Ein nicht endender Hindernislauf
In Polen entpuppt sich der Einstieg in ein Auslandsjahr für Jokoz schwieriger als erwartet. Sein Antrag ist zwar nicht abgelehnt, aber verschoben worden. Jetzt muss er weiter Bewerbungen schreiben.
Hallo Youthreporter,
Ihr habt Recht, mein letzter Eintrag ist schon wieder viel zu lange her, jedoch gibt es dafür auch gut Gründe. Anstatt hier weiter Tagebuch zu schreiben, habe ich mich in der vergangenen Woche eher dazu entschieden, 20 Bewerbungen an polnische EVS-Projekte zu schreiben, habe mindestens fünf Mal versucht mit der polnischen Nationalagentur in Kontakt zu kommen, hinzu kommen noch unzählige Mails mit meinen Ansprechpartnern von Aufnahme- und Entsendeorganisation.
Der Reihe nach: Letztes Wochenende bin ich mit John zu Magda nach Warschau gefahren, wir haben ihr bei ihrem Umzug geholfen und gleichzeitig nach dem Stand meines EVS befragt. Sie teilte mir daraufhin mit, die polnische Nationalagentur habe meinen Antrag auf ein EVS ab 1. Dezember abgelehnt, sie habe aber einen weiteren Antrag eingereicht, welcher dann entweder ein EVS ab 1. Januar oder 1. Februar vorsieht.
Für mich war das natürlich eine riesige Enttäuschung und es ist das erste Mal, dass ich offen sagen muss, dass ich nicht weiß ob mein EVS hier noch wirklich ernst genommen wird. Darum also die Bewerbungsschreiben.
Übrigens bin ich sehr schnell in Kontakt mit einem für mich sehr interessanten EVS-Projekt in Biskupiec gekommen. Biskupiec liegt im Norden Polens, in dem Projekt würde ich mit Waisenkindern und Kindern aus schwierigen Verhältnissen arbeiten. Desweiteren liegt ein spürbares Interesse an mir vor, so dass ich mich die letzte Woche auch schon in Richtung Projektwechsel informiert habe.
Es ist alles noch viel komplizierter, als es sich hier anhört, aber um euch diesen bürokratischen Blödsinn zu ersparen, erzähle ich euch lieber von meinen Eindrücken in der letzten Woche hier.
Letztes Wochenende war bekannter weise Allerheiligen. Im Gegensatz zu Allerheiligen in Deutschland ist das keine Beiläufigkeit, sondern im katholischen Polen quasi ein Nationalfeiertag. Es werden entfernte Gräber besucht, diese werden prächtig geschmückt und man widmet den Toten Gebete, was ich nicht ganz verstehen kann, da es für mich keinen Sinn ergibt, für eine tote Person zu beten.
Ich war auch wieder bei den Croziers und habe mit den Söhnen Football und Fußball gespielt und mich zu Mittag wieder von Zaba verköstigen lassen. Am Dienstag war ich mit Amy, Chad und Adam wieder zu Besuch in der Correction School.
Nachdem wir die Woche zuvor mit den Jugendlichen dort Volleyball gespielt hatten (Volleyball ist denke ich die Volkssportart Nummer 1 in Polen, vor Fußball, Skispringen und Formel 1) haben wir diese Woche erstmals ernsthaftere Gespräche mit den Mädchen dort geführt.
Wir haben außerdem für die Zukunft Englischstunden und Volleyball vereinbart. Es gibt mir immer wieder ein gutes Gefühl dort zu sein und helfen zu können, da es sich bei den Kindern dort wirklich um beinahe aussichtslose Fälle handelt.
Was meine Deutschstunden angeht, gibt es nichts Gutes zu berichten. Nehmen wir gestern als Beispiel: Paulina wird nicht mehr kommen, Bartek war krank und Jacek wollte nicht als einziger kommen. Weil eben nur drei Schüler in meiner Klasse sind, bedeutet dies, dass der Unterricht ausfallen musste.
Und zu den amerikanischen Präsidentschaftswahlen sollte ich hier als deutscher Bewohner eines "amerikanischen Exils" auch noch ein Wort verlieren. Gewählt hat von den Amis hier glaube ich beinahe keiner, da die blitzsaubere Demokratie der USA Stimmen aus dem Ausland nur zur Wahl miteinbezieht, wenn diese am Ende auch wirklich einen Unterschied darin ausmachen, wer Präsident wird. Mit Ausnahme meines Mentors John muss ich aber sagen, dass ausschließlich John McCain von den Stimmen hier profitiert hätte. Bei John haben wir die Wahlen die ganze Nacht durch auf CNN verfolgt. Ich war glaube ich der einzige, der sich über den Sieg Obamas so richtig freuen konnte. Auch wenn mancherlei Erwartungen an ihn völlig überzogen sind, stimme ich mit ihm in Sachen Außen- und Sozialpolitik deutlich mehr überein als mit John McCain.
Ich melde mich noch dieses Wochenende wieder und halte euch weiter über meine Zukunftspläne auf dem Laufenden. Die Situation ist natürlich alles andere als leicht für mich, aber ich versuche trotzdem, das Beste daraus zu machen.
Euer Jonas