What goes around comes around – und was kommt jetzt dabei rum?
Filled BFD-Time! Ein Plädoyer für eine Leistung, die eigentlich kein Plädoyer braucht.
Zweifeln wir doch mal an, dass sich jemand ausschließlich aus Selbstlosigkeit dazu entscheidet, den sozialen Dienst anzutreten. Ohne Weiteres ließe sich ein Diversitäten-Kabinett aus Beweggründen eröffnen. Nicht jedem Heranwachsenden wird zum Beispiel der Job-Fahrplan mit der Schultüte zusammen in die Hand gedrückt. Immer häufiger braucht es, bei der Vielfalt der Ausbildungsangebote, die Möglichkeit einer längeren Orientierungsphase ergänzt um die Chance sich auszuprobieren und einzubringen. Wem das Ergebnis des Eignungstests im Beruf-Orientierungs-Unterricht nicht suggerierte „Krankenschwester“ oder „Sozial-Arbeiter“ zu werden, denkt über dieses Berufsfeld vielleicht auch erst mal nicht unbedingt als Entwicklungsmöglichkeit nach.
Was verdeutlicht also, unabhängig von persönlicher Motivation, dass die freiwillige Arbeit im sozialen Bereich eine „filled time“ ist, da sie sowohl für den Dienstleistenden als auch für die Gesellschaft ein Zugewinn ist?
Wer ambitioniert aber unentschlossen auf der Suche nach einem Ziel ist, dem sind früher oder später Abkürzungen wie „BFD“,“ FSJ“ und „FÖJ“ geläufig. Die Thematik ist keine Unbekannte und, wenn man will, schnell zusammengefasst: für ein Taschengeld vom sozialen Träger arbeiten die Freiwilligen, gegebenenfalls auch in Nacht- und Wochenend-Schichten. Man greift hilfsbedürftigen Mitmenschen unter die Arme, „leistet einen Beitrag für die Gesellschaft“, bekommt dafür ein Zertifikat und wenn‘s gut läuft auch noch Dankbarkeit und Anerkennung.
Ok, das ist karmisch schon mal eine feine Sache. Was aber, wenn jungen Menschen an mehr gelegen ist, als ausschließlich an der Entfaltung ihres Karmas? Vorangegangene Schnell-Zusammenfassung kann an dieser Stelle getrost nochmal auseinander genommen und genauer betrachtet werden.
Maximal 336,00 Euro werden Monat für Monat mindestens sechs, maximal 18 bis 24 Mal auf dem eigenen Konto verbucht. In Anbetracht dessen, dass der Einsatz in einer sozialen Einrichtung, wie z. B. einem Krankenhaus, meistens keine Ponyhof-Ferien ist, erscheint dieser Deal finanziell nicht gerade reizvoll. Jedoch ermöglichen ein studentischer Nebenjob oder eine Ausbildungsvergütung zunächst auch noch keine großen Sprünge.
„Ein Studium dauert ja schon lange, dann steige ich ja noch später ins Berufsleben ein.“ Nachzurechnen ist vollkommen berechtigt, denn der freiwillige Dienst ersetzt sicherlich keine konkrete berufliche Qualifikation. Der Vorteil ist jedoch, sich noch nicht festlegen zu müssen und trotzdem schon mitten im Job zu sein. Freier von Leistungsdruck, macht sich jeder Partizipant mit seinen Kollegen und Vorgesetzten bekannt und wird nach und nach Teil der internen Strukturen. Als Freiwilliger übernimmt man Verantwortung, gewöhnt sich an längere Aufmerksamkeitspannen bei körperlicher und geistiger Arbeit und findet praktische Lösungen für Probleme.
Und Probleme wird es auf jeden Fall geben! Wo Hilfe gebraucht wird, liegen Freud und Leid häufig sehr nah beieinander. Individuen unterschiedlichster Couleur konfrontieren einen mit den verschiedensten Themen zwischenmenschlicher und gegebenenfalls auch medizinischer Natur. Situationen, die einen, mal mehr, mal weniger handlungsfähig da stehen lassen und den vielbesagten „Ernst des Lebens“ erlebbar machen. Wer sich Hilfsbedürftigen annimmt, setzt sich auch einer hohen mentalen Belastung aus. Freundliche, ältere Damen im Hemdchen, die einem zwinkernd Süßigkeiten zustecken, gehören ebenso zum Alltag, wie Mitmenschen, denen selbst zum Zwinkern jede Kraft fehlt. Unangenehme, schwierige Situationen, die Kräfte zehrend sind, wechseln sich ab mit erfüllenden, dankbaren Momenten, die auf keinem Kursplan auftauchen.
Der angehende Master of Business Administration mag bei seiner Kosten-Leistungsrechnung wohlmöglich einen wichtigen Aspekt übersehen haben, als er sich aus Effektivitätsgründen gleich ins Studium stürzte. Unternehmen, als Arbeitgeber, achten heutzutage verstärkt auf soziale Qualifikation und Kompetenz. Einen unbequemen Weg zu wählen, sich für eine Sache und Andere einzusetzen, Taktgefühl zu zeigen und sich dabei selbst zurückzunehmen, zeugt von Profil. Wer es geschafft hat, sich etwas zu erarbeiten, in einer Situation, die erhöhter mentaler Stress bedeutet und zwischenmenschliche Umsicht erfordert, der ist gesellschaftlich häufig auch den hohen Anforderungen der Wirtschaftsunternehmen gewachsen und, bei entsprechender beruflicher Qualifikation, nicht uninteressant für potenzielle Arbeitgeber.
Selbstlosigkeit, Kalkül oder Planlosigkeit? Es spielt im Endeffekt keine Rolle warum sich jemand für den Bundes Freiwilligen Dienst entscheidet. Viel wesentlicher ist das Bewusstsein darüber, dass für jeden Teilnehmer mehr rumkommt, als nur ein Zertifikat.
Sich nicht an einen vorgezeichneten Weg zu klammern wie damals an die von Oma liebevoll befüllte Schultüte, stellt also absolut keinen Nachteil dar. Und die zwinkernde ältere Dame mit dem Naschwerk, könnte einem sehr wohl nochmal bekannt vorkommen.
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