Wo sind nur die letzten 4 Monate hin?
die Zeit rast…
Gerade sah ich mich noch im Auto meiner Grosseltern auf dem Weg Richtung Würzburg sitzen, mit dem Ohrwurm „driving home for christmas“ im Kopf und voller Vorfreude, alle wiederzusehen. Und zack dann schaut man sich auf einmal um und stellt entsetzt fest, dass inzwischen keine weisse Schneedecke mehr auf den Häusern von Zlín liegt, sondern bereits überall auf den Strassen Blumen blühen und alle Leute wieder ihre Sonnenbrillen und T-Shirts tragen. Beim Blick auf den Kalender erhält man dann die Gewissheit: tatsächlich schon wieder Anfang Mai!! Die Zeit vergeht einfach wie im Flug… Für Lucia und mich stand im April als eines der Highlights ein weiterer Besuch des Zentrums „Kapraluv Mlýn“ für eine Art Abreitswochenende an (über den ersten Besuch habe ich bereits in meinem Eintrag „ausnahmsweise mal Hand- statt Kopfarbeit“ geschrieben). Nachdem es in Zlín den kompletten Freitag durchgehend geregnet hatte, malten wir uns schon die schlimmsten Szenarien aus, wie wir das ganze Wochenende über bei Regen draussen im Garten arbeiten würden – eine nicht ganz so schöne Vorstellung (und der April macht ja bekanntlich, was er will)! Allerdings verschonte uns das Wetter und es war den Samstag und Sonntag über sogar sonnig und warm, was bei allen die Motivation fürs Arbeiten steigerte. Unsere Hauptaufgabe bestand darin, mit einer Schaufel ein Stein-, Erdegemisch gegen eine Art Riesen-Sieb zu schaufeln, um so die groben Steine von dem guten Erdboden zu trennen, der zum Befüllen von Löchern auf dem Feld weiterverwendet werden sollte. Diese Arbeit ging tatsächlich ziemlich in die Arme und den Rücken (wenn man das fast den ganzen Tag macht…) und so spürten wir alle noch die ganze nächste Woche, dass wir was getan hatten. Ausserdem standen weitere Sachen an, wie junge Bäume vom Unkraut zu befreien, gefällte Baumreste auf den Kompost zu bringen und vieles Weitere. Am Samstag Abend machten wir Lagerfeuer mit tschechischen Liedern, die auf der Gitarre begleitet wurden sowie gegrilltem Käse und Würsten - das alles liess eine wunderbare Atmosphäre entstehen. Da dieses Mal auch mehr andere ausländische Freiwillige (sprich weder aus Tschechien, noch aus der Slowakei :D) teilnahmen, war die „Hauptsprache“ Englisch, was das Ganze wesentlich einfacher und auch interessanter als das letzte Mal für uns machte. Noch dazu verstehen wir tschechisch inzwischen natürlich auch wesentlich besser :D Nach diesem zwar körperlich anstrengendem, aber sehr bereicherndem Wochenende ging es dann am Sonntag wieder zurück nach Zlín.
Am Dienstag stand dann etwas Besonderes an – mein 19. Geburtstag! Ich muss zugeben, dass es doch etwas seltsam ist, wenn man morgens aufzuwacht und niemand zum Gratulieren da ist ausser du selbst :D Doch meine Freunde und Familie haben die verschiedensten Wege gefunden, mir trotzdem ihre Glückwünsche mitzuteilen und mich umso mehr spüren lassen, dass sie trotz der 700 km kräftig an mich denken, wofür ich übrigens sehr dankbar bin. So kamen bereits in den Tagen davor zahlreiche Päckchen, Briefe und von meinem Bruder sogar Blumen an, ich erhielt frühs Voice Messages mit Geburtstagsliedern über Whatsapp und mein Freund hatte mir ein Video zusammengestellt, auf welchem etliche wichtigen Leute (Freunde, Familie, Bekannte,…) ihre Grüsse und Beglückwünschungen ausdrückten. Sogar meine Fussballmannschaft hatte an mich gedacht und mir als Erinnerung an sie eine Kette mit einem Fussball Anhänger besorgt und überreicht. All diese Mühen und Gedanken, die sich die Leute gemacht hatten, rührten mich dann schon ziemlich und die ein oder andere Trände blieb natürlich nicht aus… da es aber ansonsten es ein relativ normaler Tag mit Arbeit und Fussballtraining war blieb zum Glück wenig Zeit für zu viele trübsinnige Gedanken an daheim!
Am Freitag stand dann mit meinen Fussballerinnen eine kleine „Feier“ an, nichts Grossartiges, einfach nur ein bisschen im Pub zusammensitzen und über dies und das in einer Mischung aus tschechisch-englisch und deutsch unterhalten – immer recht amüsant :D und am Samstag ging es mit Zlata und einer anderen Freundin mit Inlinern Richtung Otrokovice, einem Nachbarort. Am Sonntag war dann für mich „Saisonstart“, da wir das erste richtige Spiel hatten und siehe da das sonst für unmöglich Gehaltene wurde wahr und ich schoss tatsächlich ein Tor :D Auch wenn es mehr am „zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein“ und nicht an meiner (Achtung Ironie) überragenden Schusstechnik lag, waren natürlich trotzdem alle aus dem Häuschen und wir gewannen letztendlich durch das Elfmeterschiessen. (Wenn hier ein Spiel unentschieden ausgeht, werden immer Elfmeter, tsch. „penalty“ geschossen). Also ein erfolgreicher Sonntag!
Die nächste Woche lang fand hier die sog. „Zlín Design week“ statt, die von den Design Studenten der Tomaš Bata Universität auf die Beine gestellt wurde. Es waren überall Container aufgestellt, in denen Ausstellungen zu verschiedensten Themen ausgestellt wurden und ausserdem gab es eine Reihe von Workshops. Auch unsere Organisation bot etwas an, wobei wir natürlich fleissig mithalfen. Während am Dienstag zwei Kindergartengruppe zum Basteln kamen, war am Samstag leider tote Hose und wir verbrachten die meiste Zeit damit unsere Workshops selbst zu machen :D Hierbei handelte es sich in erster Linie um zwei Maltechniken: erstens Enkaustik (hatte ich auch schonmal irgendwann davon erzählt), vereinfacht gesagt „Malen“ mit heissem Wachs und zweitens Ebru, eine türkische Technik, bei welcher man mit speziellen Farben auf besonderes Wasser malt und anschliessend das Bild auf Papier überträgt. So war es zumindest für uns eine interessante Erfahrung. Ausserdem war das Wetter hervorragend und so hatten wir in Ruhe Zeit, ein bisschen die Sonne zu geniessen.
Am Sonntag verbrachte ich meinen Vormittag auf dem Marktplatz, da aufgrund der Feier des 1. Mai einige traditionellen Vorführungen auf der Bühne stattfanden. Es war voller Leute und herrschte eine sehr positive und angenehme Atmosphäre, wenn auch die Wolken der Sonne kaum die Chance liessen, ganz hervorzukommen. Natürlich gab es auch traditionelles Essen und ich entschied mich, Halušky zu essen (Kartoffelnnocken mit Sauerkraut, Speck und Zwiebeln). Eine halbe Portion zu bestellen, stellte sich dann mal wieder als etwas kompliziert heraus, aber wie das so ist, findet man immer Leute die einem helfen :D So sprang der Mann hinter mir direkt ein, da er sehr gut Englisch sprach und so unterhielten wir uns noch ein wenig. Diese Art und Weise mit Anderen ins Gespräch zu kommen, ist einfach immer wieder aufs Neue interessant und es ist schön zu sehen, wie hilfsbereit die Leute sind. Auf jedenfall etwas, was ich aus meiner Zeit mitgenommen habe!!
Den ganzen Montag fand im Park das berühmte „Majales“ statt. Hierbei handelt es sich um ein Studentenfestival, das in ganz Tschechien im Mai gefeiert wird. Es gab ein breit gefächertes kulturelles Bühnenprogramm und da am Abend eine Band spielte, deren Frontfrau aus Spanien kommt, durften Lucia und ich selbstverständlich nicht fehlen. „United flavour“ nannte sie sich und der Stil ging in Richtumg Reggae. Auch wenn Viele anfangs noch zweifelten, hatte die Band mit ihrer energetischen Art schnell das Publikum auf ihrer Seite und sorgte (vor allem natürlich die Sängerin, die die Musik einfach im Blut hatte) für eine super ausgelassene Stimmung. Lucia übersetzte mir dann hin und wieder auch die ein oder andere Zeile von den Lyrics, die übrigens sehr durchdacht waren und kritische Themen ansprachen (nur wohl leider von den Wenigsten auf dem Platz verstanden wurden), aber die Refrains waren überwiegend auf Englisch und so konnte man zumindest das Kernthema der Lieder erfassen.
Das waren so die Dinge, mit denen ich in den vergangenen Wochen meine Zeit hier verbracht habe... und nun liegen tatsächlich schon die letzten 2 Monate vor mir!! Da kommen dann neben der Vorfreude auf zu Hause auch so langsam zum ersten Mal die Gedanken, was man hier alles zurücklassen muss - aber das ist das Leben.
Für eine Infoveranstaltung bezüglich des EFD haben wir übrigens mit Petr, einem unserer Mitarbeiter, ein kurzes Video über unseren Alltag als Freiwillige hier gedreht. Also wen es interessiert, der kann gerne mal reinschauen: https://www.youtube.com/watch?v=23DDLdATEV8