Ausflug nach Capriana
Über Sprachen in Moldawien, einen Ausflug in das Dorf und das Kloster Capriana und die kleinen Überraschungen des Lebens
Sprachlich betrachtet herrscht in Moldawien ein ziemliches Chaos. Die Staatssprache ist Moldawisch. Linguistisch betrachtet ist Moldawisch aber nur ein Dialekt des Rumänischen. Im Alltag trifft man aber auch sehr häufig auf die russische Sprache, und es fällt natürlich auf, wenn man diese nicht beherrscht. Und das Allerbeste ist es dann, wenn Russisch und Rumänisch zusammengemixt werden und auf einmal beide Sprachen im selben Satz anzutreffen sind. Das ist dann wirklich Sprach-Chaos pur.
Da in meinem Projekt alles Rumänisch spricht, habe ich von Beginn an erst mal Rumänisch gelernt, mit Sprachkurs von meiner Organisation, und damit kann ich mich mittlerweile schon ziemlich gut verständigen. Also sind wieder Kapazitäten frei und ich habe angefangen, mich auch mit dem Russischen mal etwas mehr zu befassen. Und dazu habe ich jetzt ein Sprachtandem. Eine unserer Mentorinnen hat mich nämlich angesprochen, ob ich ihr nicht ein bisschen Deutsch beibringen möchte. Na gut, dachte ich mir, können wir machen. Und so ging es los und ich habe ihr ein paar erste Sätze Deutsch beigebracht (ja, der Laut "ü" ist schon ziemlich komisch...) und sie mir ein paar Wörter Russisch (Wie kommt es, dass "Kind" und "Kinder" zwei komplett verschiedene Wörter sind?). An diesen Beispielen sieht man es schon: Wir hatten ziemlich Spaß und machen natürlich fleißig weiter!
Am Samstag vor einer Woche war dann ein Ausflug angesagt, weil wir ja auch mal was vom "richtigen" Moldawien sehen wollen und nicht nur die Hauptstadt Chisinau, die deutlich westeuropäischer geprägt und weniger arm ist als der Rest des Landes. Unser Ziel war das Dorf Capriana, nur 40 km von Chisinau entfernt, und vor allem das relativ berühmte und sehr schöne Kloster dort.
Schon bei der Planung wurde die Sache interessant. Am zentralen Busbahnhof, wo wir uns zum Ticketkauf getroffen hatten, fanden wir erst mal eine riesige Infotafel, auf der alle möglichen Ziele und die entsprechenden Abfahrtszeiten aufgelistet waren. Leider konnten wir Capriana nirgends erspähen. Einen Informationsschalter fanden wir nicht, also versuchten wir es gleich an der Kasse. Auf meine Nachfrage, wie wir am Besten nach Capriana kämen, wurde mir gesagt, es gäbe einen direkten Minibus. Allerdings kam ich überhaupt nicht mit bei der Erklärung, wo der denn abfahren solle. Also reichten wir der freundlichen Dame unserern Stadtplan, und sie suchte darauf. Und suchte, und suchte... Ging zu ihrer Kollegin, fragte auch diese diskutierte mit noch einer weiteren Kollegin, kehrte wieder zu uns zurück und wir bekamen schließlich eine kleine Wegskizze, wie wir den Busbahnhof verlassen sollten, um in einen bestimmten Minibus zu steigen, dort sollten wir dem Fahrer sagen, wir möchten zum Minibus nach Capriana. Na super, tolle Information. Trotzdem verabredeten wir uns für den nächsten Morgen, um mit dieser Beschreibung irgendwie nach Capriana zu kommen.
Das klappte dann auch wunderbar. Die Wegskizze zum Bus hätte ich zwar nicht verstanden, aber wir hatten ja die richtige stadtinterne Minibuslinie, ich konnte dem Fahrer erklären, er möge uns doch bitte sagen, wo wir zu unserem Minibus aussteigen müssen, was er auch sehr freundlich tat, und so fanden wir tatsächlich den richtigen Bus. Auch wenn dort kein Fahrer zu sehen war, stiegen wir einfach mal in den ersten Bus in der Reihe ein und suchten uns Plätze. Dann hieß es gemeinsam mit einigen anderen Fahrgästen warten, bis der Bus voll genug zum Abfahren war. Das war dann nach 20-30 Miuten irgendwann der Fall, und los ging die Reise. Nachdem der Bus tatsächlich voll war, mussten auch die beiden Hocker, die einfach lose im Bus standen, besetzt werden, und einige Leute durften sogar stehen. Nach etwa einer dreiviertel Stunde furchtbar langsamer Fahrt auf mittelschlechten Straßen waren wir schließlich in einem verschlafenen Kaff angekommen.
Dem Blick auf die Kirchtürme folgend kamen wir auf einem vermüllten, gefrorenen Trampelpfad zum Kloster. Dort hieß es dann für die Mädels "Kopftuch umlegen!" und wir konnten die Anlagen des Klosters bestaunen. So arm wie zuvor das Dorf gewesen war, so reich und gut modernisiert sah jetzt das Kloster aus. Höhepunkt war natürlich die Kirche, in der kein Zentimeter Wand nicht ausgemalt und keine Ecke nicht von Ikonen geziert wurde. Auf dem Hof wurden wir außerdem Zeugen einer Auto-Segnung (Laut Preisliste in der Kirche für umgerechnet 10€ zu haben.), die mich auch wieder an die Segnung unseres Zentrums erinnerte.
Nach der Klosterbesichtigung wollten wir erst einmal einen Kaffee trinken. Ein Restaurant oder Cafe sucht man natürlich in einem moldauischen Dorf vergeblich, aber zum Kaffeetrinken kann man auch einfach in den Alimentara, also quasi Tante-Emma-Laden gehen, denn einen solchen findet man wirklich überall. Allerdings mussten wir uns erst bis zum vierten Alimentara durchfragen, bis man auch mal dort einen Kaffee trinken konnte. Zu dem viel zu süßen Instant-Kaffee hatten wir uns noch ein kleines Picknik mitgebracht. Außerdem machten wir Bekanntschaft mit einem älteren Herrn, der im Laufe des Vormittags sicher schon mehrere Becher Hauswein getrunken hatte, und sich auf Russisch mit Ole unterhielt (der ja erst seit einem Monat Russisch lernt, was die Sache etwas schwieriger machte... Aber er hat sich gut geschlagen). Daran, ungläubig gefragt zu werden, wie man freiwillig nach Moldawien kommen kann, habe ich mich mittlerweile gewöhnt.
Danach spazierten wir noch eine Weile durch den Schlamm der Nebenstraßen, bis es uns schließlich zu kalt wurde und wir uns auf den Rückweg nach Chisinau machten. Hier wartete der Busfahrer zum Glück nicht, bis der Bus ganz voll wurde, denn in diesem Fall hätten wir wohl bis zum nächsten Tag dort gestanden.
Am Sonntag war ich mit einigen anderen Freiwilligen im Ballett, in Romeo und Julia.
Als ich am Montag auf die Arbeit kam, gab es dort eine kleine Überraschung: Ein neues Kind! Ein total süßer 6-jähriger, der sich richtig schnell in die Gruppe eingefunden hat. Die nächste Überraschung gabs dann am Freitag, als ich spontan als Betreuerin mit in den Zirkus genommen wurde. Und in dieser Woche gab es auch schon wieder einen Geburtstag, die sind irgendwie sehr gehäuft im Moment.
Dieses Wochenende verging dann eher ruhig mit Basteln (zu der Tradition der Marțișoare gibts im nächsten Beitrag mehr, wenn ich den 1. März selbst hier erlebt haben werde), Spazieren gehen und Wäsche waschen, denn morgen früh geht es ja endlich los auf das Mid-term-Meeting. Ich freu mich schon auf einige lustige Tage, die mich da sicher erwarten.