Der Kaukasuskrieg von 2008
Habt ihr schon einmal von dem Kaukasuskrieg gehört? Ich persönlich zum ersten Mal, als ich hier war... obwohl es ziemlich wichtig ist, mehr darüber zu wissen!
Nur so wenige Jahre her und doch beinahe vergessen: das gilt für den „Kaukasuskrieg“ oder auch „Augustkrieg“, der im Jahr 2008 seinen Höhepunkt erreichte.
Der Krieg im Südkaukasus, der fünf Tage lang dauerte, hatte als Parteien auf der einen Seite Georgien und auf der anderen Seite Russland mit den nicht anerkannten Republiken Südossetien und Abchasien. Bis heute sind die diplomatischen Beziehungen zwischen Russland und Georgien auf Eis gelegt.
Im August 2008 marschierten georgische Truppen in die Hauptstadt Südossetiens mit dem Namen Zchinwali ein, um die Herrschaft über die Provinz zurückzuerobern. Seit Georgien als unabhängig erklärt wurde, strebte diese Provinz nämlich danach, als eigenständige Republik anerkannt zu werden. Schon seit den verschiedenen Reformen in der Sowjetunion, während welchen Georgien die Unabhängigkeit erreichte, wurde das Streben nach Unabhängigkeit für die Südosseten und Abchasen immer größer.
Georgien orientiert sich politisch sehr westlich und strebt eine Mitgliedschaft in der NATO und EU an. Die Beziehung zu Russland ist jedoch nach wie vor äußerst angespannt und wird durch den Südkaukasus-Konflikt nach wie vor immens belastet. Durch die EU befinden sich seit 2008 Überprüfer des Waffenstillstandes in der Region. Obwohl sowohl Georgien als auch die EU die territoriale Integrität des Landes anerkennen, betrachtet Russland Abchasien und Südossetien als unabhängige Staaten.
Auch die Geschichte vor dem Konflikt mit Ossetien und Abchasien spielt eine wichtige Rolle. Da die Osseten kein südkaukasisches, sondern ein iranisches Volk sind, sind sie nicht verwandt zur georgischen Ethnie. Während des 19. Jahrhunderts wurde der Süden der Provinz von georgischen und der Norden von russischen Mächten regiert. Mit der Unabhängigkeitserklärung Georgiens wurde das Reich aufgeteilt zwischen Russland und Georgien. Durch die Entstehung der Sowjetunion wurde Südossetien zu einem autonomen Gebiet erklärt.
Auch Abchasien war eine unabhängige Republik innerhalb des sozialistischen Systems. Mit der Durchmischung der Völker innerhalb der Politik Stalins wurden viele abchasische Orte georgisiert. In den 90er Jahren versuchte Georgien, die Provinzen einzunehmen. Mithilfe der russischen Unterstützung schafften es diese jedoch, die georgischen Truppen zurückzudrängen. Obwohl es dann auch zu einem Waffenstillstand kam, eskalierte der Konflikt 2008 wieder. Die Kürze von nur fünf Tagen konnte dank dem Waffenstillstand, der durch die EU vermittelt wurde, erreicht werden. Strategisch stellt Georgien für die USA ein wichtiges Land dar, wodurch sie deren Unterstützung erfahren. Russland hingegen würde sich durch den Beitritt des Kaukasuslandes zur NATO bedroht fühlen und möchte dies verhindern.
Doch wie genau sieht die Lage heute aus? Während des Konfliktes mussten beinahe eine viertel Million der Georgier aus den beiden Provinzen nach Georgien fliehen, wo sie seit jeher in provisorischen Flüchtlingsunterkünften leben. Ich selbst konnte schon die Erfahrung sammeln, diese zu sehen. Es sind Lager, die nicht für ein langfristiges Leben gedacht waren, aber nun doch dafür genutzt werden. Die beinahe 20% des Territoriums in Abchasien und Südossetien sind auf unabsehbare Zeit verloren. Das konnte ich auch mit eigenen Augen sehen, als wir für einen Arbeitsausflug in der Nähe der Abchasischen Grenze waren. Dort mussten wir teilweise erst russische Grenzkontrollen passieren, um überhaupt in die Nähe der Grenze gelassen zu werden. Die Bewohner:innen hier sind noch immer stark beschäftigt und versuchen, diesen Konflikt zu verarbeiten.
Russland, das also noch immer sein Militär hier positioniert, verletzt den Waffenstillstand weiterhin. Die mit Zäunen gesicherte Grenze wird langsam immer weiter in Richtung Georgien verschoben. Dadurch kann es auch passieren, dass Bauern aus versehen über diese „neue Grenze“ laufen und aufgrund dessen verhaftet werden. Dass Georgien aber in der nächsten Zeit der NATO oder der EU beitreten wird, sieht nicht sehr wahrscheinlich aus. Zu groß ist noch immer die Differenz zu anderen westlichen Staaten. Zudem sind die Drohungen Russlands bei einem Beitritt durchaus ernst zu nehmen. Dennoch schafft es eine relativ friedliche und passive georgische Politik, den Konflikt derzeit ruhig zu halten.
Um diesen auch in Zukunft zu vermeiden und keine weiteren militärischen Aktionen zu provozieren, muss allen voran der Waffenstillstand vor Ort stabilisiert werden. Dieser großen Verantwortung hat sich die EU angenommen. Zudem ist es wichtig, die Flüchtlinge wirtschaftlich und sozial in Georgien zu integrieren, wenn sie keine Möglichkeit haben, zurückzukehren. Auf eine Aufnahme Georgiens in die NATO sollte derzeit vermutlich verzichtet werden, da diese eine Verschärfung des Konflikts mit Russland bedeuten würde.
- https://de.wikipedia.org/wiki/Kaukasuskrieg_2008
- http://edoc.vifapol.de/opus/volltexte/2009/1982/pdf/HI45.pdf
- https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/166356/kaukasuskrieg-08-08-2013
- https://www.planet-wissen.de/kultur/osteuropa/georgien/pwiederkaukasuskonfliktursachenundhintergruende100.html
- https://taz.de/Debatte-Zehn-Jahre-nach-Kaukasuskrieg/!5524739/