Wie kann ein Mensch so viel erleben?
Eine Zusammenfassung der letzten Wochen - und warum Weihnachten einen bitteren Beigeschmack hat.
Hallo allerseits,
der November war ein ereignisreicher Monat. Und neben Weihnachten steht auch eine Konferenz in Danzig vor der Tür. Yay :)
Das erste Wochenende fing schon gut an. Am Freitag wurde in Lynn die „Bonfire-Night“ mit Lagerfeuer, Feuerwerk und Kirmesstimmung gefeiert. Grund dafür? Ein Typ namens Guy Fawkes wollte Anfang November im Jahre 1605 das Parliament in London in die Luft jagen. Der Anschlag wurde vereitelt und das wird in England groß gefeiert. Nach dem Feuerwerk ging es in den Pub feiern. Ich war früh zuhause. Also Samstagfrüh.
Samstag sind Marie und ich dann in die kleine Nachbarstadt Wisbech gefahren. Wisbech ist klein und etwas heruntergekommen, aber doch mit Charme. Die Kirche war süß und wir haben ein kleines Smiley-Graffiti gefunden. Für einen Nachmittag völlig ausreichend.
Am Sonntag fuhr ich dann nach London. Nach ein bisschen Sightseeing und sich rumtreiben lassen vom Flow der Stadt brauchte ich Kultur. Zum Glück ist es von Covent Garden nicht weit bis zur National Gallery, welche auch einige Glanzstücke meines all time favourite artist Vincent Van Gogh beherbergt. Ohne jetzt emotional zu werden, als ich vor den Sonnenblumen stand, musste ich ein paar Tränen verdrücken. Mein weinendes und gleichzeitig überglückliches Ich fand schließlich den Ausgang und mein Timing schien perfekt. Gerade fing eine Gruppe von Streetperfomern an, eine Show direkt vor der National Gallery zu spielen. Die Jungs waren echt gut und bauten sogar eine kleine Rede über Zusammenhalt, Liebe und Respekt ein. Bevor die Show zu Ende war, war mir klar, ich will ein Foto mit denen. Also, gesagt, getan. Während wir das Foto machten, schrie einer der Typen, Jonathan: „it’s street art, baby!“ Er kam kurz danach zu mir und meinte, ich solle ihm das Foto doch auf instagram schicken, nicht häufig habe man Zuschauer, die mal eben einen Spagat hinlegen. Wir haben uns noch kurz unterhalten bis ich mich weiter auf den Weg machte, drei Freunde zu treffen. Ricardo und Andres aus Kolumbien und Annika aus Münster (Hallo an die neue Freundschaft, die eine Chance hat zu überstehen, weil die besagte Person nicht aus Kolumbien oder dem tiefsten Österreich kommt.) hatte ich alle im Oktober auf dem Volunteers Day getroffen. Den Tag ließen wir im Pub ausklingen und ohne es eigentlich zu wollen, saß ich im letzten Zug zurück nach Lynn.
Die Woche verlief ereignislos vor sich hin und wartete nur auf das nächste Wochenende.
Das zweite Wochenende war ein entspanntes. Freunde treffen hier, Pub da. Laura und Marie sind unglaublich talentiert, wenn es um Musik geht. Während Laura Gitarre spielt, singen die Beiden die schönsten Lieder. Mit meiner leider völlig verkümmerten Singstimme habe ich die Taktik entwickelt, nur so laut zu singen, dass nur ich mich höre. Vielleicht merken Andere: „Oh, da ist ja noch eine Stimme“, aber ich singe so leise, dass es keinem bewusst auffällt. Bis jetzt klappt es ganz gut…
Wahrscheinlich haben es einige schon bemerkt, ich erzähle viel von Wochenenden. Das liegt daran, dass die Werktage aus Arbeit, Einkaufen, Gym, in der anderen Flat entspannen und Netflix bestehen. Nicht unbedingt erwähnenswert, aber unbeschreiblich stressfrei. Es ist schön, mal nichts zu tun und keine Termine auf dem Kalender stehen zu haben, zu den man rennen muss. Darum, weiter geht’s mit dem letzten Wochenende im November.
Der Freitag stand im Zeichen der albanischen Unabhängigkeit. Sediola, eine albanische Freiwillige aus der anderen Flat, hatte eine Party geplant. Es gab albanisches Essen als Fingerfood, eine riesige albanische Flagge und einen Dresscode, schwarz und rot. Außer uns Freiwilligen aus Kings Lynn kamen auch noch Claudio aus Norwich und Ricardo aus London dazu. Das Wohnzimmer war mit 10 Leuten voll. Es wurde Salsa getanzt, Lieder gesungen, Polaroids gemacht und viel gegessen. Viel zu schnell ging der Abend rum und ich lag in meinem Bett in Vorfreunde auf den nächsten Tag.
Denn der nächste Tag führte mich nach London. Oh Wunder! Ich hatte Tickets für eine Backstage-Tour im Royal Opera House, einen Weihnachtsauftrag auszuführen und eine Schlafmöglichkeit bei Annika. Die Backstage-Tour war der Wahnsinn. Wir durften im Theater sitzen und bei den Proben für die Oper „Carmen“ zuschauen, haben uns die Kostümschneiderei und die Schuhlager angeguckt und durften sogar durch den Ruhebereich der Tänzer gehen. Für alle Oper- und Ballettfans definitiv zu empfehlen. Nach der Tour lief also eine verzauberte Emma durch London, um einen Weihnachtsauftrag auszuführen. Nachdem dieser erfolgreich erledigt wurde, habe ich mich mit Annika getroffen. Annika lebt in London in einem Studentenheim und unterstützt Studenten mit Behinderungen. Den restlichen Tag verbrachten wir mit Tee und Netflix im Bett. Im Foodcourt „Flat Iron Square“ im Bankside-Viertel (definitiv zu empfehlen) haben wir uns mit ihren Freunden zum Abendessen getroffen, eine gemischte Gruppe von Erstsemstern aus der ganzen Welt und mit den unterschiedlichsten Geschichten. Nach einem einigermaßen zufriedenstellenden, aber überteuerten Glühwein holten wir uns beim Tesco Snacks und Wein. Der Plan? Bridget Jones mit dem Beamer im Fernsehraum des Studentenwohnheimes zu gucken. Während des Film rief Grace, eine Geschichtsstudentin mit Weinglas in der Hand, immer wieder „Wow, that’s so me!“ und Dylan und Elena, Politikstudenten, erklärten uns warum die ‘Bridget Jones-Ära‘ Colin Firths beste Zeit war („Omg, his hair was so good and look at those non-existing wrinkles. I swear he is british royalty.“). Es war also ein gelungener Tag. Für Sonntag hatten Annika und ich geplant, in ein Museum zu gehen, dass wir beide noch nicht kannten. Die Wahl fiel aufs British Museum. Nachdem wir drei Stunden lang über die Ägypter vor Christus und den Europäern in der Neuzeit gelernt hatten, lag uns Soho zu den Füßen. Das Ausgeh-Viertel Londons geprägt von Vintage-Shops, Chinatown und unzähligen Pubs ist im Dunkeln das reinste Spektakel. Über der Carnaby Street hängen leuchtende Neon-Schilder mit Lyrics von Queen’s Bohemian Rhapsody und in den Nebenstraßen zeigen sich passend zu Weihnachtszeit Neonschilder mit der Aufschrift „So-ho-ho-ho“. Außerdem haben wir den "Choose Love"-Store in Soho gefunden. Mal wieder ging der Tag viel zu schnell rum und ich befand mich erneut im letzten Zug nach Hause.
London hat etwas an sich, ich weiß nicht, was es ist und warum es da ist, aber jedes Mal wenn ich in London bin, habe ich ein unendliches Glücksgefühl. Die Kunst, die Kultur, die Läden, die Menschen, oder auch alles zusammen. London macht mich einfach glücklich und ich verliebe mich jedes Mal ein bisschen mehr.
Die nächsten Wochen werden nicht weniger aufregend. In 5 Stunden fahre ich zum Flughafen in Luton und Sonntagmorgen fliege ich mit Tom aus dem Büro und noch weiteren Freiwilligen von Volunteering Matters nach Danzig zur „European Conference: Solidarity in challenging times“. Es geht um die Rolle der Jugend, des Freiwilligendienstes und der Mobilität in einem inklusiven Europa. Wir nehmen Sonntagabend an der „European Citizenship Awards 2018 Gala“ teil (und nein, ich bin natürlich nicht extra dafür diesen Dienstag direkt nach der Arbeit nach Cambridge gefahren um ein passendes Outfit zukaufen, hust, hust). Tom leitet Montag mit einer anderen Volunteer Managerin einen Workshop über „Standing together: the benefits of cross-border volunteering“. Ich werde mit zwei anderen Freiwilligen den Workshop mit Erzählungen von unseren Erfahrungen und Erlebnissen hier in England begleiten. Ein wenig Sightseeing ist auch geplant, aber viel Zeit bleibt dafür nicht. Dienstagabend geht es zurück zum Luton Airport und Mittwoch fahren wir dann zurück nach Hause. Wer mehr über die Konferenz erfahren möchte oder meinen Namen offiziell auf dem Programm lesen möchte: https://www.eventbrite.co.uk/e/solidarity-in-challenging-times-the-role-of-youth-volunteering-and-mobility-in-building-an-tickets-50898878917
Nächstes Wochenende kommt eine neue Freiwillige aus Österreich. Drei von uns sind am Ende ihres ESFs und fliegen an Weihnachten zurück nach Hause. Der bittere Beigeschmack. Ich freue mich unglaublich auf Weihnachten und darauf meine Familie und Freunde wiederzusehen, mir die Feuershow auf dem Weihnachtsmarkt anzuschauen und mal anständigen Glühwein zu trinken, aber der Fakt, dass drei meiner Freunde hier nach Hause fliegen und ich sie vorerst nicht sehen werde, dämpft diese Vorfreude ein wenig. Bevor wir aber alle an Weihnachten unsere Wege nach Hause oder in den Urlaub finden, habe ich für die vorletzte Woche ein Gemeinschaftsbacken organisiert. Wir bereiten uns auf Weihnachten vor, zelebrieren unsere Zeit hier und machen ein letztes Mal etwas gemeinsam in dieser Konstellation. In der gleichen Woche findet auch die Volunteering Matters Christmas Party statt mit allen Mitarbeitern, Freiwilligen und Service usern. Ich glaube es wird ziemlich chaotisch und laut, aber auch echt lustig. Im Januar kommen dann zwei weitere neue Freiwillige, die die beiden freien Stellen besetzen. Also full house ist wieder angesagt. :)
Spannende Zeiten stehen an im letzten Kapitel von 2018. Ich wünsche euch allen eine schöne Adventszeit und liebe Grüße aus einem verregneten Kings Lynn,
Emma
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