliche Kontakt mit meinen Ansprechpartnern in Frankreich und Deutschland haben meinen Freiwilligendienst nicht nur zeitlich, sondern auch emotional näher gebracht. All das wirkt schon fast wie ein kleiner Zauber, der mich mit Faszination und vielen anderen positiven Gefühlen getroffen hat.
Die letzten Wochen sind so wahnsinnig schnell vergangen, ich weiß noch genau wie nahend, aber trotzdem auch entfernt mein EVS beim letzten Blog vor drei Wochen war. Auch wenn die Zeit so rasend lief, bin Ich froh, nicht sagen zu müssen, die Zeit wäre einfach spurlos an mir vorbei gelaufen, ohne dass ich es gemerkt hätte. Ganz im Gegenteil, die letzten Tage zu Hause habe ich absolut genießen können und das "sich zu Hause fühlen" ist gerade durch viele schöne Momente und Erlebnisse nochmal stärker geworden. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich selten so frei von Verpflichtungen wie Schule, Lernen und anderen aufwändigeren Terminen war. Ich bin sehr dankbar für die vielen schönen Stunden, die ich mit meinen Freunden im Schwimmbad, auf den typisch rheinhessischen Weinfesten, auf meiner wunderschönen kleinen Geburtstags-&Abschiedsfeier oder einfach gemütlich in der Hängematte im Garten sitzend; mit meiner Tanzgruppe beim Abschiedsgrillen; in den letzten Musikstunden im Musikverein mit einem extra Abschiedslied-Wunsch; mit meiner Volleyballmannschaft bei sehr viel Gelächter und Spaß; im Stall bei entspannten Ausritten und lockerer Arbeit auf dem Platz mit meinen Lieblingsvierbeinern (und Menschen); und natürlich mit meiner Familie, verbringen durfte! Trotz all dem ist es mir bisher gar nicht so schwer gefallen mich zu verabschieden, wie ich es erwartet habe. Natürlich werde ich Viele hier vermissen, aber es ist so viel schöner und vermutlich auch einfacher, die gemeinsame Zeit zu schätzen und sich sicher zu sein, dass auch große Entfernungen zwischen Menschen nicht viel ändern. Vielleicht ist es das Wissen, dass sich hier nicht alles ändert, wenn ich weg bin, oder die Tatsache, dass auch für viele meiner Freunde jetzt in einer nahen oder fernen Unistadt oder einem Ausbildungsbetrieb ein ganz neues Leben beginnen wird, die es mir dieses Mal erstaulicherweise einfach macht, das alles hinter mir zu lassen. Andererseits ist auch die Freude und Motivation für mein EVS einfach so groß, dass Anderes relativ erscheint. - Vielleicht ist es aber auch einfach der Zauber von etwas ganz Neuem und Unbekannten, der mich da schon als voraus eilende Stimmung ergriffen hat.
Nun sind die Koffer gepackt, mein Zimmer sieht außergewöhnlich ordentlich aus und ich habe das Gefühl, alle wichtigen Punkte in meinem Leben in Deutschland beruhigt hinter mir lassen zu können und alle Menschen zumindest halbwegs "gut" verabschiedet zu haben. Morgen geht es los in die Bretagne, wo ich mich noch ein bisschen umsehen werde, ehe ich am Dienstag meine Koordinatorin, meine Mitfreiwilligen und vielleicht auch schon andere Menschen in Redon kennenlernen werde.
Trotz aller Freude - ein bisschen Wehmut bleibt natürlich auch. Hoffen wir, dass ein guter Zauber lange, mal überraschend, mal heimlich, auch aufmunternd aber vor allem begeisternd wirkt; nicht nur für mich, sondern auch für alle anderen.
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