Welcome to Misa!
Durch meinen Umzug nach Misa hat sich mein Auslandsjahr noch einmal von einer ganz anderen Seite gezeigt und auch ich habe eine neue Seite von Lettland entdecken dürfen.
Am Samstag den 03.10.15 um 17.00 Uhr war es endlich so weit. Alle meine Sachen, so wie alles was ich aus dem Haus in Stelpe brauchen würde, war in Kartons gepackt, die nur noch darauf warteten eingeladen zu werden. Ich war einerseits total froh endlich aus dem Haus in Stelpe weg zu kommen, andererseits hatte ich auch ein bisschen Angst nach Misa zu ziehen, weil ich absolut niemanden dort kannte und so auch keine Person hatte, an die ich mich wenden kann, wenn es dann ein Problem gibt. Die ersten Tage in der neuen Wohnung verharrte ich in diesem Zwiespalt. Die Wohnung war super schön, man musste halt erstmal alles putzen, aber an sich war es viel, viel besser als in Stelpe. Aber trotzdem war es noch nicht wirklich ein Rückzugsort für mich, noch kein richtiges zu Hause. Daher habe ich gerade in den ersten Woche meine Freunde und Familie in Deutschland unglaublich vermisst, dazu kam auch noch, dass ich anfangs kaum was zu tun hatte, so dass ich mich noch nicht einmal richtig ablenken konnte. In der ersten Woche arbeitete ich am Montag Nachmittag und am Freitag Nachmittag in dem NVO Center in Misa. Also wieder Kinder und Jugendliche betreuuen. Diesesmal sind wir aber nicht die Verantwortlichen, wie in Stelpe, sondern neben uns, als Helfern ist immer noch eine Mitarbeiterin da, die die Verantwortung trägt. Als wir zum aller ersten mal, 2 Tage nach unserem Umzug, dorthin kamen, wurden wir gleich zu einer der Frauen nach Hause zum Tee trinken eingeladen. Das war an sich eine super nette Geste, aber ich konnte das nicht wirklich genießen, da ich viel lieber wirklich was gemacht hätte als wieder nur rum zu sitzen. Auch beim zweiten mal NVO am Freitag in der gleichen Woche, war unser Start eher holprig. Uns wurde nämlich die Information weiter gegebn, dass wir um 15.00 Uhr dort anfangen sollten. Wir gingen dann davon aus, dass der Centre bis 19.00 Uhr offen hat. Also haben wir uns ein bisschen Programm überlegt, aber an sich war das alles etwas komisch. An einem Punkt, um halb sechs vielleicht, hat die Mitarbeiterin angefangen ganz schrecklich mit den Kindern zu streiten. Auf unsere Nachfrage hin, ob etwas nicht stimmt, nur die Antwort: "No, no. No Problem." als dann nichts mehr los war und die Mitarbeiterin angefangen hat zum dritten mal zu kehren, haben wir nachgefragt, wie lange der Center denn normalerweise offen ist. Die Antwort: "Till four." Wir waren natürlich sehr überrascht, erstens, dass der Center schon seit zwei Stunden geschlossen sein sollte und zweitens, wieso sie uns das um 4 nicht einfach gesagt hat. Naja wie sich heraus stellte, hat der Center Freitags von 12.00 bis 16.00 Uhr geöffnet. Somit lief es anfangs nicht so leicht im Center, auch weil die Arbeitseinstellung, der Mitarbeiterinnen dort nicht wirklich mit unserer übereinstimmt. Als wir ankamen und fragten, ja was macht ihr denn sonst so normalerwiese im Center war die Antwort, naja eigentlich nichts. Und das war die Wahrheit. Die Mitarbeirterin sitzt hinter ihrem Schreibtisch und wartet 4h bis sie wieder zu schließen kann, unterbrochen durch stündliche Raucherpausen und Ermahnungen an die Kinder die sich nicht benehmen. So macht die Arbeit im NVO nicht wirklich Spaß. Aber zum Glück gibt es noch andere Arbeitsfelder. Dienstags komme ich zurück nach Stelpe was immer sehr schön ist. Die Kinder freuen sich total und die Arbeit macht unheimlich Spaß, v.a. weill wir uns auch bei den Lehrern jetzt endlich von dem Bild des faulen, alkoholisierten Freiwilligen loseisen konnten und sie uns jetzt als wirklich nette, arbeitende Mädchen sehen. Außerdem unterrichte ich dienstags abends und donnerstags nachmittags in Vecumnieki Erwachsene in Englisch. Das ist recht schwer, da ich ja nur auf Englisch mit ihnen kommunizieren kann, aber dann darf man eben auch keine Wunder erwarten. Mittowch nachmittags mache ich jetzt ein Englischsprachtraining für Schüler hier an der Schule in Misa und danach Kochunterricht. Anfangs war der Kochunterricht grauenhaft. Ich war noch nie so unmotiviert gewesen diesen Unterricht vorzubereiten und durchzuführen. Das Problem waren die Kinder, die unsere erste Kochstunde besucht haben. Alles kleine Jungs, die gar nicht alt genug zum Kochen sind und auch unglaublich schlecht erzogen. In der zweiten Stunde kamen dann aber auch noch junge Mädels denen das Kochen echt Spaß gemacht hat und außerdem habe ich erfahren, dass die Jungs Hausverbot für den Kochkurs bekommen haben, da sie sich so schlecht benommen hatten. Bald möchte ich auch einen Tanzkurs anbieten, da habe ich ein bisschen Angst davor, weil ich natürlich schon lange tanze und viel getantzt habe, aber noch nie probiert habe das anderen Leuten beizubringen und mir selber Tänze zu überlegen. Ansonsten bin ich immer weeder in der Schule in Misa im Englischunterricht oder als Ersatz, falls mal ein Lehrer eine Stunde nicht unterrichten kann.
In der Schule in Misa wurden wir unglaublich nett aufgenommen und sofort zu einigen Events eingeladen. Letzten Freitag war hier an der Schule ein Basketballtunier, bei dem wir zum zu schauen eingeladen wurden. Basketball ist hier der meist gespielte Sport an der Schule. Das hat glaube ich zwei Gründe. Erstens, weil Basketball im allgemeinen in Lettland sehr beliebt ist und zweitens, weil der Sportlehrer hier in Misa ein totaler Basketballfan ist und nicht sehr an anderen Sportarten interessiert ist. Am gleichen Tag nur einige Stunden später fand dann das Aufnahmeritual für die Zehntklässler statt. Zur Erklärung: In Lettland besteht das Schulsystem aus zwei Schulen. Aus der Pamatskola, das ist die primary school von der ersten bis zur neunten Klasse und der Vidusskola, das ist die secondary school von der 10. bis zur 12. Klasse. Wenn die Schüler jetzt in die zehnte Klasse kommen ist es in Lettland Tradition, dass die Zwölftklässler sich eine Ralley aus Aufgaben ausdenken, die die Zehntklässler überwinden müssen. Das sieht in Realität dann so aus, dass die Zehntklässler zum Beispiel in Säcke mit ekeligem Inhalt, wie zum Beispiel Windeln, fassen müssen und erraten was darin ist. Wer falsch rät, der muss als "Strafe" fünfmal um einen Stock rennen. Andere Aufgebn sind dann z.B. Zwiebeln mit dem Mund aus dem Wasser fischen, sich gegenseitig blind schminken, Flaschen umwerfen, über einen ekeligen Pfad robben usw.. Und der Weg zur nächsten Aufgabe muss dann in bestimmter Weise überbrückt werden, bedeutet: alle in einer Reihe und man muss sich an den Knien des Vordermanns festhalten und während man sich irgendwie fortbewegt, das Schullied so laut wie möglich singen. Alles in allem waren die Aufgaben für alle Zuschauer sehr witzig, für die Teilnehmer nicht immer. Trotzdem war es schön dabei gewesen zu sein. Bis jetzt entwickelt es sich in Misa gut und ich hoffe auf noch sehr viele weitere Momente :)