Wenn Malta wählt, steht die Insel Kopf
In Malta tritt nach 25 Jahren ein Machtwechsel ein. Die Wahlen versetzen die Insel in einen Ausnahmezustand.
Am Samstag den 9. März waren hier in Malta die Wahlen für ein neues Parlament. Schon Wochen vorher gab es auf der ganzen Insel verteilt Veranstaltungen, bei denen die Parteien ihre Wahlprogramme vorgestellt haben. Je nach Partei war bei einem solchen Treffen dann die halbe Insel vertreten. Diese sogenannten „mass–meetings“ sahen für mich und meine Mitbewohner eher wie riesige Partys aus. Ein Meer von Menschen, mit lauter Musik, Fahnen, Alkohol und zwischen all dem hält dann einer der Kandidaten eine Rede, die immer wieder von dem Grölen der Menge bestätigt wird. Da alles auf Maltesisch ablief, hat das auf uns einen ziemlich verrückten Eindruck gemacht.
Einmal hatten wir ein solches mass-meeting genau vor unserer Wohnung auf dem Marktplatz in Birgu. Den ganzen Tag laute Discomusik und eigentlich hatten wir gar keine Chance aus unserer Wohnung rauszukommen, da die Menge direkt vor unserer Türe stand und diese blockiert hat. In den Zimmern, die nicht direkt auf den Marktplatz raus gehen, konnte man sich wenigstens normal unterhalten.
Um das ganzen ein bisschen zu verdeutlichen, hier ein Video des Spektakels: http://www.youtube.com/watch?v=vHyW71Avdo4
In Malta ist nun seit 25 Jahren fast durchgehend die Nationalistische Partei an der Macht. Der Machtwechsel zur oppositionellen Labour-Partei war also zu erwarten. In Umfragen lag diese Blaue Partei mehr als 11 Prozentpunkte vor den regierenden Roten.
In dem kleinsten EU-Mitgliedsland ist die Wahlbeteiligung sehr hoch. Wie auch bei den vorherigen Wahlen im Jahre 2008 lag die Wahlbeteiligung bei 93%. Am Wahltag bildeten sich lange Schlangen vor den Wahllokalen. Laut den örtlichen Medien hatte die Hälfte der Wahlberechtigten bereits am Nachmittag ihre Stimme abgegeben. Interessant ist, dass der Süden Maltas hauptsächlich die Labour- Partei und der Norden hauptsächlich die Nationalistische Partei gewählt hat.
Der Samstag verlief dann recht ruhig. Die Wähler waren zu Hause und haben gespannt auf die Ergebnisse gewartet, die dann am schon Sonntagmittag bekannt gegeben wurden. Das Ergebnis bestätigt den erwarteten Machtwechsel. Die oppositionelle Labour-Partei lag mit 55% eindeutig vor der Nationalistischen Partei mit 44%. Was in Maltas jüngster politischer Geschichte die eindeutigste Mehrheit bedeutet. Der Ex Ministerpräsident Lawrence Gonzi wird somit nun von Joseph Muscat abgelöst.
Auf die Frage, was sie von den Wahlergebnissen halten, habe ich von den meisten Maltesern die Antwort erhalten, dass es ja Zeit für einen Wechsel war. Aber auch die Aussage: „Man wählt halt das geringste Übel“ hörte ich häufig. Der neue Ministerpräsident Joseph Muscat verspricht viele Veränderungen, wie zum Beispiel geringere Energiepreise, welche in Malta wirklich sehr hoch sind. Doch von einigen werden diese Versprechen kritisch betrachtet. „Sie sind einfach nicht wirklich realistisch“ und „Ich bin ja mal gespannt, wie der das anstellen möchte“ sind die Kommentare.
Ab der Bekanntgabe der Wahlergebnisse verwandelte sich vor allem der Süden Maltas in eine riesige Partymeile. Überall waren Menschen in roter Kleidung und mit Plakaten, Fahnen und bedruckten T-Shirts am Feiern. Ganze LKWs wurden zu Feier-Trucks umfunktioniert. Ab und zu war mal ein frustrierter Anhänger der Gegenpartei zu sehen. Es gab jedoch erstaunlich wenig Krawall. Dennoch haben die meisten Menschen hier Angst vor Krawallen. Das ist auch ein Grund, weshalb die meisten Läden am Montag geschlossen waren und die Eltern freie Wahl hatten, ihre Kinder in die Schule zu schicken. Mir wurde erzählt, dass es wohl in der Vergangenheit des Öfteren zu heftigen Auseinandersetzungen am nächsten Tag kam.
Da am Montag dann der Großteil der Bevölkerung frei hatte, wurde an diesem Tag wieder gefeiert. Nicht ganz so heftig wie am Sonntag, aber dennoch hatten wir wieder laute Musik und einige fröhliche Anhänger der Gewinner Partei vor unserer Haustüre.
Uns erinnerte die ganze „Feierei“ eher an ein gewonnenes Fußballspiel in der Weltmeisterschaft.
Jetzt ist Malta wieder ruhiger und abgesehen von ein paar Roten Fahnen und Plakaten lässt nichts mehr das aufregende Wochenende erahnen. Nun wird gespannt abgewartet, was unter der Labour-Partei passiert.