Der Letzte macht das Licht aus!
Nach zehn Monaten steht Couchettes Abschied vor der Tür. Nach einem schönen, emotionalen Abschied auf der Arbeit wartete plötzlich eine große Überraschung auf sie...
Letzter Arbeitstag im "Home Protestant"
Es war Donnerstag und ich seit Tagen schon völlig aus dem Häuschen.
25. Juni, 17 Uhr fing die Versammlung an.
Réunion collective nennt sich das, denn alle Kollegen und Frauen müssen anwesend sein.
Erst wurde allgemeiner Kram besprochen und dann war ich dran. Ich war schon so tief in den Sessel gerutscht, dass es mich verwunderte dass man mich immernoch sah.Doch trotz aller Bemühungen blieb mir nix von den weiteren Ereignissen erspart.
Die Directrice bedankte sich im Namen der Kollegen und Frauen bei mir für alles und beglückwünschte mich zu meiner erfolgreichen Arbeit.
(Das hatte sie vor kurzem auch schon auf dem "Assemblé général" gemacht, wo uns dutzende von wichtigen Präsidenten und Anzugsträgern wohlwollend zunickten und mir die Röte und Tränen in die Augen schoss.)
Dann war es an mir etwas zu sagen und ich stammelte so ein paar zusammenhangslose Sätze heraus, weswegen auch keiner applaudierte.
Besser so, dachte ich.
Was jedoch nicht besser wurde war, als die Chefin dann die Parole an die Frauen abgab: Sagt doch auch mal was!
Ich- geschockt. Die Frauen- fangen plötzlich an wild und laut durcheinander drauflos zureden und arten in stürmischen Beifall aus. Ich? Grinse. Versuch es jedenfalls recht ungekonnt. Mein Auge zuckt bestialisch.
Dann ergreift Asma das Wort und bedankt sich. Ich sei ganz außergewöhnlich und werde ihnen fehlen. Und Heddy- geniert sich nicht auch vor allen Kollegen und hohen Tieren zu bekräftigen. "Conny est un peu l’énergie du Home Protestan". Großes Gelächter und Raunen in den Mengen.
Naja, die Directrice und ich fanden‘s lustig.
Dann erhalte ich mein Geschenk, zwei hübsche Colliers und ein grünes, total cool französisches kleines Kleidchen, einen riesigen Bilderrahmen mit tausender kleiner Photoschnipsel und einen Seidenschal. Asma überreicht mir vor allen auch noch eine Karte und ein kleines Päckchen.
Ich glaube da habe ich eigentlich schon geheult.
Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass sich alle darüber lustig gemacht haben und meinten, ich solle doch lieber Geschenke auspacken. (Aber mal ganz ehrlich – die standen selbst alle kurz davor.)
Plötzlich kam dann Patricia.
Die Directrice meinte daraufhin- die Frauen hätten sich zusammengetan um mir eine große Überraschung vorzubereiten, was in der jungen Geschichte der Einrichtung bis jetzt eine völlige Neuheit war! Die haben sich noch nie groß zu irgendetwas für irgendjemanden anders aufgerafft eigentlich.
"Los! Geh!", treibt mich Patricia an und ich irre mit ihr im Schlepptau im Haus herum. Wo geht's denn eigentlich hin? Keine Ahnung. Ankommen tue ich im Hof.
Musik. Tische, Stühle, Bänke. Kerzen, Deko. Und ein RIESEN-BUFFET.
Irre! "Wir haben zwei Tage lang gerackert und in der Küche gestanden um die eine Überraschungsparty zu machen!" Naja, stellts euch vor. Dann wars jedenfalls ganz vorbei.
Mir kamen ja so die Tränen.
Zehn Monate schuften, bemühen und Blut und Schweiß dafür gegeben. Soviele Geschichten gehört, soviel Vertrauen, Wut, Trauer, Last, Freude und Tränen. Soviele Schicksale, Romanzen, Dramen und Lebensgeschichte die sich vor mir abspielten. Lange gemeinsam verbrachte Abende, viele Gespräche, viel Mutmachen, viele Unternehmungen und Ausflüge, Kochaktionen und Enthusiasmus später stand ich da und war am heulen.
Einfach, weils mir so wahnsinnig viel bedeutet. Und weil es so wahnsinnig schwer war. Meinen Platz zu finden. All das zu ertragen und trotzdem noch helfen zu können und zu wollen. Und, weil ich die Leute so verdammt gern hab.
Patricia umarmt mich.
"Man hör auf zu heulen! Sonst fang ich auch noch an! Man, du bist doch verrückt! Weißt du, schon allein als ich die zwei Tage nur in der Küche stand um für dich zu kochen hast du mir gefehlt!"
Das war das schönste was sie mir gesagt hat.
Ich habe dann noch meine Geschenke verteilt (Muriel wollte wissen ob ich eigentlich den Verstand verloren hätte, fast jeder Frau ein Geschenk gemacht zu haben) und wir haben Nummern getauscht.
Jetzt, da die Arbeit beendet ist, bin ich ja in dem Sinne frei. Jetzt können wir uns schreiben und Party machen.
Freitags kam ich noch, um alles aufzuräumen, mein ganzes angesammeltes Bastelzeugs zu verstauen und zu beschriften und mich von dem Rest der Leute zu verabschieden.
Ich ging und ließ meine Mina, auch eine Frau von uns, weinend im Foyer. Sie winkte mir noch zu und verschwand dann schnell in den Hof.
Was denkt ihr, wie lange ich gezögert habe, bevor ich die Türklinke drückte und aus dem Haus war?