Wasser marsch!!!!
... und was sich sonst noch so in meiner Wohnung getan hat
Ich stehe in unserer 7m2 Kueche und ploetzlich schiesst Wasser aus dem geoeffneten Schrank unter der Spuele. Es ist kochendheiss, Wasserdampf verteilt sich und das viele Wasser auch. Ich renne zu meinen noch schlafenden Mitbewohnern (um 9:30 (!)), wecke sie und gemeinsam stehen wir, die gerade aus Hotel Mama ausgezogen sind, in der sich mit Wasser fuellenden Kueche. Ich stopfe drei Handtuecher vor meine Tuer um wenigstens mein Hab und Gut zu retten. Verzweifelt rufe ich bei Paula an, doch in der Aufregung versteht sie mein Englisch nicht, hilflos gebe ich mein Handy Natalia. Die Wohnung fuellt sich mit Wasser. Paula weiss auch nicht weiter, Aga geht erst nach 5 min an ihr Handy. Um das Wasser irgendwie zu stoppen, klingele ich beim Nachbarn, der gerade aufgewacht in Unterhose vor mir steht als Pawła mit einer Zange den Warmwasserzufluss abdreht. „Sorry, neighbour, just solved the problem. Sorry for interrupting.“ Zum Glueck habe ich ihn seit dem nicht mehr gesehen.
Den Schock noch im ganzen Koerper habe ich auf der Arbeit angerufen, dass ich spaeter kommen werde. Ich war den Tag sowieso schon nervoes, weil es der Montag vor der Anreise der Rosenheimer Schueler war. Nachdem wir das Wasser aus der Haustuer, und damit ins Treppenhaus bis in den Keller (uuuups), und mit Schuesseln entfernt hatten, wuschen wir unsere Handtuecher. Doch keine zwei Minuten spaeter spritzte wieder Wasser. Also stellten wir auch den Kaltwasserhahn ab und sassen auf dem Trockenen. Nach einem Tipp von Natalias Mutter hatten wir zwei Stunden spaeter immerhin kaltes Wasser im Bad.
Mein Parkett war komplett geflutet, es ist unter den Schrank gelaufen, aber auch unter den Fussboden. Wahrscheinlich wird das anfangen zu gammeln und jetzt befuerchte ich, bald in einem Schimmelloch zu schlafen. Wenn man auf dem Boden liegt, dann riecht es auch schon ein wenig moderig. Deshalb habe ich immer mein Fenster geoeffnet, damit die Feuchtigkeit entweichen kann.
Zwei Monate spaeter…
Ich hatte auch schon einen Text „Einen Monat spaeter…“ geschrieben. Allerdings brauchte ich einen weiteren Monat um zu akzeptieren, das ich den wohl nicht gespeichert hatte.
Was hat sich nun also alles veraendert? Anfang April hat sich meine Vermieterin angekuendigt, dass sie in einer Woche wieder einziehen werde. Sie ist in Warschau nicht gluecklich geworden und hat diese schoene Stadt im Westen Polens zu sehr vermisst. Seit dem 10.April wohnt sie wieder im Zimmer gegenueber. Nachdem ich ganz schnell alles aufgegessen hatte, was ich in den letzten zwei Monaten so nach und nach in dem ihr zustehenden Gefrierfach und Schrank verstaut hatte, fuehlte ich mich dennoch ueberrumpelt von ihrem ploetzlichen Umzug. Denn nach Paula’s Auszug Mitte Februar habe ich nach und nach die fuehrende Rolle in unserer WG uebernommen. Alles hat sich gewissermassen eingependelt, ich akzeptiere ihre Anonymitaet, seinen Rapgesang und andere Gereausche von „Mr.Elephant“ genauso wie ihr muerrisches Gesicht. Alles, was sie abwaschen muessen, lege ich in das Spuelbecken links und sie wissen, ohne dass wir je drueber gesprochen haben (weil sie nichts sagen), dass das ihr Abwasch ist. Dafuer kann ich morgens duschen und die Waesche waschen, auch mal laut Musik hoeren und mitsingen und den fuers Wochenende bestimmten Putzdienst durchaus mal bis Donnerstag hinauszoegern.
Ich hatte ein wenig Angst vor den Wiedereinzug von Aga, denn mit ihr wuerden sich die Verhaeltnisse in der WG wieder aendern. Es ist natuerlich auch enstpannt, nicht der Manager der WG zu sein, aber gleichzeitig muss ich mich wieder unterordnen. Ich traue mich dann einfach nicht so laut Musik zu hoeren und bewege mich insgesamt unauffaelliger in der Wohnung. Obwohl ich jederzeit in ihr Zimmer gehen kann und wir uns freundlich unterhalten. Allerdings ist Aga auch ein Stueck weit anstrengend. Denn ihre Gespreache in der Kueche sind zwar super nett und interessant, aber genau deshalb traue ich mich nicht zu gehen, obwohl ich eigentlich total muede bin und schlafen will. Alles hat eben zwei Seiten.
Am Wochenende nach dem 10. hat Aga im „Impreza“ ihren Geburtstag nachgefeiert. Mit einer Freundin zusammen hatte sie einen Raum inklusive Buffet gemietet. Alles erinnerte mich ein wenig an typisch deutsche, aeltere Lokale, wo man Familienfeiern hat. Ich fuehlte mich gleich wohl. Ich dachte so etwas gebe es gar nicht in Polen. Zum Geburtstag hatte Karolina eine grosse Torte gebacken, ein Bild seht ihr unten. Guten Appetit:D
Zwischen Aga und Paula hatte es ja nach Paulas ploetzlichem Rauswurf aus der WG Anfang Februar gewaltig gekracht. Aga fiel auf einmal auf, dass sie doch ein freies Zimmer in Wrocław haben meochte. Da sie mich und das Paeaerchen schlecht rauswerfen konnte, musste Paula, so gesehen das schwaechste Glied, weichen. Erschwerend hinzu kommt, dass Paula Aga bereits im August gefragt hatte, ob Aga nicht lieber ein freies Zimmer behalten moechte. Doch Aga versicherte Paula, dass sie keines braeuchte und schloss den Vertrag mit Natalia und Pawła ab. Kurze Zeit spaeter wohnte Agata, eine polnische Mitfreiwillige, zur Zeit aus Goerlitz, jedes Wochenende bei uns um einen Guide-Lehrgang in Wrocław zu absolvieren. Kaum ist dieser Lehrgang beendet, zieht Aga ueberraschend wieder ein. All das scheint gut durchgedacht und die Ausrede einfach nur ein Zimmer in Wrocław zu haben, erscheint angesichts dessen unglaubwuerdig.
Ich stehe nun gewissermassen zwischen den Stuehlen. Auf der einen Seite mag ich Aga sehr, auf der anderen Seite habe ich mit Paula das erste halbe Jahr froehlich zusammen gewohnt. Nach ihrem Auszug hatte sich Paula dann jedoch nicht mehr gemeldet. Erst jetzt, nachdem sie zum Gespreach mit Aga in unserer Wohnung vorbeischaute, haben wir uns wieder auf einen Kaffee getroffen. Angeblich hatte sie viel Stress in ihrem Liebesleben… Vielleicht werden wir uns von nun an wieder regelmaessiger treffen. Dennoch zeigen mir ihre Erfahrungen mit Aga, dass man aufpassen sollte, da sie ganz genau berechnet, in wen sie zu ihrem Vorteil investieren muss. Ich befuerchte von ihr ebenfalls um den Finger gewickelt und dann benutzt zu werden.
Diese Sorge jedoch nur kurz, denn nach ihrer Stepvisite hat sich Aga auch schon wieder auf Urlaubsfahrt verabschiedet. Bis Mitte Mai werde ich also wieder mit dem Natalia und Pawła alleine leben, dachte ich. Doch wie schon das ganze Jahr, aendert sich meine Wohnsituation jeden Monat. Im Mai wird in Polen die „Matura“, das Abitur, geschrieben. Da Natalia hoehere Ergebnisse in Mathe, Bio und Chemie erzielen moechte um Medizin zu studieren, ist sie im Mai zu Hause in Schlesien um die Pruefungen abzulegen. Folglich wohne ich seit knapp zwei Wochen mit Pawła alleine. Und siehe da, kaum ist sie nicht da, haben wir einen gemeinsamen Abend in der Kueche verbracht. Er hat versucht Pommes zu machen (das erste Mal in seinem Leben) und ich habe ihm amuesiert zu geschaut. Natalia scheint ihm nicht erklaert zu haben, wie der Ofen angeht und dass man Pommes und Fischstaebchen wenden muss:D
Ich bin sehr erstaunt, dass unsere Wohnung seit Natalias Abwesenheit so sauber ist. Bis dahin dachte ich immer, dass der Dreck an ihm liege, aber dem scheint nicht so sein. Ich koche im Buero und er macht sich, waehrend er mir jedes Mal erklaert, dass es chitty food sei, irgendein Fertigessen warm. Die Kueche ist also sauber, genauso wie das Bad.
Diese Woche wird Aga aus dem Urlaub zurueck kommen, Natalia wird Ende Mai wieder kommen. Karolina wird sicher noch oefter vorbeischauen, denn Goerltitz war schon zu zweit langweilig, aber nun wird Ihre Mitbewohnerin, Agata, Ende Mai ihr FSJ abbrechen, da sie einen Guide-Vertrag mit einem tuerkischen Hotel abgeschlossen hat. Dafuer hatte sie die Guide-Fortbildung absolviert. Wojtek ist sehr wuetend ueber die „unverbindliche“ Jugend. Haette er eher zugehoert, wenn die beiden ueber Probleme klagen, dann waere es nicht zu dieser Umorientierung gekommen. Ein großer Unterschied zu den polnischen Mitfreiwilligen ist eben auch, dass sie schon ihre erste Ausbildung, also immer ein Studium, abgeschlossen haben und sich nun profilieren wollen. Wenn sie an einem Punkt nicht weiterkommen, dann suchen sie sich Alternativen. Voellig verstaendlich (fuer die meisten).
Ende Juni endet das Semester in Polen und Natalia und Pawła werden dann zu 99,99% ausziehen. Sie wollen das und Aga auch. Mal schauen, was sich dann wieder hier aendert.
Viele Gruesse aus Breslau