Du Machst Das Hier Alles Wirklich Gut!
Neben meinem Geburtstag und Bekannten aus Russland hielt der November noch ein weiteres aufregendes Ereignis für mich bereit: der Besuch meiner Schwester.
Es ist der 4. November 2017. Ich stand am Busbahnhof von Tallinn und hielt Ausschau nach dem Bus, der aus Riga kommen sollte. Ich war aufgeregt und gleichzeitig auch ein bisschen nervös. Der Grund dafür? Ich wartete auf meine ältere Schwester. Ich hatte sie nun seit mehr als zwei Monaten nicht mehr gesehen, es war zwar nicht die längste Zeit, die wir bisher voneinander getrennt waren, doch besonders in dieser aufregenden Zeit vermisste ich es, sie um mich zu haben. Als sie dann endlich aus dem Bus ausstieg, konnte ich es kaum fassen. Ich hatte nun zwei Wochen gemeinsam mit meiner Schwester in meiner neuen Heimat vor mir. Ich zeigte ihr meine Wohnung, meine Arbeitsstelle und Tallinn.
Wir verreisten für vier Tage nach Helsinki, ich zeigte ihr Tartu und wir gingen zusammen feiern. Ich stellte sie meinen neuen Freunden, meinen Kollegen und den Kindern vor. Es war ein tolles Gefühl, eine Person aus meiner Vergangenheit beziehungsweise aus meinem alten Zuhause hier zu haben und ihr all das zeigen zu können, was man neu liebgewonnen hat. Die zwei Wochen vergingen wie ein Wimpernschlag und so musste ich mich am 19. November auch schon wieder von ihr verabschieden. Bevor sie dann zum Sicherheitscheck ging, sagte sie etwas, was mir sehr viel bedeutet hat und woran ich immer noch denken muss. Sie sagte, dass ich das alles hier gut mache. Ich weiß, dass es bei meinem EVS allein um mich, um meine Entscheidungen und mein Leben geht, doch von einer Person, die du liebst, zu hören, dass sie stolz auf dich ist und dich bei allem unterstützt, ist so ein wichtiger Teil von meinem Freiwilligenjahr.
Also letztendlich kann ich ehrlich sagen, dass mein Privatleben hier Fuß gefasst hat. Ich fühle mich sehr wohl in der Gegenwart meiner neuen Freunde. Doch bei meiner Arbeit sieht das ganz anders aus. Ich fühle mich noch ein bisschen wie ein Fremdkörper, die Kommunikation mit den Kindern und den Arbeitern ist sehr schwierig. Man weiß nicht so richtig mit sich und den Kindern etwas anzufangen. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich Englisch- oder Französischhausaufgaben mit einem Kind machen kann (wer hätte das jemals gedacht, ich auf jeden Fall nicht). Doch ich bin sehr positiv gegenüber den nächsten Monaten gestimmt, denn der November hat für mich grandios geendet.
Am 24. November habe ich meinen Geburtstag gemeinsam mit fast 20 Freunden in einer Bar gefeiert. Ich war so überrascht als plötzlich immer mehr und mehr bekannte Gesichter aufgetaucht sind. Ab diesem Punkt war das bisschen Heimweh, was ich empfunden habe wie weggeblasen. Aber dennoch habe ich mich ab und zu gefragt, wie wohl mein Geburtstag in Deutschland abgelaufen wäre. Ich habe früh am Morgen auch mit einer Freundin telefoniert, die selbst ein FSJ auf den Philippinen macht. Wir waren die letzten fünf Jahre bei jedem Geburtstag des jeweils anderen dabei gewesen. Es war alles so verrückt, der Abstand zwischen uns und die Zeit, die vergangen war.
Doch lange hatte ich nach meinem Geburtstag nicht Zeit, über all das nachzudenken, denn es besuchten mich Freiwillige, die in Russland ihr EVS absolvieren. Ich kannte fast die Hälfte, da sie in der gleichen Aussende Organisation sind wie ich und deswegen mit mir das zehntägige Vorbereitungsseminar besucht haben. Es war großartig alle wiederzusehen, sich über all das Geschehene austauschen und Zeit miteinander verbringen zu können. Es tat gut zu hören, dass auch sie sich manchmal schwer taten mit der Arbeit oder gleiche Probleme mit der Kommunikation haben. Einer der Freiwilligen ist noch ein bisschen länger geblieben, sodass ich ihm meine Arbeitsstelle zeigen konnte. Es war komisch einem anderen Freiwilligen zu zeigen, was man nun für ein Jahr so macht, da man ja absolut keinen Vergleich hat und man nicht weiß, wie Außenstehende meine ganze Umgebung wahrnehmen. Und dann ist etwas ganz Verrücktes passiert. Am letzten Tag des Besuches fand in der ganzen Stadt also auch direkt vor meiner Haustür eine große Militärübung mit Militärwagen, Rauchbomben und allem Drum und Dran statt. So etwas habe ich noch nie gesehen. Es hat sich so echt angefühlt, überall hat es geknallt und geraucht, Soldaten riefen sich Kommandos zu und formatierten sich neu, um sich im Wald verdeckt an eine andere Gruppe anzuschleichen. Doch wenn ich ehrlich bin, sah es auch ein bisschen wie Paintball für echte Männer aus, wenn ihr wisst was ich meine.
Also wie man sieht, der November war als dritter Monat ziemlich ereignisreich, mal schauen wie es weiter geht…