Die letzte Zeit
jana_e hat eine schwere Zeit durchgemacht. Ihr Familie war ihr dabei eine große Stütze. Doch auch ihr Leben in Plzen und die Abwechslung dort haben ihr geholfen weiterzumachen.
Sooo… Lang, lang ist’s her, dass ich das letzte Mal was von mir hab hören lassen. Mir sind auch schon die ersten Beschwerden ins Haus geflattert. Also natürlich nicht im wörtlichen Sinne, aber so in etwa. Nun sitze ich da und überlege, wie ich die Ereignisse der letzten eineinhalb Monate am besten zusammenfassen könnte. Vor allem: Wo anfangen? Das ist ja ohnehin immer das größte Problem. Aber am besten Mal der Reihe nach. Wo habe ich also das letzte Mal aufgehört? Ich bin zum Skifahren nach Oberwiesenthal gefahren. Das war an sich auch ganz toll, aber das Wochenende wurde überschattet. Mein Opa ist gestorben und darauf folgte eine ziemlich schlimme Zeit. Aber ich konnte auf meine Familie zählen und am Ende haben wir uns alle gegenseitig getröstet. Ich bin nach diesem Wochenende also nicht zurück nach Plzen gefahren, sondern, verständlicher Weise, nach Berlin zu meiner Familie. Ich weiß nicht so richtig, wie ich darüber schreiben soll. Es ist so was Persönliches und ich kann meine Gefühle in der Hinsicht nicht richtig wieder geben. Darum gehen wir gleich über zum nächsten.
Im Anschluss an die Tage in Berlin bin ich in die Schweiz gefahren. Erst war ich nicht ganz sicher, ob es das Richtige ist, ob ich das machen soll. Irgendwie kam es mir dann doch komisch vor, in den Urlaub zu fahren und mich zu amüsieren. Letzten Endes bin ich dann doch gefahren. Zur Ablenkung, zum aufheitern und außerdem war ja schon alles geplant und ausgekaspert. Bin ich also losgezogen, mit dem Zug quer durch Deutschland. Meine erste Station war Homburg im Saarland wo ich auf meine restlichen Mitreisenden treffen sollte. Meine Freundin Celine und einen Haufen halbwegs verrückter Medizinstudenten.
Schon die Anreise in die Schweiz war ein wahres Abenteuer, aber Celine würde mich wahrscheinliche lynchen, wenn ich berichten würde, was passiert ist, also bleibt das ein kleines Geheimnis. Auch ansonsten war unser Schweizaufenthalt ein ganzes großes Abenteuer, von kaputten Alarmanlagen und dem „Diebstahl“ des eigenen Autos bis zum Verlust meines Handys auf der Piste (typisch Jana). Zum Glück hat dann zum Ende hin wieder alles problemlos funktioniert und auch mein Handy ist –zum Glück- wieder aufgetaucht. Da war ich erleichtert. Schon erschreckend, wie sehr ich an dem Teil hänge.
Mit dem Skifahren läuft es im Übrigen auch immer besser bei mir. Die Investition in die Ski hat sich wirklich gelohnt. Hab sie auch schon gut abgenutzt. Fazit: Mein Urlaub in der Schweiz war ganz fantastisch, die Leute total nett und lustig, das Essen in der Jugendherberge ganz in Ordnung und unser Kurztrip nach Lausanne ausgesprochen verschneit und ziemlich teuer. An Bier für fünf und mehr Euro bin ich leider wirklich nicht mehr gewöhnt.
Die Rückfahrt nach Plzen verlief dann ganz entspannt und problemlos, wenn man mal von dem nervigen Geschleppe meiner Ski absieht. Da konnte ich bei längeren Zwischenstopps ja noch nicht mal in Ruhe in einen Zeitungsladen oder so gehen. Ständig hätte ich irgendwas umgeworfen. Zum Glück konnte ich dann bei einem kurzen Stopp in Amberg meine Ski loswerden. Mein Vater stand am Zug und hat sie entgegengenommen. Im Gegenzug bekam ich noch ein bisschen Reiseproviant. Danke Papa!
In Plzen überkam mich dann allerdings ein kurzes Tief. Ich war allein, ich hatte zuviel Zeit zum Nachdenken und es waren zur Abwechslung mal nicht haufenweise Leute um mich, auf die ich mich konzentrieren konnte. Alles, was in letzter Zeit passiert war, überkam mich und ich hatte eine echt traurige Phase. Allerdings nur für einen Abend. Meine Mama hat mich dann noch mal angerufen und mich getröstet. Das tat echt gut. Danke Mama!
Die Woche danach ging dann auch etwas besser. Nora hat mich ab und an getröstet und eigentlich bin ich vor lauter Arbeit und Freizeitbeschäftigungen nicht weiter zum Traurigsein gekommen. Zwei amerikanische Mädels haben im Zuge irgendeines Austauschprogramms bei uns gewohnt. Die waren sehr witzig. Mittwochabend nach meiner Rückkehr nach Plzen sind wir abends zum Essen gegangen. Donnerstag haben sie uns dann allerdings wieder verlassen. Donnerstagabend bin ich dann mit Nora und ein paar anderen Leuten auf ein Konzert einer Trommelgruppe gegangen. Die haben wir schon öfter gesehen und die sind total fantastisch. „Muerta Mende“ nennen die sich und sind echt genial.
Auch weiterhin war ich in Sachen kultureller Ereignisse in der letzten Zeit viel unterwegs. So waren wir beispielsweise im Theater. Da kam ein Deutsch-Tschechisches Stück im Stile von Improvisationstheater. Erinnerte ein bisschen an Theatersport, wem das ein Begriff ist. Außerdem war ich mit Nora, Beata und Michail im Kino. „Dvoji zivot Veroniky“, das heißt soviel wie „Die zwei Leben der Veronika.“ Von dem Film habe ich allerdings nur die Hälfte verstanden. Der war auf polnisch und französisch mit tschechischen Untertiteln. Aber im Großen und Ganzen war der Film gar nicht so schlecht. Hab wahrscheinlich auch ein bisschen mehr als die Hälfte verstanden. Das Französisch und die Tschechischen Untertitel waren doch eine große Hilfe. „Das Parfüm“ habe ich nun auch endlich gesehen.
In Prag war ich mittlerweile auch mal wieder. Das war sehr lustig. Wir waren auf so einer Ökofarm. Da war so eine Aktion: tagsüber mithelfen, abends gibt es was zu essen. Die Hilfe tagsüber sah so aus, dass wir Holz gehackt haben. Ja ja, lacht nur, das war sehr abenteuerlich. Und das Essen abends erst: Wir machten ein Lagerfeuer und es gab geröstete Würstchen, Brot und Schokobananen. Alles sehr lecker, wenn man nicht - wie ich- sein Essen ins Feuer fallen lässt und dann alles ein bisschen nach Asche schmeckt. Und überhaupt. Lagerfeuer mitten in Prag, eigentlich noch im Winter und bei - wenn es hoch kommt- 5°Celsius. Am Feuer ist uns das gar nicht so aufgefallen wie kalt es war. Aber später ist uns fast der Hintern abgefroren.
Da hab ich dann auch einen Amerikaner kennen gelernt, der es sich gleich zu m Anfang mit mir verscherzt hat. Wisst ihr was der gesagt hat? „Plzen it’s an ordinary town. Isn’t it?“ Oh grrr! Das musste ich dann erstmal gerade rücken. Plzen und „ordinary“! Dabei war der Kerl ja noch nicht mal hier. Aber was habe ich mir sagen lassen? Alle, die in Prag leben, bilden sich unheimlich viel darauf ein. Die Prager sind da echt die schlimmsten. Nix kommt denen über ihre Stadt. Na ja, ich hab jedenfalls klargestellt, dass Plzen keineswegs „ordinary“ ist. Das war mir eine Herzensangelegenheit.
Die Rückfahrt von dieser Ökofarm zu Theresas Wohnung, wo ich das Wochenende verbracht habe, gestaltete sich dann auch noch sehr abenteuerlich. Da ist man schon mit zwei Prager Mädels unterwegs und was ist? Man kommt trotzdem nicht problemlos zurück. Das Prager Nahverkehrsnetz bei Nacht ist aber auch wirklich verwirrend. Da fahren Straßenbahnen an Haltestellen, wo sie gar nicht fahren sollten, dann fahren sie in die falsche Richtung und ab und an fahren sie auch überhaupt nicht. Es war wirklich abenteuerlich. Kurz nach drei haben wir uns auf den Heimweg gemacht, gegen fünf waren wir dann zurück. Nun ja.
Sonntag bin ich mit Theresa noch mal durch Prag spaziert und anschließend waren wir im Kino. „Obcan Pes“, ein Thailändischer Film im Stile von „Die fabelhafte Welt der Amelie“. Der war auch sehr lustig, auch wenn ich wieder nur die Hälfte verstanden habe. Aber die hat gereicht. Der Film war ganz toll. Anschließend haben wir noch eine Cajovna, eine Teestube besucht und ich habe mir ein paar Pragtipps geben lassen. Irgendwann demnächst möchte meine Familie mich besuchen kommen und da steht ein Ausflug nach Prag natürlich ganz oben auf der Liste der Erledigungen. Naja, nach dem Prag Wochenende ist erstmal nicht viel passiert. Auch in Sachen Abreit läuft alles ganz normal. Außer vielleicht, dass ich Exodus jetzt definitiv los bin und dafür dienstags in einem Café „Kacaba" arbeite, wo Behinderte ins Arbeitsleben integriert werden. Ich war erst einmal da, aber ich finde es ganz fantastisch. Mittlerweile bin ich die Königin des Servierens und des Kaffeekochens. Oh Man, zukünftig werde ich einen Latte Macchiato mit anderen Augen trinken. Ich habe nie gewusst, wie viel Arbeit da drin steckt. Hätte ich wirklich nie gedacht. Ich will bei „Kacaba“ auch anfragen, ob ich vielleicht zweimal die Woche da arbeiten kann. Mittwochs mein Internetklub wurde nämlich verlegt und da arbeite ich nur noch zwei Stunden und das ist ein bisschen langweilig. Mal schauen ob das klappt. Wäre auf jeden Fall ganz toll. Abwarten.
Mit meinen Senioren in der Deutschkonversation schaue ich zurzeit „Good Bye Lenin“ an. Bis jetzt sind sie ganz begeistert. Am Anfang hatte ich ein bisschen Angst, dass ihnen der Film nicht gefallen würde, aber bis jetzt habe ich nur Positives gehört. „Hochinteressant“, „wahnsinnig spannend“, „sehr guter Film“. Also wirklich nur positive Meldungen. Darüber bin ich sehr froh. Mittwoch werden wir uns den Film dann zu Ende anschauen und in zwei Wochen gibt es dann eine Auswertung. Danach schau ich mal, vielleicht machen wir eine Buchbesprechung oder schauen uns in Plzen was an. Da wird mir und den Senioren sicherlich was einfallen. So und sonst?
Ich komme gerade von Nadeje und ich bin ziemlich gestresst. Heute waren das ganz schöne Terrorkids. Oh Man, ich wusste nicht, wie stressig die sein können. In letzter Zeit waren sie eigentlich ganz harmlos. Heute haben sie den Teufel raus gelassen. Nun gut, jetzt muss ich nochmal schauen, was mich die Woche so erwartet. Muss auch noch ein bisschen was für meine Zukunft tun. Praktika suchen und so, hoffentlich findet sich da irgendwas. Nun denn, dann lasst es Euch gut gehen!