Die Sharing Economy als ökologische Notwendigkeit
Ein ökonomischer Trend verspricht einen nachhaltigen, ökologischen Konsum - Eine Notwendigkeit angesichts der drohenden Umweltzerstörung?
Die ökologische Krise, mit der wir auf unserem Planten konfrontiert werden, setzt sich aus verschiedenen Aspekten zusammen. Aber die Hauptursache ist die absolute Ausbeutung unserer Umwelt, die die Regenerationsfähigkeit der Natur überstrapaziert und somit unsere Lebensumstände bedroht. Nachhaltige Zerstörung des ökologischen Gleichgewichts durch:
- Zerstörung der Tropenwälder
- Aufheizung der Erdatmosphäre (Treibhauseffekt)
- Zerstörung der Ozonschicht (Ozonloch) durch grenzüberschreitende Vergiftung der Umwelt durch Luftschadstoffe
- Schadstoffeinleitung in Gewässer
- Produktion von nicht-abbaubaren Abfällen (Atommüll, Abfälle in enormen Ausmaße)
- Zerstörung von fruchtbaren Böden durch Übernutzung und intensiven Einsatz von Pestiziden
- Exzessive Energiewirtschaft und der Verbrauch an fossilen Brennstoffen.
Diese Veränderungen unserer Umwelt sind nicht natürlich, sie sind von Menschen gemacht: Durch eine rücksichtslose Wirtschaft, die auf steigendem Konsum beruht. Allerdings ist Wachstum um des Wachstums Willen nur die Logik einer Krebszelle. Abgesehen von unserer Verantwortung gegenüber der Natur und anderer Arten, und selbst, wenn man unserer Verantwortung der nächsten Generationen, unseren Kindern, gegenüber übersieht, dann gibt es doch noch einen Grund, der uns zum Handeln zwingen sollte: Unser eigenes Überleben. Denn jede dieser ökologischen Problematiken an sich ist bereits gefährlich, aber in dieser Kombination sind sie fatal. Diese Situation wird noch verschärft durch unser wachsendes Verlangen nach Konsum. Mit jedem Tag steigern sich unsere Bedürfnisse und damit auch unser Konsum, und auch in den Schwellenländern steigt der Lebensstandard und damit allgemein die Nachfrage nach Konsumgütern.
Und wir wachsen allgemein, als Menschheit. In diesem Jahr, 2015, werden schätzungsweise 7,3 Milliarden Menschen die Erde bevölkern, womit die die Zahl seit 1950 verdreifacht hat. Die Prognosen für das kommenden Jahrhundert klaffen teilweise weit auseinander, aber eins ist klar: Das „superexponentielle“ Wachstum der Menschen ist katastrophal. Diese Faktoren lassen das Umschlagen der Umweltkrise in eine globale Umweltkatastrophe realer werden.
Teilen als Ressourcenmanagement
Diese ökologische Krise zwingt uns, unser kapitalistisches Wirtschaftssystem kritisch zu reflektieren und nach alternativen Wirtschaftsformen zu suchen. Die Sharing Economy bietet dabei eine Lösung: Mit dem Teilen von Gebrauchs-und auch Konsumgütern könnte die Nachfrage nach neuen Produkten radikal reduziert werden. Denn mit dem Aufblühen der Sharing Economy entsteht auch gerade in der jungen Generation ein neues Selbstverständnis: Aus Konsumenten werden Nutzer, Besitz wird als Bürde angesehen. In fast allen Lebensbereichen wird inzwischen der Zugang zur Nutzung dem wirklichen materiellen Besitzen vorgezogen, da dies einfach unkomplizierter ist, weil es nicht mit der Verantwortung über den Besitz einhergeht. In einer Sharing Society also werden enorm viel Ressourcen und Energie eingespart, indem Gebrauchsgüter effektiv genutzt werden. Beispielshaft kann man dafür Kleidung nehmen: Jede Person besitzt ein großes Kontingent an Bekleidungsstücken, passend für jede Wetterlage und für alle möglichen Anlässe, Wahrscheinlich auch noch in verschiedenen Konfektionsgrößen aufgrund des dauerhaften Wandels, dem unser Körper unterliegt. Maximal tragen kann eine Person aber nur eine geringe Anzahl an Kleidungsstücken, die restlichen werden als inaktiver Besitz verstaut.
In einer Sharing Society mit einem „Internet der Dinge“, einem Netzwerk mit allen Gebrauchsgegenständen hingegen könnte diese Kleidung von anderen genutzt werden, die damit keine neue Nachfrage produzieren. Mit dem Teilen unserer Gebrauchsgegenstände könnten wir folgende ökologische Kosten drastisch reduzieren:
- Neuproduktionen von Waren → Rohstoffe und Materialien → Aufwand an Energie, fossilen Rohstoffen und anderen Ressourcen zur Herstellung → Menschliche Arbeitskraft, Zeit und Energie zur Herstellung → Verpackungsmaterialien und deren Energieaufwand
- Transport, Logistik und Lagerung der Waren (Energie; Fossile Brennstoffe…)
- Werbung und der damit verbundene Energieaufwand.
Natürlich würde auch mehr in die Pflege und Instandhaltung der Güter investiert, diese Kosten wären allerdings marginal im Vergleich mit dem Energieaufwand für neue Produkte. Denn die Preise, die wir in den Geschäften zahlen, spiegeln die ökologischen Kosten nicht wieder, sie sind subventioniert. Das ist trügerisch, weil wir so den wahren Wert der Ware nicht schätzen und sie einfach konsumieren, obwohl das Ende unserer Ressourcen teilweise bereits absehbar ist. Wir müssen lernen, verantwortungsvoll zu konsumieren, und die Sharing Economy bietet durch die Idee des Teilens die Chance, dies ohne Einschränkung zu tun. Ganz im Gegenteil, es erleichtert sich durch sie sogar der Zugang zu Waren und Dienstleistungen, was unserer Möglichkeiten noch erweitert.
Der Rebound-Effekt
Die Sharing Economy bietet eine einzigartige Möglichkeit, unseren Konsum als Gesellschaft drastisch zu senken, indem wir alltägliche Gebrauchsgegenstände austauschen und teilen. Diese Reduzierung, die absolut notwendig wäre für einen verantwortungsvolleren Umgang mit unserem Planeten und dem Schutz unserer begrenzten Ressourcen, ist allerdings durch etwas eingeschränkt: Dem Rebound-Effekt. Generell spricht man von einem Rebound-Effekt, wenn man eine Energieeffizient und ein daraus resultierendes Ersparnis gewonnen hat, dieses aber dann durch eine gesteigerte Nachfrage wieder kompensiert wird, und somit das Einsparpotential an Energie nicht realisiert wird. Dieser Effekt kann direkt erfolgen, beispielsweise spart man an Geld ein durch die Nutzung von Energiesparlampen, dafür nutzt man sie aber auch intensiver, und ihr Vorteil verfällt. Aber er ist auch erst als indirekte Folge möglich: Mit dem eingespartem Konsum und den so ebenfalls eingesparten Kosten können auch noch weitere Waren erworben werden, und sich das Konsumbedürfnis weiter steigern. Als Beispiel: Wird ein Gebrauchtwagen anstelle eines Neuwagens gekauft, bedeutet es zunächst einen ökologischen Gewinn, da dieser gebrauchte Wagen keine neue Nachfrage nach Ressourcen wie Metallen, Erdöl etc. darstellt wie es ein Neuwagen täte. Aber mit dem gesparten Geld werden dann andere Konsumgüter gekauft, beispielsweise neue Kleidung oder ein neues Handy. Diese moralische Legitimation des Überkonsums wird als „Mental Rebound“ bezeichnet.
Meiner Einschätzung nach, die auch mit der einiger Ökonomen korrespondiert, stellt dieser Effekt die größte Bedrohung für die Sharing Economy dar. Mit seinen Folgen, dass sich unser Verlangen nach Konsum auch noch steigert oder sogar neue Bedürfnisse geschaffen werden, könnte er die ökologische Krise noch verschärfen. Das Teilen und Nutzen von Gebrauchsgegenstände im Sinne der Sharing Economy ist deshalb ökologisch nur sinnvoll, wenn es nicht aus ökonomischen Gesichtspunkten unternommen wird. Ein bewusster Konsum ist auch in der Sharing Economy unbedingt notwendig, sonst wirkt sie sich im Gegenteil noch destruktiv aus.