Die Vermischung der zwei Welten - Teil 2
Mit dem Besuch meiner Eltern sind meine deutsche und meine zypriotische Welt jetzt endgültig durcheinander gewirbelt. Oder eins geworden?
Eine erste vorsommerliche Hitzewelle sucht Zypern zur Zeit heim. Zumindest hoffe ich, dass es nur ein Welle und keine andauernde Flut ist. Ich weiß. Ich sollte mich jetzt freuen, denn das Gejammer über die windige Eiszeit in meinem Zimmer ist gerade erst verklungen. Doch Fakt ist, die Isolierung meines Wohnhauses ist nicht besser geworden und heute Mittag beim zweiten Augenaufschlag um 15 Uhr habe ich mich in einer Sauna wiedergefunden, schweißnass. Letzte Woche, und damit doch etwas früher als ich es erwartet hatte, haben wir das erste Mal dieses Jahr die 30°C Marke überschritten.
Liebe Mutter, da kann ich nur sagen, gut dass ihr bereits wieder abgereist seid.
Die potentiell bedrohlich hohen Temperaturen waren nämlich die größte Angst meiner Mutter angesichts ihres Urlaubes hier auf meiner Mittelmeerinsel.
Letztendlich hatten wir während der zwei Wochen, in denen meine Eltern zu Besuch waren, glücklicherweise wirklich ideales Wetter, fast immer sonnig, nicht zu warm und immer ein bisschen Wind. Auch ansonsten hatten wir gemeinsam eine ausgesprochen wundervolle Zeit.
Für meine Eltern war es die perfekte Gelegenheit sich ein Bild von meinen derzeitigen Lebensumständen und -inhalten zu machen, nicht zuletzt um sich zu vergewissern, dass ihre Tochter gut aufgehoben ist, wo sie gerade ist.
Für mich war es eine tolle Gelegenheit Zypern noch ein zweites Mal aus der Touristenperspektive zu betrachten, im Hinterkopf natürlich immer meine Erfahrungen und Erlebnisse der letzten Monate. Und, großer Vorteil, dieses Mal mit einem Mietwagen, der es uns ermöglichte uns völlig frei und unabhängig auf der Insel zu bewegen. Das war wirklich mal eine neue Erfahrung. Ich, als ortsansässiger Touristenführer, konnte bestimmen, wo es hinging und damit endlich auch all die Orte erreichen, die sonst eher unerreichbar waren.
Ich muss sagen, meine Eltern haben sich sehr gut in die zypriotische Kultur eingefunden. Das mit Linksverkehr war für meinen Vater nach anfänglichen Verwechslungen von Blinker und Scheibenwischer kein Problem, als verwöhnter Firmenwagenfahrer war es eher die Benutzung einer manuellen Handbremse. Die lokalen Spirituosen wurden gut angenommen und nach zwei Wochen war auch die Begrüßung mit Γεια σας! eingeübt. Absolut begeistert hat vor allem der Halloumi, dem eigentlich auch noch mal ein Blogeintrag gewidmet werden müsste. Dieser lokale Käse, die Spezialität Zyperns schlechthin, hat nichts zu tun mit dem Halloumi, den man mittlerweile auch in einigen deutschen Supermärkten finden kann. Meine Familie arbeitet bereits an Plänen, wie man diese ungeheuerliche Marktlücke füllen kann und ich werde sie mit aller Kraft unterstützen, denn Halloumi wird definitiv zu den Dingen von Zypern gehören, die ich am meisten vermissen werde.
Für eine Woche sind dann sogar noch Kenny, unser ehemaliger kolumbianischer Austauschschüler, und Meli, seine Schwester, dazu gestoßen. Wir haben es uns also alle gemeinsam gut gehen lassen bei Wein und Halloumi. Und Meze gab es natürlich auch! Das schönste an Meze ist für mich immer wenn jemand dabei ist, der noch kein Meze kennt. Die Reaktionen , wenn immer mehr kleine Tellerchen eins nach dem anderen den Weg auf den Tisch finden, sind einfach göttlich! Als Meze bezeichnet man eine Zusammenstellung verschiedenster Kleinigkeiten, von Vorspeisen wie Brot, Salat und Dips über wirklich viele leckere kleine Dinge, die man alle einmal probieren muss, bis hin zu traditionelle Spezialitäten in allen Fleischsorten, je nach Taverne kommt dann am Schluss noch ein Nachtisch. Das Ganze kostet so um die 15€ pro Person, ist natürlich eine super Option für Leute, die sich nicht entscheiden können und übersteigt die Magenkapazitäten in der Regel um Einiges. Touristen und andere Nicht-Ortsansässige machen außerdem meist den Fehler, dass sie erstens viel zu schnell essen und schon nach den Vorspeisen satt sind während sich die Zyprioten drei bis vier Stunden Zeit nehmen und zweitens denken, dass alle Teller leer werden müssen, so wie sie es zuhause gelernt haben, was so aber keineswegs vorgesehen ist! Wenn man nicht aufpasst und der Kellner einen leeren Teller sieht, könnte er es als Anlass sehen, nachzufüllen und die Extraportion mit auf die Rechnung zu setzen. Damit kommen wir dann auch gleich zu der Sache, die mir am Wenigsten an Meze gefällt: Es ist eine einzige große Essensverschwendung!
Neben all dem Es-sich-gutgehen-lassen haben wir es dann tatsächlich auch noch geschafft, fast die ganze Insel zu bereisen. Unter anderem habe ich meinen Eltern meine Wohnung und meinen Arbeitsplatz gezeigt, wir waren auf dem Wochenmarkt, bei einer Weinprobe, am Strand, im Norden ganz bis an die Spitze der Insel, haben eine abenteuerliche Wanderung parallel zu einem Fluss gemacht, den Geburtsort und das Bad der Aphrodite angeguckt, einen Spaziergang durch die Mosaiken von Pafos gemacht, gebadet, gelernt wie man Halloumi herstellt und wilde Ziegen und Esel gesehen. Und natürlich den Wiedehopf!!!
Wenn man meine Eltern jetzt nach ihren persönlichen Highlights des Urlaubes fragt, wird mein Vater sagen: „ Die Gesellschaft seiner Frau, seiner jüngsten Tochter und seiner kolumbianischen Pflegekinder... und der Swimmingpool vor der Tür der Ferienwohnung.“ und meine Mutter wird sagen: „Der Wiedehopf!!!“ und bei den Erzählungen, wie es zu der Begegnung mit dem Wiedehopf kam, wird sie das Wiedehopf-Gesicht mit den großen Augen machen.
Es traf sich, dass auch der Doppelgeburtstag meines Vaters und Kennys in den Urlaub fiel und dieser Tag musste natürlich besonders besonders angegangen werden. Die Männer haben letztendlich entschieden einen Wassersporttag daraus zu machen und so wurden nach einer Einheit Windsurfing auch noch ein großes Luftkissensofa, das hinter einem Motorboot hergezogen wurde, und die Jet Skis ausprobiert.
Wenn ich jetzt so lese, was ich bisher geschrieben habe, fällt mir auf, dass da noch eine Menge fehlt, was jetzt aber den Rahmen sprengen würde. Es war mal wieder einer der schönsten Urlaube und vielleicht der besonderste von allen. Dafür noch einmal vielen Dank an meine Eltern.
Als sie mich dann nach zwei Wochen wieder abgeben mussten, gleich mitten ins Geschehen des Ocarina Projektes, in dem meine Organisation Musiker und Tänzer aus fünf verschiedenen Ländern beherbergt hat, hatte ich zumindest das Gefühl, dass sie mich mit einem guten Gefühl noch weitere zwei Monate hierlassen können. Könnt ihr auch!
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