Ein Jahr in Digne ist nun einfach so und ohne Vorwarnung vorbei
"Wie man genießen kann wenn man weiß, dass man geht!" Vor ein paar Wochen hatte ich mich noch auf Deutschland gefreut und jetzt würde ich am liebsten nach ein paar Wochen Urlaub hier wieder zurück.
In der letzten Ferienwoche im Centre hat jede Gruppe etwas einstudiert um es am letzten Abend beim großen Spectacle den Eltern vorzuführen. Ich war in der Gruppe der 5jährigen und habe mit zwei Kolleginnen ein Tanz zu "Born to be alive" einstudiert. Außerdem haben wir den Kindern beigebracht "99 Luftballons" zu sagen, was wirklich nicht so einfach ist! Am Ende des Spectacles sind wir nämlich dann alle auf die Bühne gegangen, haben zu dem Lied gesungen und getanzt und 99 Luftballons (oder auch ein paar mehr) in den Himmel steigen lassen. Gänsehautfeeling und ich stand den Tränen nahe, weil das ja auch bedeutet hat, dass die Sommerferien jetzt vorbei sind. Und das wiederrum bedeutete, dass wir bald wieder nach Deutschland zurück mussten. Als die Kinder weg waren haben wir unter Betreuern nochmal das Ende der Ferien gefeiert.
Am Wochenende sind Kirstin, Stéfanie und ich dann nochmal zum wunderschönen Lac de St.Croix gefahren und habe dort eine Nacht gezeltet. Wenn man die Entfernung vergleicht, so müsste das Steinhuder Meer es mit diesem See auf sich nehmen und ich muss leider zugeben, dass er da nicht mithalten kann! Die Provence ist einfach eine einmalige, vielseitige und beeindruckende Landschaft!
Als wir dann wieder in Digne waren hieß es "Kofferpacken"! Es war super merkwürdig wirklich alles, alles irgendwie einpacken zu müssen. Deswegen zog sich das Packen auch bis zum Ende hin. Ich fing an rum zu nölen, dass ich nicht weg will und Kirstin war irgendwann so genervt davon, dass ich nur noch "Streichholzschächtelchen" sagen durfte. So hätte wenigstens sie in dem Moment was zum Lachen gehabt. Also fiel dieses Wort so viel in der Woche wie wahrscheinlich noch nie in meinem ganzen Leben!
In der letzten Woche wurde dann nochmal richtig geschlemmt. Montag ging's los mit einem Aiolifest in Aiglun. Sehr, sehr lecker und typisch französische Musik mit Akkordeon begleitete das Festmahl! Am Dienstagabend waren wir mit Ghislain und Henry in unserer Lieblingscrêperie. Cidre aus Tassen und Caramel au beurre salé- es gibt fast nichts besseres! Das wird mir auch richtig fehlen! Mittwochabend wurde nach der Arbeit ein Apero getrunken und noch eine Pizza bei uns gegessen. Am Donnerstag waren wir bei Seb zu einem Apero eingeladen, der echt super schön wohnt und ich bin noch zu meinem Boule Spiel gekommen, dass ich die ganze Zeit noch machen wollte! Diese ganzen Aperos sind so gefährlich, weil man die ganze Zeit so kleine Häppchen ist und gar nicht mitbekommt wie viel man davon isst. Aber einfach immer wieder lecker und spaßig!
Während der Arbeit haben wir dann nochmal die letzten Sachen beendet, die wir uns vorgenommen hatten: den Schrank in der Ludothèque streichen, dort die Spiele und die Schränke sortieren und für die nächsten Freiwilligen aufräumen und alles bereitstellen. Meinen letzten Mittwoch wollte ich dann nochmal bei den 3-4 jährigen verbringen. Lustig war, dass ich fast das selbe Team wie ganz am Anfang hatte! Ich hab dann den ganzen Tag den Kindern erzählt, dass ich sie mitnehmen würde nach Deutschland und die waren alle ganz begeistert und haben mir das tatsächlich geglaubt. Als ich dann abends zu meinem 4jährigen " Lieblingskind" gesagt habe, dass wir uns nun verabschieden müssten hat er mich ganz traurig angeguckt und gesagt "Aber ich komme doch in echt mit!", dann haben wir uns ganz lange umarmt und bei mir fingen die Tränen an zu laufen. Es ist viel schlimmer gewesen den Kindern tschüss zu sagen, weil man mit denen ja irgendwie keinen Kontakt halten kann im Gegensatz zu den Erwachsenen.
Am Freitag sind wir dann früh aufgestanden und haben weiter gepackt und uns um halb 3 mit Lydie, unserer Yoga Lehrerin, getroffen um ins Museum von Alexandra David-Néel zu gehen. In das Museum wollten wir das ganze Jahr schon gehen und haben es nicht geschafft. Alexandra David-Néel ist ganz viel in Tibet gereist und in dem Museum ist es ein bisschen so wie in eine andere Welt zu tauchen. Es war richtig interessant, vor allem weil Lydie uns noch Sachen dazu erzählen konnte. Danach haben wir noch einen Kaffee getrunken und uns verabschiedet... Abends waren wir auf den Geburtstag von Marion eingeladen und mit unseren letzten Kräften haben wir uns dort hingeschleppt.
Am Samstag sind wir dann um 8 aufgestanden und haben geputzt, gepackt, gekocht und eingekauft was Zeug hielt. Erst als wir abends zu spät zu unserer Abschiedsfeier gekommen sind hatten wir zum ersten Mal an dem Tag Zeit uns zu setzen. Als Dankeschön gab es von unseren Eltern importiertes, deutsches Bier! Außerdem wurden alle Sachen, die wir nicht mehr mit nach Deutschland nehmen konnten mit einer lustigen Rede verschenkt. Und alle bekamen zum Abschied eine richtige, deutsche Umarmung! Da müssen sonst immer nur die Küsschen herhalten, deswegen ist das für die Franzosen was ganz besonderes umarmt zu werden. Die Abschiedsfeier war gar nicht so traurig bis dann fast alle weg waren und ich dann auch mal endlich realisiert habe, dass ich die alle zum letzten Mal bis auf unbestimmte Zeit gesehen habe. Da konnte sich die Tränendüse auch nicht mehr zurückhalten.
Sonntag ging's dann nach 2 Stunden Schlaf los zum Bahnhof. Manu ist extra früh aufgestanden um uns dort hin zu fahren. Ein paar Stunden Zugfahrt hatten Kirstin und ich gemeinsam und konnten so ein Fotoalbum mit den schönsten Fotos des Jahres anfangen. Als ich dann mit zwei Trollis, einem Koffer auf dem Rücken, einem Rucksack vorne und einer Tüte umsteigen musste kam ich ganz schön ins Schwitzen. Die Leute haben mich zwar komisch angeguckt, aber es kam keiner auf die Idee zu Fragen ob ich Hilfe bräuchte! Ich habe dann einen Mann gefragt, der mir dann zum Glück beim Ziehen geholfen hat.
Nun bin ich schon wieder seit einer Woche in Deutschland. Es war super merkwürdig am Anfang, dass alle Menschen auf einmal deutsch sprechen und alle Schilder auf Deutsch sind! Es war echt schön alle Freunde und die Familie wieder zu sehen, aber Digne fehlt mir ganz schön! Kirstin und ich sind die ganze Zeit am Skypen und nachdem man 300 Tage aufeinander gehockt, zusammen gelebt und gearbeitet hat und gemeinsam gereist ist, ist es richtig merkwürdig sich nicht mehr zu sehen! Außerdem fehlen mir die Menschen dort, die Berge, die Sonne, die Kinder, das Französisch, die anderen Freiwilligen und einfach dieses schöne unkomplizierte Leben! Streichholzschächtelchen! Jetzt muss man sich um Unisachen kümmern und tatsächlich umziehen... Zum Glück habe ich direkt ein Zimmer in einer WG in einem Studentenwohnheim gefunden und werde mit einem Inder und einer Ersamusstudentin aus Italien zusammen wohnen. Es tröstet mich ein bisschen, dass ich wenigstens das internationale Ambiente weiter haben werde.
Das Jahr war einfach einzigartig und so abgedroschen wie das auch klingen mag: Ich werde das nie vergessen! Ich kann einfach nur allen Leuten empfehlen einen EFD zu machen!!!
Gros bisous und bis zum nächsten Auslandsaufenthalt!
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