Couchsurfing in Zaragoza
Das erste Mal couchsurfen in Spanien und zwei Nächte zu zweit auf einer Matratze.
Dass ich in Zaragoza einen Halt einlegen will auf dem Weg nach Madrid, das war mir schon von Anfang an klar. In Zaragoza war ich einige Male, oft zum Feiern und Einkaufen, aber auch zum Spazierengehen und einmal, um einen Stierkampf anzugucken. Ich wollte unbedingt in den Pub El Zorro, der in einem Einkaufszentrum gelegen ist und ziemlich alternativ und angesagt ist. Also schrieb ich auf Couchsurfing, dass ich nach Zaragoza kommen würde und in den Pub wollte. Raúl schrieb mir, dass er mich aufnehmen würde. Wir tauschten Nummern und schrieben etwas. Silvia beschloss schnell, dass sie auch mitkommen wollte, was Raúl zum Glück nicht störte. Ein bisschen war ich auch froh, denn ich war noch nie allein bei einem Couchsurfer gewesen, In Spanien hatte ich auch noch nie gecouchsurft, ich hatte immer nur Leute beherbergt. Auch für Silvia war es das erste Mal überhaupt, sie hatte davor noch nie von Couchsurfing gehört.
Ich rief Raúl an, als wir in Zaragoza ankamen und er erklärte uns den Weg. Wir liefen das ganze Stück, trotz schwerem Koffer, aber ich war glücklich wieder da zu sein und mich auszukennen und Sachen wieder zu entdecken. Raúl empfing uns und zeigte uns das Zimmer, wo wir schlafen sollten. Silvia und ich guckten uns an. Da lag nur eine Matratze auf dem Boden. Egal, wir waren ziemlich müde und legten uns mühsam nebeneinander auf die Matratze, um etwas auszuruhen. Silvia starrte an die Decke. Sie konnte nicht ausruhen, da vom Nebenzimmer Reggaemusik zu hören war. Ihr war anzumerken, dass sie schon etwas bereute, mitgekommen zu sein.
Nach unserer Pause gingen wir mit Raúl einkaufen. Er war Veganer, ich Vegetarierin, Silvia aß Fleisch. Es dauerte, bis wir uns auf ein Essen einigen konnten. Später kam Raúls Freund Ivan, der das Essen kochte, weil der angeblich der weltbeste Koch war. Wir aßen auf der Terasse, das Essen war tatsächlich sehr gut. Danach spielte ich mit Raúl eine Partie Schach und wir ließen uns seine Kakteen und Pflanzen erklären. Nachmittags gingen Silvia und ich ins Stadtzentrum, in einen Park neben dem Río Ebro. Kaum waren wir aus der Haustür fing Silvia an mit ihren Zweifeln. Ich versuchte sie zu beruhigen und versprach ihr, dass wir am Abend zu dem Stadtteilfest gehen würden, wo sie hinwollte. Wir aßen in einer Bar und mischten uns unter die Jugendlichen in dem Park, wo das Fest stattfand. Ich kaufte mir einen Literbecher Calimocho (Rotwein mit Cola) und wir warteten bis die Band anfing zu spielen. Manche Lieder rissen uns vom Hocker, die meiste Zeit jedoch saßen wir auf einer Mauer am Rand des Festzelts. Ich nippte an meinem Becher, während Silvia fast die Augen zufielen und ihr Kopf auf meine Schulter sackte. Ich trank den letzten Schluck und dann gingen wir lieber bevor wir einschliefen. In der Nacht waren wir viel zu müde, um uns über die Enge auf der Matratze aufzuregen, wir wollten einfach nur schlafen.
Am nächsten Abend bestand ich darauf, in den Pub zu gehen. Raúl und Ivan glaubten, der wäre geschlossen, doch ich zeigte ihnen das Programm. Abends gingen wir zuerst in eine vegane Bar, wo ich mich darüber freute, endlich mal ein Bocadillo mit (veganer) Longaniza essen zu können. Die Bar ist in Zaragoza ziemlich alleine mit dem veganen Schwerpunkt und die Inneneinrichtung erinnerte sehr an hippe Berliner Bars. Danach gingen wir in den Zorro. Es war voll, da ein Radiosender dort eine Party gab. Es lief R'n'B und Hip Hop. Die Jungs blieben draußen zum Rauchen, Silvia und ich tanzten. Nach einer Weile hatte Raúl genug und bestand darauf, uns die schwul-lesbische Barmeile zu zeigen, wo er mit seinem Iro nicht als unnormal abgestempelt würde. Wir gingen in den Pub Women 2.0, der gefüllt war mit sorgfältig geschniegelten Männern, Frauen mit kurzen und mit langen Haaren, einfach Leuten, die gut drauf waren und zusammen tanzen wollten. Silvias Laune besserte sich deutlich, denn die Musik war Reggaeton genau nach ihrem Geschmack. Sie zog mich auf die Bühne und wir genossen die gute Musik und den Moment. Um 5 Uhr war Schluss und die Musik ging einfach aus. Auf dem Heimweg holten wir uns Churros mit Schokolade und fielen bei Raúl sofort auf die Matratze. Irgendwann an diesem Abend dachte ich, Warum hatte ich mir mein Praktikum eigentlich nicht in Zaragoza gesucht? Als das mit dem Goethe-Institut in Madrid noch nicht feststand, hatte ich mal eine Mail an die Universitätsbibliothek in Zaragoza geschrieben, um zu wissen, wo ich mich bewerben müsste. Doch auf die Antwort habe ich nicht mehr reagiert, weil ich schon die Zusage in Madrid hatte. Für diesen einen Moment fand ich Zaragoza perfekt, da ich mich schon etwas auskannte und mit tollen Leuten unterwegs war.
Am nächsten Tag brachten wir Silvia zum Bahnhof und ich ging mit Raúl wieder nach Hause. Die letzte Nacht schlief ich dort allein, da ich erst am Montag nach Madrid fahren konnte. Es war viel unspektakulärer als ich dachte, allein bei einem Couchsurfer zu sein. Wir schliefen beide früh ein und am nächsten Morgen begleitete er mich zum Busbahnhof. Es ist schön zu wissen, dass man jemanden kennt und jederzeit zurückkommen kann.