Ein Jahr voller Überraschungen und Veränderungen
Über unerwartete Entscheidungen und Weiterentwicklungen
Ein Jahr in einem anderen Land zu leben verändert zweifelsohne. Ein Grund warum ich mich damals beworben habe war auch, dass ich mich verändern wollte. Frisch aus der Schule ist man ja quasi noch ein Kind. Oft noch auf die Eltern angewiesen, relativ unselbstständig und nicht besonders selbstbewusst. Genau das wollte ich aber nicht sein. Ich wollte selbstbewusster werden, mehr Verantwortung übernehmen können, selbstständig werden und auch eine Idee davon kriegen, was mir Spaß macht und was nicht, was ich studieren will. Man könnte behaupten ich wollte erwachsen werden.
Angefangen bei der Arbeit in der Schule, die mir von Anfang an extrem viel Spaß gemacht hat, wo ich tolle Kollegen hatte, wo ich aber von Anfang an gesagt habe, ein Jahr und nicht mehr. Mir war das ganze zu belastend und anstrengend um es ein Leben lang zu machen. Die Arbeit war jeden Tag eine neue Challenge. Ich wusste nie was auf mich zukam, in was für einer Laune die Kinder waren und ob ich eventuell nachmittags mit den Kopfschmerzen des Todes nach Hause kommen würde, weil mal wieder jemand einen schlechten Tag hatte und den ganzen Tag nur rumgeschrien hat oder ob ich einfach nur stolz wie sonst was nach Hause kommen würde, weil mal wieder eines der Kinder eine unglaubliche Entwicklung gemacht hatte.
Nicht selbst entscheiden zu können mit wem man zusammenarbeiten möchte und auch einer extremen körperlichen Belastung ausgesetzt zu sein, das waren Ausschlusskriterien für mich diesen Job nie wieder zu machen. Ich glaube es gibt nur wenige, die das ihr Leben lang machen können. Und ich dachte, ich gehöre dazu. Bis ich gestern meine Bewerbung zum 1. Fachsemester für „Lehramt für sonderpädagogische Förderung“ abgeschickt habe. Vielleicht werde ich auf Grund dieses Jahres meinen ewig gehegtes Ziel, Medizin zu studieren, hinschmeißen…Ich musste mir Autorität erarbeiten und ich habe mit vielen Kindern Machtwörter geredet. Ich habe mir Respekt erarbeitet und mich dadurch selbst verändert. Vielleicht bin ich härter geworden, strenger, selbstsicherer.
Mit 18 Jahren von zu Hause auszuziehen, war eine riesige Challenge für mich. Auf einmal stand ich in meinem Zimmer, einer neuen eigenen Wohnung und musste mich um vieles alleine kümmern. Wäsche wollte gewaschen, das Bad geputzt, die Wohnung gesaugt, Essen gekocht, mit Vermietern diskutiert und Fenster geputzt werden. Manches davon hatte ich schon einmal gemacht aber vieles auch nicht. Ich habe etliche Emails an unseren Vermieter schreiben müssen, weil Sachen nach und nach kaputt gegangen sind. Ich habe viel ausprobiert, extrem höfliche Emails, wütende Emails aber am Ende hatte ich immer ein Ergebnis, auch wenn ich dafür manchmal ein oder zwei Tränen verdrücken musste. Ich habe vieles fürs Leben gelernt, Dinge die ich bis an mein Lebensende brauchen werde.
Auch das Zusammenleben mit zwei mir anfänglich unbekannten Mädels hat so seine Spuren hinterlassen. Drei Mädchen auf einem Haufen kann schlecht enden, hat es bei uns aber zum Glück nicht. Wir haben gemeinsam einen Weg gefunden mehr als nur gut zurechtzukommen. Natürlich gab es hin und wieder Momente in denen nicht alles gut war, und in denen wir genervt oder sauer aufeinander waren, aber für mich waren es genau diese Situationen, dich mich verändert haben und aus denen ich ganz viel gelernt habe, die dazu beigetragen haben, wer ich heute bin.
Jetzt sind meine 12 Monate fast um und ich bin mittlerweile erwachsen geworden. Ich bin reifer, selbstständiger, selbstbewusster und habe trotzdem das Gefühl, dass ich noch so viel lernen kann. Dass das alles nur ein Bruchteil von dem war, was ich noch lernen kann und was mich noch prägen und verändern wird. Zweifellos war dieses Jahr aber bisher das Beste was mir hätte passieren können. Ein Jahr ,das mir so viel gelehrt hat und mich so extrem geprägt hat. Ein Jahr, das mir gezeigt hat was wirklich wichtig ist im Leben und auf wen ich immer vertrauen kann. Ein Jahr, in dem ich mich verändert habe. Ein Jahr, das ich niemals vergessen werde.