Wo ist die Menschlichkeit geblieben?
Die dänische Integrationsministerin schockt mit der Forderung asylbeantragenden Flüchtlingen in Dänemark ihren Schmuck abzunehmen. Aus Angst vor mehr Asylanträgen führt die dänische Regierung vorläufige Grenzkontrollen ein. Die Kommentarleisten Facebooks werden zu einem Getümmel rassistischer Hetze.
Wer keine gültigen Papiere bei sich trägt kann seit Montag nicht mehr in Schweden einreisen. Mit den Passkontrollen will das, eigentlich so liberale Land, erstmals konsequent gegen die Einwanderung von Flüchtlingen vorgehen. Gerade für viele flüchtende Syrer war Schweden das Wunschziel gewesen, schließlich bekommen sie dort automatisch eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung und können so leichter ihre Familien nachholen.
Dänemarks Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen reagierte verärgert auf die Grenzkontrollen. Da er befürchtet, dass die von Schweden abgewiesenen Flüchtlinge jetzt in Dänemark bleiben könnten, führte er am Montag für die folgenden zehn Tage stichprobenartige Passkontrollen an der deutsch-dänischen Grenze ein. Bereits in seiner Neujahrsansprache versicherte er den Bürgern Dänemarks, dass man Ruhe und Ordnung im Land wolle, statt wieder Flüchtlinge entlang der Autobahnen gehen zu sehen. Dass Ruhe und Ordnung auch die Faktoren sind, nach denen sich die aus Kriegsgebieten flüchtenden Menschen sehen, scheint jedoch niemand zu bedenken.
Trotz der Dreistigkeit mit welcher viele Politiker in Europa versuchen das „Flüchtlingsproblem“ zu lösen, hielt ich die Forderung der dänischen Integrationsministerin, Asylbewerbern in Dänemark ihre Wertgegenstände abzunehmen, anfangs für einen schlechten Scherz. Tatsächlich hatte Inger Sojberg aber genau das gefordert. Mit dieser Maßnahme könne man versuchen die anfallenden Kosten der Versorgung zu decken. Dass ein so reiches Land wie Dänemark, welches sogar seine Studenten für das Studieren bezahlt, über einen solchen Vorschlag berät, scheint mir unbegreiflich.
Ein Bericht der Washington Post über die Forderung der Integrationsministerin, löste international Proteste aus. Der Journalist war darauf eingegangen, dass gerade in Europa das Konfiszieren des Schmucks flüchtender Menschen Erinnerungen an den Holocaust wecken könnten. Dänische Politiker wehrten sich daraufhin öffentlich gegen den Vergleich mit Nazis. Ministerpräsident Løkke Rasmussen kritisierte die Medien für das falsche Bild, dass so von Dänemark entstünde. Viele Amerikaner würden einfach nicht verstehen wie großzügig der dänische Sozialstaat sei. Wer jedoch die hohen Sozialleistungen beziehen wolle, müsse nunmal, wenn es ihm denn möglich war, auch dafür gezahlt haben. Auch die die Integrationsministerin verwies auf die kostenfreie Bildung, Krankenversicherung sowie den Dänischkurs. Allen Menschen mit Aufenthaltserlaubnis in Dänemark steht dies automatisch zu.
Ob die Passkontrollen an der deutsch-dänischen Grenze noch verlängert oder doch abgebrochen werden, ist noch ungewiss. Der schleswigholsteinische Ministerpräsident Thorsten Albig äußerte sich bestürzt über eine möglichen Beeinträchtigung der guten Zusammenarbeit an der Grenze und die Belastung für Pendler. Auch die Helfer von „Refugees Welcome“ am flensburger Bahnhof reagierten mit Unverständnis. Auf der Facebookseite schrieben sie: „Mit diesen Maßnahmen wird teure Symbolpolitik auf dem Rücken von hilfsbedürftigen Menschen ausgetragen. (…) Das Boot ist nicht voll, wir müssen einfach nur zusammenrücken!“.
Die Kommentare unter dem obergenannten Post der „Refugees Welcome - Flensburg“ Seite sind mehrheitlich von Menschen verfasst, die die Ansicht der Helfer vom Bahnhof nicht teilen. Neben sachlichen Anmerkungen und Kritik finden sich in den letzten Tagen aber vermehrt auch Fremdenhass und rassistische Hetzte in den Kommentarleisten fast aller Posts zum Thema Flüchtlinge. Gerade die Vorfälle der Silvesternacht am Kölner Bahnhof, wo "dem Aussehen nach aus dem arabischen oder nordafrikanischen Raum stammende", Männer Frauen umzingelten, beschimpften, bedrängten und ausgeraubten, werden von vielen Verfassern solcher Kommentare als das Paradebeispiel gegen die Aufnahme von Flüchtlingen genutzt. Wie die meisten seriösen Facebookseiten, behält sich auch „Refugees Welcome - Flensburg“ das Recht vor rassistische und beleidigende Kommentare zu löschen.