Was tun gegen die Plastikflut?
Was sind eure ganz alltäglichen Möglichkeiten, weniger Plastik zu verbrauchen? Stimmt es, dass die Politik nichts tut? Ihr meint, euer Handeln macht keinen Unterschied? Antworten auf diese Fragen und konkrete Lösungsvorschläge findet ihr in diesem Beitrag.
Mai 2018. Die EU sagt dem Plastikmüll den Kampf an. Dank des Drucks der Bürger ist das Thema Plastikmüll endlich in der Politik angekommen. 87% der Europäer sind besorgt aufgrund des Plastikmülls, 94% erwarten von der Industrie Verpackungsmaterial zu reduzieren und 89% sehen Bildungsprogramme, wie der eigene Plastikkonsum reduziert werden kann als sehr wichtig an, so eine Umfrage des Eurobarometers.
Die Europäische Kommission hat nun neue Vorschriften erarbeitet, die die Aufmerksamkeit auf die zehn häufigsten Einwegkunststoffprodukte richten. Diese sollen noch vor den Europawahlen vom Europäischen Parlament und dem Rat beschlossen werden. Das Ende von Coffe to go Bechern, Ohrenstäbchen & Co scheint besiegelt. Denn auf diese und ähnliche Gegenstände konzentriert sich die Initiative, sowie verlorene Fischfanggeräte, die als Geisternetze die marine Fauna stören.
Was genau sieht die EU vor?
1) Zunächst sollen einige Produkte komplett verboten werden, wenn sie auch aus umweltfreundlichen Materialien hergestellt werden könnten. Bald werden daher Wattestäbchen, Einwegbesteck, Plastikteller und -becher, Rührstäbchen und Luftballonstäbe aus Kunststoff in unseren Regalen verschwinden.
2) Des Weiteren soll der Gebrauch von Lebensmittelverpackung und Getränkebechern reduziert werden, indem diese nicht mehr kostenfrei angeboten und Alternativen zur Verfügung gestellt werden.
3) Plastik ist nur deswegen so preiswert, weil die Kosten für die Entsorgung nicht im Verkaufspreis enthalten sind. Die Hersteller sollen in Zukunft für die Kosten der Abfallwirtschaft sowie von Umweltsäuberungen aufkommen. So entsteht Druck auf die Industrie, weniger umweltschädliche Verpackungen zu entwickeln. Das betrifft Lebensmittelbehälter, Tüten und Folienverpackungen, sowie Zigarettenfilter.
4) Alle EU-Mitgliedsstaaten sollen zum Beispiel Pfandsysteme einrichten, um 90% der Einweggetränkeflaschen zu recyclen.
5) Auf Feuchttüchern, Hygieneeinlagen und Luftballons soll klar beschrieben werden, welche negativen Auswirkungen sie haben können und wie sie richtig zu entsorgen sind.
6) Die Bürger sollen von ihren Staaten verstärkt zum Thema Müllentsorgung und -vermeidung sensibilisiert werden.
Wie geht es weiter?
Bereits 2015 haben viele Staaten Maßnahmen getroffen, um den Konsum von Plastiktüten einzuschränken. Seitdem Plastiktüten nicht mehr kostenfrei sind und wiederverwendbare Alternativen zur Verfügung gestellt wurden, geben 72% der Europäer an, die dünnen Tüten weniger zu nutzen.
Nun soll der gleiche Wandel bei den zehn häufigsten Müllgegenständen einsetzen: Ohrenstäbchen, Einweggeschirr, Luftballons, Styropordosen, Coffe to go Becher, Einwegflaschen, Zigarettenkippen, Plastiktüten, Folienverpackungen und Hygieneartikel, sowie Fischfanggeräte.
Die genannten Vorschläge wurden von der Kommision erarbeitet und liegen nun Parlament wie Rat vor. Noch vor der Europawahl 2019 sollen sie angenommen werden. Die EU möchte sich zum weltweiten Vorreiter in Sachen Müllvermeidung entwickeln und die Kreislaufwirtschaft durch wiederverwertbare Produkte fördern.
Die neuen Richtlinien sollen bereits bestehende Vorschriften ergänzen, wie die EU-Meeresstrategie und regionale Aktionspläne der Meeresschutzübereinkommens. Im Rahmen dieser besteht seit 2011 in Nord- und Ostsee die Initiative Fishing-for-litter, zu deutsch „Müllfischen“. Bei Fischern landet Müll als Beifang unwillkürlich im Netz. Statt diesen einfach wieder über Bord zu werfen, sollte er an Land korrekt entsorgt werden. Dazu haben verschiedene Umweltorganisationen in 15 Häfen Container zur Verfügung gestellt, in denen der Müll kostenlos entsorgt, analysiert und sortiert werden kann. Zum Transport werden spezielle Säcke zur Verfügung gestellt. Jedes Jahr beteiligen sich mehr Fischer an der Aktion. Den Müll aus den Meeren herauszubekommen ist eine Aufgabe für Gegenwart und Zukunft. Verschiedene Projekte versuchen sich an der Herausforderung, treffen jedoch auch auf Kritik, wie zum Beispiel das niederländische „Ocean Cleanup“ Projekt, bei dem Plastikgegenstände von der Oberfläche abgefischt werden sollen. Experten kritisieren das Projekt jedoch als wenig effektiv und teilweise für Mikroorganismen schädlich. Eine einfache Lösung gibt es für das komplexe Problem nicht, dennoch forschen Ozeanexperten, Biologen und Ingenieure international vernetzt an Lösungen.
Es ist also nicht so, dass die Politik nichts tut.
Am wichtigsten ist jedoch, den Müll an der Quelle zu stoppen. Der beste Müll ist der, der gar nicht erst anfällt. Wie kann das im Alltag gelingen? Ob Einweghandschuh, Plastiktüte, Feuerzeug, Luftballon, Einpackfolien von Schokoriegeln – gerade Gegenstände mit kurzer Nutzungsdauer lassen sich am Spülsaum der Nordsee finden.
Drei Tipps zum Reduzieren von Plastik im Alltag:
Tipp 1: In Läden einkaufen, die unverpackt verkaufen oder nachfragen, ob man zum Beispiel unverpackten Käse oder Brot bekommen kann. Dabei wiederverwendbare Textilbeutel und Einkaufskörbe statt Einwegplastiktüten sowie Dosen und Gläser zum Abpacken verwenden. Auch Papiertüten nicht nur einmal verwenden, denn diese sind in ihrer Herstellung aufwändig.
Tipp 2: Selber machen und Verpackungen sparen! Im Internet und in Büchern finden sich Rezepte, um Waschmittel oder Badreiniger selber herzustellen. Auch zu Wegwerfhygieneartikeln, Shampoo und Duschbad gibt es plastikfreie Alternativen. Stichworte für die Suche sind „unverpackt“, „plastikfrei leben“ oder „zero waste“
Tipp 3: Beim Picknick oder Mittagessen auf Einweggeschirr und Plastikfolie verzichten – stattdessen wiederverwendbare Boxen verwenden.
Selbstverständlich solltet ihr euren Müll immer korrekt entsorgen und trennen – nur so wird Recycling ermöglicht!
Das Umweltbundesamt empfielt zudem, sich an freiwilligen Säuberungsaktionen an Küsten, Stränden und Flussufern zu beteiligen – vielleicht findet bei euch in der Nähe bald so eine Aktion statt? Wenigstens der dort gesammelte Müll kommt so schnell nicht wieder ins Meer.
Die Gesellschaft hat die Politik und schrittweise die Industrie zum Umdenken gebracht. Nun ist es an der Zeit zu zeigen, dass die EU-Bürger es Ernst meinen mit dem Kampf gegen das Plastik.
Quellen:
Europäische Kommission – Pressemitteilung, Einwegkunststoffprodukte: neue EU-Vorschriften zur Verringerung der Meeresabfälle, Brüssel, 28. Mai 2018: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-18-3927_de.htm
European Commission: Single-use plastics: New measures to reduce marine litter http://ec.europa.eu/environment/waste/pdf/single-use_plastics_factsheet.pdf
Umweltbundesamt Müll im Meer: https://www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/gewaesser/meere/nutzung-belastungen/muell-im-meer
NABU, Fishing for Litter Gemeinsam für eine saubere Nord- und Ostsee: https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/aktionen-und-projekte/meere-ohne-plastik/fishing-for-litter/index.html