Wenn ein Land unter dem Meeresspiegel liegt
Wasser fließt unaufhaltsam ins Wohnzimmer und die Straße vor der Haustür sieht aus wie ein See. Ein Bericht von einem Land, dass im Wasser gebaut ist und ständig mit den Folgen davon leben muss.
Es gibt sie überall auf der Welt, Länder oder Inseln, die künstlich errichtet wurden. Dort, wo früher Meer war, ist plötzlich Land und Menschen bauen auf diesem Land. Das berühmteste Beispiel sind die „The Palm“-Inseln in Dubai, aber das älteste Beispiel bleiben die Niederlande. Mehr als ein Viertel liegt unter dem Meeresspiegel und wurde Stück für Stück durch die Jahrhunderte vom Mensch erobert. Leylistad ist eine kleine Stadt im Norden des Landes, die es erst seit 50 Jahren gibt, vorher gab es das Stück Land noch nicht. Städte sowie Leylistad gibt es viele in den Niederlanden und die, die es schon länger gibt, sind von Wasser umgeben und mit Grachten durchzogen.
Die Teile der Niederlande, die unter dem Meeresspiegel liegen, werden nur nicht überflutet, weil mehrere Pumpen durchgängig Wasser aus dem Land ins Meer pumpen. Sollten diese Pumpen für 20 min ausfallen, dann wären all diese Städte überflutet. Ein Fakt, der den Einheimischen keine Angst macht, denn sie vertrauen den Pumpen. Jedoch liegt die letzte große Überflutung nur 50 Jahre zurück, damals wurde Zeeland größtenteils überflutet. Seitdem hat sich einiges geändert, eine Stahldamm wurde gebaut, der im Falle einer Flut, die Flusseinmündung schließen kann, damit kein weiteres Wasser mehr ins Land gedrückt werden kann.
Man sieht also, dass die Niederlande, was die Kontrolle des Wasserstandes im Land betrifft, auf einem sehr hohem technischen Stand arbeitet, aber trotzdem kommt es immer wieder zu lokalen Überflutungen. So auch in den letzten Tagen, denn durch das warme beinahe tropische Wetter der letzten Wochen kam es immer wieder zu heftigen Gewittern und Regenfällen. Dies führte dazu, dass es bis zu 6 Stunden am Stück regnete und so bis zu 110 Liter pro Quadratmeter fielen, das ist mehr als normalerweise in einem ganzen Monat. Die Folgen waren schon nach den ersten 2 Stunden Regen zu sehen, die Gärten standen unter Wasser und auch an den Rändern der Straßen stand das Wasser. Nachdem der Regen stoppte, standen viele Keller unter Wasser und auch einige Wohnzimmer und Dachböden waren betroffen von Überflutungen. Während des Unwetters mussten nämlich einige Pumpen ausgestellt werden, die Grundwasser in große Flüsse pumpen, da die Flüsse schon zu voll gelaufen waren mit Regenwasser und daher kein weiteres Grundwasser aufnehmen konnten. Jeder Fluss und See war voll mit Wasser, bis zum Anschlag.
Vor allem ältere Gebäude litten unter den Wassermassen, denn sie sind nicht gut isoliert und haben meistens sowieso schon Probleme, da sie absacken. Viele alte Häuser in den Niederlanden sacken ab, da sie auf alten Baumstämmen gebaut sind, die schon beginnen zu faulen. Das klingt jetzt erst einmal komisch, aber pro Haus werden bis zu 40 große Baumstämme senkrecht in den Boden gerammt und auf diesen wird dann das Haus gebaut, denn ohne Baumstämme wäre der Untergrund zu weich und unstabil, um Häuser darauf zu bauen. So kam es letzte Woche dazu, dass manch eine alte Bauernhof voll Wasser stand und dass ein Teil des Hauses einen halben Meter tiefer lag, als noch am Tag davor.
Das beachtlichste an dieser Situation ist, dass dies für Niederländer ganz normal ist, denn Häuser laufen hier 4 bis 5 mal pro Jahr voll mit Wasser und dass Straßen kurzzeitig zu großen Seen werden, ist hier auch ganz selbstverständlich. Für Ausländer ist dies unverständlich, aber wenn man unter dem Meeresspiegel wohnt, dann geht man halt ein gewisses Risiko ein und dann wird Wasser zum besten Freund und gleichzeitig zum gefährlichsten Feind.
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