Die Cliffs of Moher - Ein Muss auf jeder Irlandreise
Wer kennt sie nicht aus Filmen? Die majestätisch aufragenden Felsen begeistern so ziemlich jeden. Am besten lassen sich die Klippen entlang des Cliffweges erkunden.
Majestätisch trotzen sie seit Jahrtausenden den brausenden Wogen des Atlantiks, die sich mit verspieltem weißem Schaum an ihren Füßen brechen. Als oft erprobter Filmstar begeistern sie schon lange die ganze Rosamunde-Pilcher-Fangemeinde und seit dem Film „Harry Potter und der Halbblutprinz“ nun auch alle Hogwards-Freunde. Auf kaum einer Rundreise durch Irland darf der nachhaltige Erinnerungen hinterlassende Besuch bei ihnen fehlen: Die Cliffs of Moher.
Die Cliffs of Moher verdanken ihren Namen der Ruine des Küstenforts „Mothar“, das leider zur Zeit Napoleons zerstört wurde und können auf vielseitige Art und Weise erkundet werden. Meistens werden die Horden von Touristen auf dem Parkplatz des Besucherzentrums ausgekippt, wackeln zielgerichtet mit Regenschirm und Kamera bewaffnet zum Aussichtsturm, knipsen sich die Finger wund, posieren vor der atemberaubenden Kulisse der schroff abfallenden Felsen, gehen ins Besucherzentrum auf eine kleine Stärkung und sehen sich vielleicht auch mal die Ausstellung an, um nach ein bis zwei Stunden hoffentlich pünktlich wieder von ihrem Bus eingesammelt zu werden. Ein letzter Blick zurück, ein letztes Mal dem nur für die Touristen spielenden Musiker auf seiner Flöte lauschen. Das war's.
Diese Besichtigungsvariante ist so ziemlich die erniedrigendste, die man sich für ein solch beeindruckendes Naturwunder überhaupt nur ansatzweise vorstellen kann. Wo bleiben der Genuss und die Zeit, um die großartige Atmosphäre dieses einzigartigen Platzes in Ruhe auf sich wirken zu lassen und in sich aufzunehmen?
Nein, wenn mich jemand nach den Cliffs of Moher fragen würde, kann ich nur den Klippenweg empfehlen. Sanft geschwungen führt er sich träge entlang der Küstenlinie räkelnd direkt von Doolin an dem mitten in einen grünen Hügel versteckt hinein gebauten, fast schon einem außerirdischen Bauwerk gleichenden Besucherzentrum vorbei bis nach Liscannor und ist einfach nur schön.
Als ich ihn das erste Mal ging, war ich gefesselt in einer Welt, bestehend aus dem kraftvollen Spiel der sich aufbäumenden Wellen, die sich voller Energie an relativ flachen Felsen brechen und wirbelnd weiße Muster im blauen Meer erzeugen. Stückchen für Stückchen gestalten sie die Oberfläche der Steine in einem ewigen Kreislauf neu. Da, da ist ein Vogel. Erhaben zieht er seine bedächtigen Kreise am weiten Himmel, lässt sich leicht wie eine weiche Feder fort tragen vom kühlen sanften Wind. Ich gehe weiter, lasse die großartige Naturkulisse mit all ihren kleinen versteckten Wundern auf mich wirken. Es ist unsagbar schön. Doch nach einiger Zeit werde ich stutzig. So sehr ich die frische salzige Luft genieße, die mir belebend in mein Gesicht weht und so sehr mich auch die vielfältigen dunklen Felsformationen beeindruckten, an denen sich Gischt spritzend die heran rollenden Wellen ununterbrochen brechen – das sind nicht die richtigen Cliffs of Moher, oder? Zumindest sehen sie im Fernsehen und auf Postkarten erheblich beeindruckender aus, irgendwie höher, größer, steiler abfallend. Bin ich hier richtig? Und so folge ich dem Klippenweg grübelnd weiter, bis ich etwas in der Ferne hinter einer leichtem Nebelwand erkenne: Dort sind sie! Kein Zweifel. Dort sind die Cliffs of Moher! Nur noch ein kleines Stück bergan, um den Wanderer Demut vor dem bald erreichten Naturwunder zu lehren und dann sehe ich sie zum ersten Mal: Senkrecht, bis zu 214 Metern hoch aufragend, blicken sie anmutig auf das tiefblaue Meer herab, grüßen mit holdem Kopfnicken die sie manchmal besuchenden Robben, Delfine, Buckelwale oder Haie. Vorsichtig bergen sie über 30.000 Vögel von mehr als 20 verschiedenen Gattungen in ihren felsigen Sandsteinwänden: Papageientaucher, Dreizehenmöwen, Alke, Wanderfalken. Sie alle haben hier ihr Paradies gefunden. Über eine Strecke von 8 km prägen die Cliffs of Moher das Aussehen der rauen Westküste Irlands. Ihre streifige Struktur erzählt eindrucksvoll von ihrem hohen Alter und ihrer bewegten Entstehungsgeschichte: Vor etwa 320 Million Jahren, zur Karbonzeit, ergoss sich hier ein großer Fluss ins Meer. In seiner Mündung sammelten sich dunkler Schlamm und feinste winzige Sandkörnchen an. Im Laufe der Zeit unter dem immens hohen Druck der weiter auf ihnen abgelagerten Schichten geben sie heute noch den Cliffs of Moher ihr charakteristisches Aussehen. Doch der ewige Kreislauf geht weiter: Wind und Wasser arbeiten beharrlich an den Sandsteinwänden, tragen Material ab, formen sie um. So entsteht eine felsige Formenvielfalt, die Teil der unentrinnbaren Faszination für die Cliffs of Moher ist.
Ich stehe hier, an der Kante der Cliffs. Fernab des Besucherzentrums und des charakteristischen, 1835 erbauten Aussichtsturmes verstellt mir keine schützende Steinplattenmauer den atemberaubenden Ausblick auf die Felsen, lenkt mich kein aufgeregtes vielsprachiges Stimmengewirr und ununterbrochenes Blitzlichtgewitter von der Aussicht ab. Irgendwo hier gibt es einen Weg zu dem Fuße der Cliffs und dort drüben muss die Stelle sein, die die größten Surfwellen in ganz Irland hervorruft.
Die Sonne kommt hervor. Sie taucht das Wasser unter mir in eine einzige funkelnde, glitzernde, bewegte Fläche. Wie als ob das Meer all seine Schönheit, all seine Juwelen ehrfürchtig den königlichen Cliffs of Moher zu Füßen legt und mit seinen weißen weichen Wogen umschmeichelt.
Ich raste, lasse den Augenblick auf mich wirken und danke, dass ich an diesem wundersamen Schauspiel Teil haben darf, bevor ich zurück muss. Zurück den Berg hinab, zurück, an dem lustigen Wellenspiel und den Felsen vorbei, zurück nach Doolin, zurück in die Wirklichkeit.
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