Von Zügen und Türen...
Vor nicht all zu langer Zeit, es könnte gestern gewesen sein, beschloss ein junges Mädchen: "Ich will nach Schweden!"
Tja, doch wie man weiß, kommt nicht immer alles so wie man es will. Daher sitzt dieses Mädchen nun in Polen, genauer gesagt in Goleniów. In Mitten einer bunten Theatertruppe von verrückten polnischen Jugendlichen. Die folgende Geschichte ist nur ein Beispiel, der vielen Erfahrungen die dieses Mädchen gemacht hat. Doch, seht selbst...
Es ereignete sich am 15 September 2011. Ein Spanier und eine Deutsche befinden sich in einem Zug auf dem Weg nach Piotrków Trybunalski. Doch alles kam anders...
"Hey Alejandro, in 10 Minutes we have to go out of the train."
"Are we already in Piotrków?"
"No, but we have to change trains in Koluszki."
"Ah, Okay!"
Mit diesen Worten machten wir uns also zu den Zugtüren. Nichts ahnend von der Gefahr, die uns hier auflauerte.
Wir kamen gerade aus Warszawa, denn im Rahmen des EFD's hatten wir hier ein "Arrival-Training" gehabt. Es war wunderschön gewesen, eine Menge neue Leute, eine Menge neue Geschichten und Erfahrungen. Alejandro ist übrigens mein spanischer Freiwilligen-Kollege, der mit mir zusammen bei "Teatr Brama Goleniów" arbeitet. Und nun sollten wir uns nach Bełchatów begeben, denn unsere Theatertruppe wartete hier schon auf uns. Also, erst nach Piotrków Trybunalski und dann würden wir von dort aus mit dem Auto nach Bełchatów gelangen. Wir waren bereits mächtig stolz auf uns, denn trotz unserer eher minder entwickelten polnisch Kenntnisse, hatten wir es geschafft in nur 10 Minuten, bei einer anstehenden Schlange von etwa 50 Leuten, ein Ticket von Warszawa nach Piotrków Trybunalski zu kaufen. Die Erklärung wie, würde nun wohl zu weit führen, wichtig ist nur, dass wir uns schon siegessicher mit Tickets im richtigen Zug befanden. Dabei hatten wir jedoch die Rechnung ohne die polnischen Zugtüren gemacht.
In Koluszki angekommen, wollten wir aussteigen, locker griff ich an den Türöffner und versuchte die Tür zu öffnen - vergeblich.
"Alejandro, I can not open the door!"
Panik stieg auf.
"What? Let me see!"
Natürlich konnte er auch nicht die Tür öffnen. Panisch rannten wir zur nächsten Zugtür, um hier unser Glück zu versuchen, doch zu spät. Wir konnten dem Schild mit der Aufrschrift "Koluszki" nur noch von Weitem hinterher winken. So standen wir nun da, gefangen im Zug, den Umsteigebahnhof unfreiwillig verpasst. Diese Situation erschien für mich so surrealistisch und lächerlich, dass sie bei mir zunächste einen kleinen Lachanfall auslöste. Wir hatten nicht wirklich viele Möglichkeiten die übrig blieben, an der nächsten Station einfach aussteigen und sehen wie es weiter geht, das war unser Plan. Gesagt, Getan, in Łódź stiegen wir aus, regelrecht benebelt von unserem gerade erlebten Zugtüren-Desaster schwankten wir in das Bahnhofsgebäude, um hier wiederum festzustellen, dass wir absolut nicht kommunikationsfähig waren. Die Polen verstanden kein Englisch und wir kein Polnisch.
Somit riefen wir Daniel (unseren Theaterdirektor) an, nach großem Gelächter fragte er uns endlich in welcher Stadt wir denn überhaupt seien. Bei diesem Thema kam es zunächst einmal zu einem großen Missverständnis, anstatt das große Schild mit der Aufschrift "Łódź" zu sehen, las Alejandro nur das Schild namens: "WYJŚCIE", was übersetzt nichts anderes heißt als: "Ausgang!", somit überbrachte er Daniel immer und immer wieder die Nachricht: " Wir sind in Ausgang!"
Als wir letztendlich feststellten, dass es nicht Ausgang war, versuchten wir mit der Dame am Ticketschalter zu sprechen, indem das Handy, mit Daniel am anderen Ende, hin und her durch die Scheibe am Schalter geschoben wurde. Nach einem endlosem Handyaustausch, waren Alejandro und ich ausgerüstet mit 2 neuen Tickets nach Piotrków Trybunalski und startklar für einen neuen Zug, mit hoffentlich anderen Türen.
Hier endet meine kleine Geschichte.
Diese eine Erfahrung stellt für mich die Zusammenfassung von nun schon 6 1/2 Monaten EFD in Polen dar. Jeder kann dies nun für sich selbst interpretieren, doch ich möchte damit nur ausdrücken, dass für mich EFD eine Zeit war und ist, in der ich mehr gelernt habe als je zuvor. Ich habe mich oft verloren oder verwirrt gefühlt, doch immer war die Gewissheit da, dass es eine Lösung gibt. Ich habe gelernt in Situationen wie dieser, zu lachen und nicht auszuflippen, ich habe gelernt in Momenten der Verwirrung ruhig zu bleiben. Das ist genau das, was ich von meinem EFD erwartet habe. Über mich selbst zu lernen und neue Perspektiven und Aspekte zu finden. Im Endeffekt kann ich meine Gedanken zum Thema EFD oder Auslandsaufenthalt in einem Satz zusammen fassen.
Wenn man in einem Zug sitzt, weiß man nie wann jemand ein oder aussteigt, wann sich welche Türen öffnen oder nicht, wann und wie die Landschaft wechselt, das Einzige was man weiß ist: "Irgendwann, komm ich an".
Die letzte und entscheidende Frage ist nur:" Wie mach ich was, aus dem was ich hab?"
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