Die Südafrikanerin
Einige Momente im Leben lassen mich immer wieder aufs Neue aufleben, dabei gehört nicht soviel dazu. Es reicht eine nette Geste, ein Freund der sich nach langer Zeit unerwartet wieder meldet oder einfach nur ein paar Worte. „Thank you, you have made my day!“, kann ich dem nur entgegensetzen.
Einige Momente im Leben lassen mich immer wieder aufs Neue aufleben, dabei gehört nicht soviel dazu. Es reicht eine nette Geste, ein Freund der sich nach langer Zeit unerwartet wieder meldet oder einfach nur ein paar Worte. „Thank you, you have made my day!“, kann ich dem nur entgegensetzen.
Für den Rest des Tages freue ich mich dann darüber und wenn mich einer fragt, warum ich so glücklich sei, er würde meine Begründung wohl nur Kopfschüttelnd entgegen nehmen. So auch wieder an einem ganz normalen Nachmittag nach der Arbeit, als ich wie üblich meine E-Mails in der Bücherei checkte.
Neben mir nahm eine, für die Wintermonate, gut gebräunte Frau älteren Alters platz. Sie stellte ihre Einkaufstüten neben sich ab und kramte ihre Büchereikarte aus einer der vielen Jackentaschen raus. Dann betrachtete sie fragend den schwarzen Computerbildschirm mit einem Gesichtsausdruck, den ich von meiner Mutter zu Hause kannte. Der Frau musste unbedingt in Sachen Computeranstellen geholfen werden.
Also griff ich einmal unter den Tisch und presste die Starttaste des Rechners. Blinkend und ratternd fuhr der Computer sich hoch und mit ihm leuchtete der Bildschirm auf. Das Gesicht dieser Frau schlug in ein Freudestrahlen um, als ob sie gerade mit ihren tiefen Gedanken den Bildschirm von selbst dazu gebracht hat zu arbeiten.
Ohne mich zu äußern, las ich meine empfangenen E-Mails aus der Heimat durch und freute mich selbst über jede einzelne Zeile. Beim Beantworten der zweiten Mail, tickte mich plötzlich die gebräunte Dame an und streckte mir mit einem freundlichen Lächeln einen Pineapple & Passionfruit Saft entgegen. Sie bat mich, diesen doch bitte anzunehmen, denn sie habe beim Kauf der lokalen Zeitung „Arrgus“ mal wieder zu viel Saft bekommen.
Sie vermutete dass der Verkäufer so mit ihr ins Gespräch kommen möchte. Doch warum bittet die so fremde Frau gerade mir den Saft an, der übrigens sehr genüsslich, aber auch dementsprechend teuer ist. Ich lehnte zuerst dankend ab, wie ich es so häufig mache, obwohl ich mich dann des Öfteren hinterher ärgere. Das muss an der Erziehung liegen, dann liegt es jedenfalls nicht an mir.
Doch sie gab nicht nach. Zum Glück, denn so hatte ich eine zweite Chance bekommen, ihre nette Geste doch anzunehmen. Damit nicht genug, fragte sie mich postwendend ob ich nicht von hier sei. Ohne mir die Möglichkeit zu antworten zu geben, denn die kannte sie anscheinend schon, redete sie einfach drauf los. So erfuhr ich in ein paar wenigen Sätzen ihre Lebensgeschichte.
Sie kommt ursprünglich aus Südafrika, genauer aus Johannesburg, sei aber in Wales geboren und seit nunmehr zwölf Jahren am Stück hier. Das erklärte mir auch die sonnengebräunte Haut und die so freundliche Art. Momentan sei sie auf Arbeitssuche und verabscheue das regnerische Wetter. Ich unterhielt mich ein wenig mit ihr, bis wir beide unseren Internetinteressen wieder nachgingen.
So schnell wie die Südafrikanerin neben mir auftauchte, so schnell verschwand sie auch, aber nicht ohne noch einen schönen Aufenthalt zu wünschen und sich für das Gespräch zu bedanken. Ich wünschte ihr auch viel Erfolg bei der Suche nach einem Job und hoffe, sie später vielleicht noch einmal in der Bücherei anzutreffen. Den restlichen Tag freute ich mich über meinen geschenkt bekommenen Saft.
Doch eigentlich war es vielmehr die freundliche Geste die mich glücklich und nachdenklich machten. Kann es nicht öfter so viel Verständnis zwischen so unterschiedlichen Kulturen geben? Wäre nicht vieles einfacher, wenn Menschen ohne Vorurteile gegenüber anderen aufeinander zugehen? Ja ist meine Antwort, doch bevor ich über eine nie definierbare Lösung mir den Kopf zerbreche, trinke ich lieber ein Glas voll gekühltem Pineapple & Pasionfruit Saft und genieße.