Ein ereignisreicher Monat.
Zwischen langen Busfahrten, unbekannten Straßen in großen Städten, langen Nächten, verschlafenen und neuen Gesichtern, dem Sammeln schöner Erinnerungen, passierte auch Einiges in meinem neuen Heimatstädtchen Tõrva.
Mein zweiter Monat in Estland war vorallem vom Reisen geprägt. Begonnen hat der Oktober für mich im Pirita Spa Hotel, Tallinn. Dort fand mein on arrival Training statt, ich traf andere Freiwillige, die in Estland wohnen und arbeiten, wir sprachen nicht nur über unser Projekt, die damit verbundenen Aufgaben, Erwartungen und Herausforderungen, sondern verbrachten auch außerhalb des offiziellen Programms viel Zeit zusammen.
Nach diesen wirklich schönen, luxuriösen, von Buffet, Sauna und Pool geprägten, aber auch sehr intensiven Tagen, stieg ich das darauffolgende Wochenende schon wieder in den nächsten Bus, um eben dieses, mit den in Tallinn kennengelernten Freiwilligen in Pärnu zu verbringen. Von der Stadt selbst habe ich kaum etwas gesehen, zuviel Zeit verbrachten wir in einer wohlig warmen Pizzeria mit leckerem Essen, lustigen Gespächen und dem Betrachten der gegen die Fensterscheiben prasselnden Regentropfen.
Geprägt von der herben Briese der Ostsee und stetig steigendem Niederschlag war auch mein Trip nach Riga, der Hauptstadt Lettlands. Zusammen mit Nina, die ich mittlerweile als meinen Travelbuddy bezeichne, erkundete ich die schöne, aber sehr überlaufene Altstadt. Um aber nicht nur die Touristenattraktionen und somit die glänzende, nicht unbedingt der Wahrheit entsprechenden Fassade Rigas kennenzulernen, nahmen wir an einer alternativen free walking tour teil. Der lokale Tourguide erzählte über das tatsächliche Leben in der Stadt, von den Problemen eines Landes, das noch nicht immer zu wissen scheint, was es mit der erst kürzlich erworbenen Unabhängigkeit anstellen soll und all dies, trotz des nicht gerade unbeschwerten Themas mit viel Humor, Charme und Geduld bei aufkommenden Fragen. Während wir diese drei Stunden durch die nassen Straßen liefen, ergab endlich auch eine Unterkunft für die kommende Nacht. Über CochSurfing meldete sich ein deutscher Student, der sich bereit erklärte zwei durchgefrorene, tropfende Mädels zu beherbergen. Er erzählte uns nicht nur über sein Politik und Geographie Studium, sondern sprach auch über seine Fahrrad-Reise nach Instanbul. Abends zeigte er uns eine wirklich coole Bar, in der wir im Laufe des Abends einen Südkoreaner kennenlernten, der ebenfalls wirklich interessante Geschichten über seine Reisen und auch sein Heimatland zu erzählen hatte. Ziemlich müde und auch ein bisschen verkatert, besichtigten wir am darauffolgenden Tag das Okkupationsmuseum, in dem ich noch viel mehr Zeit hätte verbringen können. Es ist sehr interessant eine andere Perspektive auf die Geschehnisse und Folgendes zweiten Weltkrieges und der Sowjetunion kennenzulernen.
Letztes Wochenende stand dann die Hauptstadt Estlands auf dem Progamm. Mein Monat endete quasi dort, wo er begonnen hatte. Während des Trainings hatte ich leider nicht all zu viel Zeit Tallinn zu erkunden, was ich mit meinem Travelbuddy Nina nachholte. Wir liefen durch die Altstadt, schauten uns auch das alternative und kreative Viertel Tallins an und verbrachten den Abend auf einer Geburtstagsfeier mit anderen Freiwilligen.
Zwischen langen Busfahrten, unbekannten Straßen in großen Städten, langen Nächten, verschlafenen und neuen Gesichtern, dem Sammeln schönen Erinnerungen, passierte auch einiges in Tõrva. Ungläubig, aber gewiss nicht unglücklich konnten wir Polarlichter und am darauffolgenden Tag den ersten Schnee betrachten. Wir, dass sind nicht länger zwei Personen. Mittlerweile wohnen wir zu dritt. Mit Tania aus Spanien teile ich mir das Zimmer. Zu Beginn nicht gerade erfreut über den Zuwachs (wer teilt schon gerne seine vier Wände?), habe ich in ihr fast so etwas wie eine große Schwester gefunden. Zusammen lachen wir nicht nur über die merkwürdigen Angewohnheiten meines Mitbewohners und Arbeitskollegen, sondern kochen und gehen gemeinsam feiern und spazieren. Die vergangen Tage verbrachten wir hustend, Tee trinkend und Filme schauend zu Hause, da wir gleichzeitig mit einer kräftigen Erkältung zuerst den Arzt aufsuchen und danach das Bett hüten mussten. Nach den ereignisreichen Wochen fiel es mir schwer zu Hause bleiben zu müssen, den Samstagabend auf dem Sofa und nicht in einer Bar mit / oder bei anderen Freiwilligen verbringen. Während drei Tagen geprägt von Schlaf, Tee und zu viel Schokolade, vermisste ich außerdem meine Arbeit. Es ist nach wie vor schön zu sehen, wie die Klienten mir jeden Tag ein bisschen mehr vertrauen, scherzen, Geschichten erzählen, lachen und sich über jedes estnische Wort freue, welches ich von mir gebe. Ich fühle mich wirklich wohl dort und weiß schon jetzt, dass mir der Abschied in 10 Monaten sehr schwer fallen wird. Mein sprachlicher Fortschritt scheint zu stagnieren. Zwar lerne ich im Einzelunterricht wirklich viel, verstehe sogar die Grammatik, kann das Gelernte aber noch nicht, wie gewünscht umsetzen. In dieser Hinsicht muss ich geduldig bleiben, bwz erst einmal werden. Mit den immer kürzer werdenden Tagen und immer weniger werdenden Sonnenstunden nehme ich mir vielleicht auch mehr Zeit zum Vokabeln lernen. Langsam aber stetig bereitet sich die Natur, aber auch das kleine Städtchen und dessen Bewohner auf den Winterschlaf vor. Ich bin gespannt, was der November, neben kaltem Wind, Regen und ab und zu Schnee mit sich bringt.
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