Wenn Heimat das ist was du in dir traegst
Es hat lange gedauert bis ich gelernt habe: Ich schaffe mir eine Heimat die ich in mir trage. Und ganz egal wo ich hingehe, sie kommt mit
Was faellt mir zu dem Thema ‚Fremd in Europa‘ ein? Nun ja, meine eigene Lebensgeschichte:
Jahre lang habe ich versucht mich anzupassen und doch habe ich nie richtig dazugehoert. Als Kind einer Siebenbuerger Deutschen und eines Ungarn wurde ich in Rumaenien geboren. Dennoch habe ich mich nie als Rumaenin gefuehlt, schliesslich hatte ich mit den Leuten des Landes nichts gemeinsam ausser der Tatsache, dass wir im gleichen Land geboren worden waren. Selbst die Sprache war anders. Als sich meine Eltern dann entschieden nach Deutschland zu kommen um mir eine bessere Schulbildung und mehr Zukunftsperspektiven zu ermoeglichen, haette ich Zuhause angekommen sein muessen, schliesslich sprachen wir jetzt alle die gleiche Sprache und teilten eine Kultur (natuerlich mit kleinen Unterschieden, aber die Bayern und die Berliner zum Beispiel sind ja auch verschieden...).
In der Grundschule war dann auch alles gut aber als ich dann auf das Gymnasium kam hoerte ich immer wieder, dass ich doch keine Deutsche sei. Viele Menschen um mich herum kannten die Geschichte Siebenbuergens gar nicht und wussten nicht, dass es dort auch Deutsche gab. In Ungarn fuehlte ich mich auch nicht heimisch, denn obwohl wir die gleiche Sprache sprachen und unsere Kulturen sehr viel gemeinsam hatten, hatte ich nie dort gelebt und vieles war mir fremd. Die naechsten paar Jahre waren sehr frustrierend, ich fuehlte mich einfach nirgends richtig heimisch und wusste nicht wie ich das jemals sollte ohne meine Herkunft zu verleugnen oder zumindest zu ‚ignorieren‘.
Als ich dann waehrend meines Studiums die Moeglichkeit erhielt ins Ausland (nach Grossbritannien) zu gehen stuerzte ich mich auf meine Chance. Endlich konnte ich in einem Land leben in dem ich tatsaechlich eine Auslaenderin war. Anfangs tat ich mich mit meinem Schulenglisch schwer die Menschen zu verstehen aber schon nach kurzer Zeit hatte ich den Dreh raus und begann das Land zu erkunden. Endlich war es ok wenn mich die Einheimischen als Auslaenderin erkannten, schliesslich war ich hier wirklich eine. Und fuer eine ganze Weile ging dies auch gut und ich fuehlte mich wohl. Deshalb kehrte ich nach meinem Studium zurueck nach Grossbritannien. Aber je laenger ich dort blieb umso besser passte ich mich an und am Ende erkannten viele noch nicht einmal, dass ich keine Britin war. Und da ging das ungute Gefuehl wieder los wenn mich dann doch jemand darauf aufmerksam machte, dass ich keine Einheimische war. Eine Heimat hatte ich also immer noch nicht gefunden... Dafuer aber einen Freund (selber das Kind einer Franzoesin und eines Englaenders und aufgewachsen in Luxemburg und Belgien) der meine Situation nur zu gut nachvollziehen konnte. Wir verstanden die Situation des Anderen einfach viel besser als das Andere, die diesen internationalen Hintergrund nicht haben, jemals gekonnt haetten.
Nun geht es fuer mich bald mit weltwaerts nach Argentinien. Wieder eine Flucht in die Fremde, wo ich Auslaenderin sein darf? Ja, anfangs war das wohl noch so. Das hat sich in den letzten Wochen aber geaendert. Und das Dank einiger Saetze die zu mir gesagt wurden. Bei unserem Vorbereitungsseminar fuer unseren Auslandsaufenthalt sollten wir einen Lebensfluss erstellen der die wichtigen Ereignisse in unserem Leben aufzeigt, die die uns gepraegt haben. Ich erzaehlte meiner Gruppe und unseren Betreuern von meiner Suche nach Heimat und dass ich mich so oft fremd, nicht ganz angekommen, fuehlte. Und dann machte einer unserer Betreuer eine Aussage die alles veraenderte, auf einmal ging mir ein Licht auf. Er sagte naemlich, dass meine Internationalitaet und meine Erfahrungen aus den verschiedenen Laendern meine eigene Kultur seien. Ich konnte mir also meine Heimat in mir selbst erschaffen und ueberallhin mitnehmen.
So hatte ich die ganze Sache noch nie gesehn. Immer wurde mir nur vorgehalten, dass ich Traditionen aus verschiedenen Laendern vermische und mich nicht fuer eine, vor allem die deutsche, entscheiden wuerde. Nun aber verstand ich endlich, dass das nichts Negatives ist, ganz im Gegenteil. Ich schaffe mir eine Heimat die ich in mir trage. Und ganz egal wo ich hingehe, sie kommt mit. Und nun kann ich endlich aus ganzen Herzen sagen was mein Kopf bereits wusste: Ich bin Europaeerin. Und bald ja vielleicht auch Argentin-Europaeerin
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