Der 11.11.
Ein Tag, der maximal gefeiert wird.
Am 11.11. ist Ausnahmezustand, sowohl in Deutschland als auch in China. Die Gründe dafür liegen weit auseinander:
„Ich gehe mit meiner Laterne“. Am St.Martinstag versammeln sich Kinder auf der Straße, um mit Laternen und Gesang durch die Stadt zu ziehen. Die Geschichte des heiligen St.Martin ist ein Paradebeispiel für Nächstenliebe und Solidarität.
„Denn ich ben nur ne kölsche Jung“. Gleichzeitig beginnt am 11.11. um 11.11 Uhr die fünfte Jahreszeit: Karneval. In Köln steppt der Bär, es wird gefeiert, getanzt und getrunken. Dieses Jahr heißt es: „Mer Kölsche danze us der Reih“ (Wir Kölschen tanzen aus der Reihe).
„All the single (ladies)“. In den 1990ern wurde in China das erste Mal ein 'Singles Day“ gefeiert. Als Protest gegen den Valentinstag wurde an der Nanjing Universität das Single-Sein gefeiert. Dank des Internets wurde diese Idee schnell national verbreitet und übernommen. Häufig liegt der Fokus der Medien und Werbung auf männlichen Singles. Deshalb wird der Tag auch häufig 'Bachelor-Day' genannt. Wieso findet „Guanggun Jie“ am 11.11. statt? Die Einsen symbolisieren vier Singles.
„We are living in a material world“: #Madonna. Im Sinne des 'Singles-Day' sollen sich Singles an diesem Tag etwas Gutes tun und sich selbst beschenken. Viele Geschäft, auch Online-Anbieter (z.B. Tabao, vergleichbar mit Amazon) wollen ihre Kunden am 11.11. mit starken Rabatten zum Kauf verführen. Der Tag wird somit auch zum 'internationalen Shopping-Tag'. 2016 wurden Waren im Wert von 90.002.293.305 Yuan* (~1.161.500.000 €) verkauft.
Ich habe den 11.11. folgendermaßen erlebt: Schon fast zwei Wochen zuvor wurde ich auf das Datum hingewiesen. Ich solle wichtige Dinge lieber vor dem 11.11. bestellen, da sich die Lieferung ansonsten verzögern könnte, weil so viele Bestellungen eingehen. Von einigen hörte ich, dass sie ihre Bestellungen extra aufschieben wollten, um Rabatte zu ergattern. Am Abend des 10.11. blieben viele Studenten extra lange wach, um nach Mitternacht noch Bestellungen zu tätigen. Das Ganze liefe nach dem Prinzip „Wer zuerst kommt, der malt zuerst“.
Ich selber bestellte nichts online. Anstatt dessen lud mich eine Freundin ein, am Abend mit ihr in die große Shopping-Straße 'Zhong Jie' zu fahren. Schon in der U-Bahn wurde ich mit den Menschenmassen konfrontiert. In der Innenstadt selber verteilten sich die Massen zum Glück etwas. In den Geschäften hingen allerlei Rabattschilder, auch bei deutschen Marken wie adidas und Puma. Am späten Abend, als die Geschäfte schlossen, entstanden fürchterliche Staus und es begann der Kampf um die wenigen Taxis.
Der 11.11. wird häufig mit dem „Black Friday“ in den USA verglichen. Da ich selber den „Black Friday“ noch nicht erlebt habe, ist mir dieser Vergleich fremd. Die Idee des 'Singles-Day' und Sich-etwas-gönnen finde ich schön. Allerdings halte ich die strategische wirtschaftliche Ausbeutung für etwas bedenklich. Die Traditionen gemeinsam mit anderen Singles etwas zu unternehmen und etwas im Zeichen der Unabhängigkeit zu tun, spricht mich da doch deutlich mehr an.
*Quelle: Präsentation des Internationalen Studentenvereins beim Chinese Corner 10.11.2017; weitere Informationen aus www.yourtango.com