Die Stereotype über die Tschechen
Ein Jahr in Tschechien neigt sich schon langsam dem Ende zu. Hier ein kleiner Überblick über die Stereotype, die man mit den Tschechen verbindet und meine subjektive Meinung dazu.
Stereotype. Laut einer Definition bedeutet ein Stereotyp „eine mentale Vereinfachung von komplexen Eigenschaften oder Verhaltensweisen von Personengruppen.” Sie sind überall. Jeder Mensch benötigt sie, um die ihn umgebene Welt besser zu verstehen und deren Komplexität zu reduzieren. Demzufolge sind auch die zwischenmenschlichen Kontakte leichter zu knüpfen und die aus anderen Kulturen stammenden Menschen besser nachzuvollziehen. Es wird oft die positive Seite der Stereotype betont. Dazu gehört die Hilfe bei der Wahrnehmung unseres Selbst. Dank Stereotypen werden wir anderer Sachen bewusster, nicht nur anderer Kulturen oder Menschen aber vor allem auch die eigene Person. Sie leisten enorme Orientierungshilfe in unserem Alltag. Man muss auch mit beachten, dass sie natürlich nicht immer voll und ganz der Wahrheit entsprechen und oft verzerrt und verallgemeinert sind. Doch im Gegenteil zu einem Vorurteil sind die Stereotype nicht emotional gefärbt.
Ehrlich gesagt, vor meinem EVS habe ich nicht so viel über die tschechische Kultur und die Tschechen gewusst. Meines Erachtens, spricht man nicht so viel in Polen über die Tschechen. Wir kennen ganz gut die Stereotype über die Deutschen, Russen oder Franzosen, aber irgendwie stehen die Tschechien immer seitlich. Warum, frage ich mich. Die einzige Antwort, die mir einfällt ist die Tatsache, dass die Polen und die Tschechen zu einer Gruppe der slawischen Länder gehören und deswegen glaubt man irrtümlich, dass wir uns voneinander gar nicht unterscheiden. Das stimmt aber natürlich nicht. Es ist noch interessanter für mich, mit ihnen zu leben und diese Unterschiede zwischen uns zu spüren. Hier eine kurze Liste der in Polen bekannten Stereotype über die Tschechen.
Allerwichtigstes aller Stereotype ist der enorme Bierkonsum in Tschechien. Das stimmt, dass Bier hier als Nationalgetränk angesehen ist und die Tschechen an der Spitze stehen, was den jährlichen Bierkonsum angeht. Das habe ich auch persönlich erlebt, aber das bedeutet auch nicht, dass hier nur Bier getrunken wird. Viele wissen gar nicht über die tschechischen Weingüter, die tausendjährige Traditionen umfassen. Eine besonders bekannte Region für den Weinbau ist Südmähren mit Städten wie Velké Pavlovice, Znojmo und Mikulov. Da wird leckerer Wein produziert, der sich in Tschechien großer Beliebtheit erfreut.
Man sagt, dass die Tschechen für ihre Schlitzohrigkeit berühmt sind. Das würde ich gar nicht bestätigen. Ganz im Gegenteil. Sie sind, meiner Meinung nach, ganz offen und immer hilfsbereit. Was sie charakterisiert ist der ständige Optimismus, Heiterkeit und Lächeln auf ihren Gesichtern. Darüber hinaus ist das Worthalten hier sehr wichtig. Auch ihre Einstellung zu den Menschen aus dem Ausland ist eher innig. Wenn sie einen Ausländer sehen, dem sie irgendwie helfen können, machen sie das ganz gerne und hören geduldig auf sein gebrochenes Tschechisch.
Die Tschechien sind oft häusliche Menschen, was teilweise auch stimmt. Mehrmals konnte ich beobachten, wie zu tollen Event nicht so viele Menschen gekommen sind. Sie sagen selber über sich, dass sie nicht so gerne an etwas teilnehmen, was von anderen organisiert wird. Kostenlose Englisch- Konversationen in der Bibliothek, ein Reiseabend in einer Kneipe oder Yoga- Kurs im Park locken nur einige an. Klar, sie gehen oft aus und treffen sich ganz gerne in einem Restaurant mit Freunden, aber irgendwelche kulturellen Angebote ziehen sie nicht so an.
Darüber hinaus sind die Tschechen Sportliebhaber. Wintersport, besonders Eishockey und die Auftritte der Nationalmannschaft erregen große Emotionen. Auch selber sind sie sehr aktiv. Die Freizeit wird oft im Grünen mit der ganzen Familie verbracht. Radfahren, Joggen oder Wandern sind ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens. Dazu noch eine professionelle Ausrüstung und Bekleidung. Oft trifft man am Wochenende niemanden auf dem Marktplatz, weil die meisten sich in dieser Zeit aktiv erholen.
Was mir auch immer wieder auffällt ist ihr nationaler Stolz. Vielmal wurde mir ein „perfekter, wunderbarer, wunderschöner, bester“ Ort als Reiseziel empfohlen. Oft hat es sich gelohnt dahin zu fahren, aber es hat auch die Situationen gegeben, dass diese Orte auf mich keinen Eindruck gemacht haben. Es hängt ganz gewiss von der Person ab, aber man spürt schon ein bisschen ihr Ehrgefühl, wenn sie über ihr eigenes Land sprechen.
Was die Jugendlichen in Tschechien angeht, gleichen sie sich teilweise mit Jugendlichen aus der EU. Es gibt keine großen Unterschiede und es ist schwer, die Jugend hier global zu betrachten. Was jedoch mir schnell einfällt, ist ihre Schüchternheit. Der Grund dafür kann sein, dass viele von denen leider kein Englisch sprechen. In der Hauptstadt ist es eher kein Problem, aber in kleineren Städten sieht man schon deutlich, dass sie entweder kein Englisch können oder sich einfach schämen diese Sprache zu sprechen. Das ganze Jahr habe ich mit den Jugendlichen aus Tschechien gewohnt, aber unser Kontakt war leider richtig begrenzt. Sie wollen sich gar nicht integrieren und eine andere Kultur kennen zu lernen. Die Frage nach dem Grund dieser Zurückhaltung ist schwer zu beantworten (Hatten sie keine Lust oder sprachen sie kein Englisch?). Darüber hinaus scheinen viele junge Menschen in Tschechien nicht so selbstbewusst zu sein. Als ich über EFD erzählt habe, waren viele zwar dran interessiert, aber die Antwort auf die Frage, wo sie eventuell hinwollen, war meistens ein Land, wo sie sich problemlos kommunizieren können und es nicht so weit ist. Dazu gehört vor allem die Slowakei, Polen oder die Ukraine. Die Länder irgendwo weit von Tschechien wurden nicht in Betracht gezogen. Die Komfortzone zu verlassen und Risiko einzugehen scheint ihnen nicht so verlockend zu sein. Auf der anderen Seite sind sie sehr aktiv, treiben Sport und verbringen gerne die Zeit mit den Freunden wie andere Jugendliche in Europa. In einer kleinen Stadt wie Svitavy habe ich diese Erfahrungen gesammelt, aber ich kann auch nicht sagen, dass alle jungen Menschen in Tschechien so sind. Das wäre einfach eine Verallgemeinerung.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Tschechen eine warme Nation ist. Für mich persönlich waren sie immer unglaublich freundlich. Man lernt von ihnen ihren Optimismus und Frohsinn. Das ist jedoch nur meine subjektive Meinung, die ich mir nach einem Jahr in Tschechien gebildet habe.
https://www.ikud.de/glossar/stereotyp-und-vorurteil.html
https://www.welt.de/reise/nah/article135130736/Wie-man-Tschechen-zur-Weissglut-bringt.html
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