Der Wahnsinn geht weiter
Absurder geht's nicht, findet DiesseitsderStille. Warum er trotzdem seinen Freiwilligendienst in der Slowakei fortführen will, erklärt er hier.
Nachdem wir die Kontrolle der Nationalagentur überlebt hatten, atmete ich erstmal auf.
Die Chefin hat uns (Natalia, unsern Mentor und mich) einen Tag später zu einem Gespräch eingeladen, wo wir uns dann anhören durften, wie sehr wir dem Ruf des Instituts geschadet haben.
"Ihr habt euch ja wohl selber geschadet, was mir ja persönlich wenig ausmacht, aber nicht auf die Kosten der Freiwilligen, ok?"
Die Chefin warf mir den Todesblick zu. Ich sank wieder auf meinen Stuhl.
Die Chefin setzte noch einen drauf und meinte, wir sollen froh sein, dass wir sie zur Chefin haben, denn jeder andere hätte sich dafür bei uns gerächt.
Da bin ich endgültig aus dem Leim gegangen und habe gefragt: "Gerächt? Wofür denn gerächt? Was haben wir denn bitte Böses gemacht?"
Totenstille.
"Wir holen euch morgen um 6:30 Uhr von eurer Unterkunft ab" sagt sie und damit war das Gespräch beendet.
Als ich also am nächsten Tag um 5:45 Uhr aufstand ahnte ich noch nicht, was sie sich für eine Aufgabe für uns ausgedacht hatte.
In der Druckerei unserer Organisation warteten 3550 Zeitungen darauf gefaltet zu werden.
Der Vormittag verging mit stickiger Luft in den Lungen und Druckerschwärze an den Fingern.
"Das ist die Rache", habe ich zu meinem Mentor gesagt, doch der meinte nur "Nein, nein, das hättet ihr sowieso machen müssen".
Naja, so ganz glauben kann ich ihm nicht mehr. Auf jeden Fall war es extrem ungeschickt von der Chefin uns diese Arbeit zu geben, vor allem wenn sie tatsächlich nicht den Eindruck erwecken wollte, dass es eine maskierte Stafarbeit ist.
Ich habe noch am selben Tag die Nationalagentur darüber in Kenntnis gesetzt.
Natalia hat mich am Wochenende übelst dafür zu Sau gemacht, dass ich bei der Nationalagentur gepetzt habe und wir deswegen jetzt in Schwierigkeiten sind.
Ich habe geantwortet, dass ich es unglaublich finde, dass sie mir das jetzt vorwirft. Immerhin bekommen wir BEIDE jetzt mehr Geld, und das nicht weil sie so heimlich rumgenörgelt aber im Institut ewig geschwiegen hat, sondern weil ich die Initiative ergriffen habe und mich um Lösungen bemühte.
Was folgte waren wüsteste Beschimpfungen und Beteuerungen, dass ihr die Arbeit immer Spass gemacht hat und sie ja sooo glücklich in der Organisation war… und ich das jetzt alles kaputt gemacht hätte.
Ich konnte es nicht fassen, dass das aus dem Mund kam der mir Wochen lang vorgejammert hatte wie blöd alles ist.
Am Montag auf dem Weg ins Institut hat Nathalia mich dann wieder angepöbelt, und meinte dass Geld, das wir jetzt mehr bekommen war den ganzen Stress nicht wert.
Ich habe zu ihr gesagt, "Tut mir leid, aber ich kann nicht von 2,70 € am Tag leben und verstehe auch nicht, warum sie mir jetzt so in den Rücken fällt."
Ihre Antwort war: "Ich brauche dieses Geld überhaupt nicht, ich wollte es nie."
"Dann gib’s doch mir", habe ich frech zurückgegeben, worauf hin sie mich geschubst hat.
"Berührt mich nicht", habe ich gesagt, dann fing sie an zu lachen und mich zu schlagen.
Ich dachte echt im bin im falschen Film.
Ich bin dann weggerannt und bin ihr den Rest des Tages aus dem Weg gegangen.
Die Atmosphäre im Institut war extrem angespannt. Der Großteil der Mitarbeiter verzichtet seit der Kontrolle darauf uns zu grüßen. Es ist einfach kindisch.
Am Mittwoch letzter Woche macht Natalia wieder Trouble.
Ich kam in den Saal wo sie lustlos ihre hässlichen Drahtvaginas bog und mich plötzlich anschrie: "Ich weiß jetzt alles, du hasst mich!"
Mir fiel die Kinnlade runter.
"Ich habe alles erfahren, du bist wirklich ein guter Schauspieler, und ich dachte magst micht, du bist so ein Lügner, du hast mich die ganze Zeit getäuscht, du bist so ein Dreck."
Hassen tu ich Natalia zwar wirklich nicht, aber mögen tu ich sie auch nicht.
Also schlug ich mir aus dem Kopf zu sagen, "Aber ich mag dich doch" - das wäre wirklich gelogen gewesen.
Ehrlicher hätte ich sein können, hätte ich gesagt: "Ich mag dich einfach nicht, aber ich hasse dich doch nicht", wobei mir diese Differenzierung in dem Moment unpassend erschien.
Ich habe dann einfach gesagt: "Nein, das stimmt nicht."
Daraufhin ging sie mal wieder so richtig aus der Tüte und meinte ich soll endlich aufhören zu lügen, sie weiß, dass ich sie hasse und ich soll es endlich zugeben.
"Naja, ok wenn du willst, dass ich dich hasse, ok, bitte schön, ich hasse dich. Jetzt zufrieden?" sagte ich unnd grinste scherzhaft.
Ihr Blick war wie versteinert, damit hatte sie nicht gerechnet. Mein Eingeständnis kam wohl so überraschend wie entwaffnend. Dabei hätte sie mich doch so gerne noch dafür beschimpft und geschlagen, dass ich nicht zugebe, dass ich sie hasse…
In Ihrer Hilflosigkeit ist sie dann zu unserem Mentor gerannt, er war in seinem Büro. Sie hat die Tür aufgerissen und reingeschrien: "Ich wollte nur sagen, dass Alexander ein Lügner ist, glaub ihm kein Wort, er hasst mich, Alexander hasst mich."
Da schlug's aber wirklich dreizehn. Ich habe sie dann zur Rede gestellt und daraufhin gewiesen, dass ich sie erstens nicht hasse und zweitens kein Lügner bin, und sie drittens unseren Mentor mit ihren "psychoatomaren Störfällen" in Ruhe lassen soll, wenn sie mich schon so traktiert. Sie ist dann schimpfen abgezogen.
Einen Tag später habe ich bei der Arbeit gesungen. Da bei uns die meisten Mitarbeiter eh nichts hören, ist das kein Problem, für Natalia allerdings eine erneute Provokation.
Sie hat mir dann verboten zu singen und mich daran erinnert, dass sie bereits einmal angedroht hat mich umzubringen. Da habe ich nur noch gelacht, eingefallen ist mir dazu wirklich nichts.
Ich habe das unserem Mentor erzählt, aber ich glaube der hat nicht verstanden oder nicht verstehen wollen, was ich meinte.
Ich bin also nach wie vor von Deppen umgeben.
Der Gipfel aller Unverschämtheit seitens Nathalia war, dass sie bei der Chefin erzählt hat, es sei allein meine Idee gewesen die Nationalagentur auf sie zu hetzen. Dass Natalia mir tatsächlich kein bisschen zur Seite stand, als die Nationalagentur mich nach unseren Problemen fragte, stimmt und das habe ich ihr auch sehr übel genommen.
Aber dass sie sich jetzt als das Unschuldslamm inszeniert und Lügen verbreitet entbehrt jedem Vergleich. Ihre Morddrohung ist eine Angelegenheit für sich. Manchmal bereue ich, dass ich sie dafür nicht umgehend angezeigt habe.
Ich habe mittlerweile derart die Nase voll, dass ich bei der Nationalagentur schon angefragt habe, ob ich nicht mein Projekt wechseln kann.
Die meinten sogar, dass das in meiner Situation kein Problem sein dürfte, aber es zurzeit keine unbesetzte Stelle gibt. Ich also nur abbrechen könnte, wozu mir jetzt eigentlich auch jeder geraten hat.
Jetzt liegt es an mir, das Beste daraus zu machen, aber abbrechen möchte ich wirklich nicht. Diese ganzen Abenteuer haben ja wenigstens was Unterhaltsames.
In vier Wochen geht’s erstmal ab nach Hause. Nach Weihnachten geht mein Projekt nur noch sieben Wochen, dann ist reguläres Ende. Ich glaube, ich will´s durchziehen. ;)
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