Eigentlich war ich nur ein Jahr weg
Meine Kurzgeschichte handelt von meiner Angst, dass sich zu viel verändert hat. Mein EFD ist bald zu Ende und dann geh ich wieder zurück in meine Heimatstadt. Das letzte Jahr war so toll und wunderbar, dass ich am liebsten hier bleiben würde. Meine Kurzgeschichte ist eine Zukunftsvision, vor der ich Angst habe, da ich eigentlich nicht will, dass sich was verändert hat.
Erschrocken wachte sie auf. „Was ist passiert?“, dachte sie und sah sich um. Erleichtert stellte sie fest, dass sie immer noch in ihrem Zimmer an ihrem Schreibtisch saß. Das offene Fenster war durch einen Windstoß zugeschlagen worden. Entnervt schaute sie auf ihre Uniunterlagen und stand entschlossen auf. „Es hat wahrscheinlich keinen Sinn weiter zu lernen“, murmelte sie und schnappte sich ihre Jacke. Die kühle Abendluft draußen weckte sie wieder auf. Von weitem hörte sie das Bimmeln der Straßenbahn. Sie dachte kurz nach und sprintete dann los. Im letzten Moment sprang sie durch die schon schließenden Türen in die Straßenbahn und setzte sich auf einen Sitz am Fenster. Sie schaute raus und erinnerte sich an das Gefühl, welches sie hatte, als sie vorhin aufgewacht war. Für einen kurzen Moment hatte sie gedacht, dass sie wieder zurück war. Sie war jetzt schon seit ein paar Monaten wieder hier aber sie konnte einfach nicht aufhören an das letzte Jahr zu denken. Lächelnd sah sie sich um. „So viel Platz“, murmelte sie leise. „Wer hätte je gedacht, dass ich die Fahrten mit den immer überfüllten Bussen mal vermissen würde.“ Das erneute Bimmeln der Straßenbahn riss sie aus ihren Gedanken. Sie stand auf und stieg aus. Jetzt war sie am Fluss angekommen. Auf den großen Wiesen am Fluss war noch sehr viel los. Sie lief an den Menschengruppen vorbei, und folgte einem kleinen Weg. Sie kehrte zu ihren Gedanken der Straßenbahn zurück. Sie vermisste so viel vom letztem Jahr. Viele ihrer Freunde verdrehten inzwischen schon entnervt die Augen, wenn sie wieder mit Geschichten und Vergleichen über letztes Jahr begann. Sie wusste, dass es keinen mehr interessierte, dass es nervte, aber sie konnte nicht aufhören über das vergangen Jahr zu reden. Das erste Treffen mit ihren Freunden, nachdem sie wieder zurück gekommen war, war wirklich schön gewesen. Sie hatten sich alle eine lange Zeit nicht mehr gesehen und sie hatten sich viel zu erzählen. Aber bereits das zweite Treffen war seltsam. Auch ihre Freunde hatten viel erlebt, gemeinsam erlebt, ohne sie. Wenn eine von ihnen ein Wort sagte und alle lachten, wusste sie nie was los war. Meistens lachte sie einfach mit, aber in ihrem Inneren tat es weh. Sie vermisste die Vertrautheit, die sie mal geteilt hatten. Sie merkte, dass sie ein wenig fror. „Ich sollte zurück fahren“, dachte sie und drehte sich um. Sie lief den kleinen Weg wieder zurück, an den Wiesen entlang zur Haltestelle.Dort angekommen setzte sie sich auf die schon etwas kalte Bank. Vor ein paar Wochen hatte sie sich mal mit ihrer Mutter über Veränderungen unterhalten. Sie hatte gefragt, ob ihre Mutter glaubte, dass sie sich verändert hatte. Diese hatte mit einem „Nein“ geantwortet. „Aber ich hab mich verändert“, murmelte sie leise. Zumindest haben ihr das alle in ihrer Organisation gesagt. „EVS really changes you life!“. Diesen Satz hatte sie ständig gehört. Eigentlich hatte sie nie wirklich an Veränderung geglaubt. „Menschen verändern sich nicht!“, dachte sie. „Aber alles ist so anders, alles hat sich so verändert.“ Sie erinnerte sich, dass sie es geschafft hatte ihre Schüchternheit abzulegen, dass sie spontaner geworden war und dass sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben gewehrt hatte. Das Klingeln der Straßenbahn riss sie aus ihren Gedanken. Wieder setze sie sich auf eine leere Bank, auf den Sitz neben das Fenster. Gedankenverloren schaute sie aus dem Fenster in die dunkle Nacht. „Aber eigentlich war ich nur ein Jahr weg“, sagte sie und ignorierte die Blicke der anderen Fahrgäste. „Ja, es war toll, ja, ich habe viel erlebt, und ja, ich habe mich auch verändert, aber eigentlich war ich doch nur ein Jahr weg“, dachte sie. Mit diesem Gedanke nahm sie ihr Handy aus der Hosentasche und öffnete den Gruppenchat mit ihren alten Freundinnen. Sie schrieb ihnen: „Ich freu mich echt auf morgen.“. Sie schaltete ihr Handy wieder aus. „Eigentlich war ich nur ein Jahr weg, aber jetzt bin ich wieder da“, dachte sie und schaute lächelnd aus dem Fenster.