Wie der Muskelkater mein Leben erobert
Auch wenn die Überschrift nur wenig mit dem Text zu tun hat, müsst ihr euch vorstellen wie der Muskelkater sich wie ein roter Faden durch meinen gesamten Aufenthalt zieht, obwohl er nur selten erwähnt wird. Der Muskelkater ist hier zum Dingsymbol meinens Freiwilligendienstes geworden und gehört genauso zum Alltag wie Zähneputzen oder Kaffee trinken.
Donnerstag, 17. Oktober 2013
Nach 7 Wochen in Frankreich bin ich endlich angekommen. Vielleicht habe ich das vorher auch schon gedacht und vielleicht werde ich es in ein paar Wochen nochmal denken, aber trotzdem beginnt gerade eine neue Phase. Die Erste-Wochen-Euphorie ist vorbei und das Leben nimmt wieder gewohnte Züge an. Das heißt nicht, dass ich die Dinge nicht mehr positiv sehe, oder es mir nicht gut geht, sondern vielmehr, dass der Eiffelturm plötzlich zur normalsten Sache der Welt geworden ist und ich mir allmählich die Namen meiner vielen Zirkuskinder merken kann. Natürlich ist da immer noch diese riesige, aufregende Stadt die mir zu Füßen liegt, mit ihren tausend Attraktionen und den vielen Lichtern in der Nacht. Aber daneben gibt es auch mein Zimmer, die gemeinsamen Abende im Gemeinschaftsraum, den Zirkus, den Supermarkt um die Ecke, das Training und eine Hand voll Leute, die ich in ein paar Monaten vielleicht als meine Freunde bezeichnen werde - ein mehr oder weniger strukturierter Tagesablauf mit Aussicht auf ein verlängertes Wochenende Anfang November.
Vorgestern Abend war ich mit ein paar Leuten aus dem Haus (wie immer als einziges Mädchen) beim Qualifizierungsspiel Frankreich - Finnland für die Fußball EM 2014. Ergebnis: 3-0 für Frankreich (natürlich). Tatsache ist aber, dass man mir meine Rolle als Französin dann doch nicht so abgenommen hat, nachdem ich beim 1. Tor nicht rechtzeitig zum Jubeln aufgesprungen bin.
Das fast tägliche Training macht sich vorallem hinsichtlich meiner akrobatischen Fähigkeiten inzwischen echt bemerkbar. Wenn ich am Anfang noch bei den vielen Liegestützen und Sit-ups geschwächelt habe, oder neidisch die gut gedehnten Kinder links und recht beäugt habe, so fällt mir das mit der Zeit doch immer leichter. Auch wenn ich 7 Tage die Woche jedes einzelne Körperteil spüre, und abends todmüde ins Bett falle, bereue ich keine Sekunde hier zu sein!
Erwähnenswert sind auch meine Französischkurse, die diese Woche endlich angefangen haben. Ich habe es tatsächlich geschafft 10 Stunden Französischunterricht pro Woche rauszuhauen und dafür meine Stunden im Büro zu canceln. Das wird sich aber in der nächsten Zeit, aufgrund ein paar zusätzlicher Kurse wohl nochmal verändern. Einen Großteil der Zeit habe ich mit recht einfachen Grammatikübungen verbracht, die dann am Ende zusammen mit einem Lehrer durchgesprochen wurden. Das Überraschendste aber war der Kurs von heute Vormittag: mündliches Ausdrucksvermögen. Was ich erwartet habe, war eine Gruppe von Ausländern, die sich unter Anleitung über verschiedene Themen austauscht. Was ich nicht erwartet habe, war eine Gruppe Franzosen im Alter von 20 bis 50 Jahren, die Angst vor Bewerbungsgesprächen haben, Hilfe bei Vorträgen brauchen oder von ihrer Dienststelle für den Kurs verpflichtet wurden. Ich habe mich zwar ein wenig fehl am Platz gefühlt, aber Bewerbungstraining auf Französisch ist auch eine gute Sache und Debatten über aktuelle politische Themen sind nicht nur gut für mein Vokabular, sondern auch für meine Allgemeinbildung. Also was sollte ich mehr wollen?
Um nicht ganz so seriös zu enden, noch ein paar sehr essentielle Details, die ich thematisch leider nicht einordnen konnte:
Meine Pflanze, von der ich immer noch nicht weiß wie sie heißt, ist aufgrund eines unkontrollierten Jonglierunfalls inzwischen Querschnittsgelähmt und meine weiße Wand ist aufgrund der vielen missglückten Nageleinschlagsversuche nicht nur von lauter kleinen Löchern dekoriert, sondern auch von schwarzen Fußabdrücken.
Mysteriös.
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