De pico a pico
Von meiner mutigen Tat in der Kirche und der tollen Wanderung von Gipfel zu Gipfel.
Diesen Sonntag gehe ich wieder in die Kirche- aber nicht unvorbereitet. Im Internet habe ich ein super Dokument gefunden, dass einen deutschen und spanischen Gottesdienst gegenüberstellt und direkt übersetzt. Das lese ich mir vorher genau durch, damit ich wenigstens eine ungefähre Ahnung habe, was die da sagen. Eigentlich wollte ich auch frisch geduscht zur Messe gehen, aber daraus ist nichts geworden, weil das Wasser zu kalt war. Gestern haben wir schon die Heizung angemacht (ich hab zufällig rausgefunden, wo man die anschaltet), weil es dermaßen kalt in der Wohnung war. Aber nachdem ich geschlagene fünf Minuten in der Dusche stand und es nicht wärmer wurde, hatte ich keine Lust mehr. Dann eben nicht. In der Kirche bin ich positiv überrascht, dass mehr Leute und auch jüngeres Publikum da waren, als letztes Mal. Sogar der Chor ist voller und der Pfarrer hetzt nicht so. Kein Wunder, es ist sein letzter Gottesdienst hier und der neue, junge Pfarrer Lorenzo wird vorgestellt. Ein bisschen irritierend finde ich die Leute, die kommen, als der Gottesdienst fast rum ist, und sich dann schamlos in die erste Bank setzen. Nach den Schlussworten fasse ich mir ein Herz und gehe zu den Damen vom Chor und frage, ob ich auch mitsingen kann. Auf José Luis ist nämlich kein Verlass, das nehme ich jetzt selbst in die Hand. Die Frauen sind auch überrascht und erfreut und erklären mir, wo und wann sie sich treffen. Wow, ziemlich easy. Motiviert und stolz schwebe ich nach Hause. Nach dem schnellen Mittagessen und gemeinsamem Abspülen machen wir uns auf zu einer kleinen Wanderung- schließlich muss man den Sonnenschein ausnutzen, solange es noch so warm wird. Unterwegs werden wir stutzig, denn der Gehweg und die Straße, selbst Autos und Häuserwände sind gespickt mit toten oder halbtoten fliegenden Ameisen. Welch unerklärliches Phänomen! Unser Weg soll von der Ermita San Miguel über die folgenden Gipfel führen. Aber auf halbem Weg entdecken wir eine andere Abzweigung und beschließen, der zu folgen und zu gucken, wo wir rauskommen. Vorbei an einem Funkmasten und einem kleinen Häuschen kommen wir auf einen breiten Weg, der direkt dahin führt, wo wir hin wollten. Aber ohne den Umweg über die Kapelle. Was für ein Zufall! Es macht riesig Spaß, hochkraxeln (sehr steil) und auf der anderen Seite wieder runter. Und immer die tolle Aussicht zwischendurch. Man sieht osgar die roten Felsen von Mallos die Riglos in der Ferne. Obwohl ich mir doch manchmal die Infrastruktur einer Großstadt wünsche, bin ich doch ganz glücklich damit, in einem Dorf zu sein, in dem es nicht weit ist bis zu herrlicher Natur und absoluter Ruhe. Abgesehen von dem leisen Klingeln der Schafherde im Tal. Fast möchte ich gar nicht mehr umkehren, aber das wöchentliche Gespräch nach Amerika steht an. Wi vergleichen Klamotten- und Essenspreise und sind enttäuscht, dass das mit meinem Besuch über Weihnachten am Reisepass scheitert. Zum Abendessen probieren wir das Baguette, jetzt gibt’s definitiv kein Toastbrot mehr. Die Initiative zum Stadt, Land, Fluss kommt diesmal von Laetitia. Um 10 unterbrechen wir, um uns den Wettermann anzugucken und bekommen mit, dass es in Murcia schwere Regenfälle mit Überschwemmungen gegeben hat. Die Schwestern von Laetitia haben nämlich schon besorgt angerufen, ob hier alles okay ist. Aber mit der Zeitung von letztem Dienstag sind wir wirklich nicht auf dem neuesten Stand. Vorm ins Bett gehen will ich nun doch duschen und hab den Instruktionen am Boiler nach, versucht, dieses Blinklicht, das nicht sein sollte, weg zu kriegen, damit das heiße Wasser wieder fließen kann. Das hält immer nur sehr kurz an. Also steht Laetitia vor dem Boiler und passt auf, wenn es wieder blinkt. So schnell hab ich noch nie geduscht, aber leider nicht schnell genug, denn am Ende wird’s wieder kalt. Komisches Ding, morgen müssen wir José Luis fragen, wie das genau funktioniert.