Von schwimmenden Wäldern und Öko-Haien
Innovation in Rotterdam oder Antworten auf die Frage, warum ich auf meinem Weg zur Arbeit Bäume schwimmen sehe und es in Rotterdam jetzt Haie gibt.
Seit 16. März 2016 gibt es in Rotterdam einen neuen Wald. Aber da wir hier über Rotterdam reden – eine Stadt, in der an jeder Ecke ein anderes außergewöhnliches Kunstwerk zu entdecken ist – ist es natürlich kein gewöhnlicher Wald. Sondern, wie könnte es auch anders sein in einer Hafenstadt – ein schwimmender Wald, auf niederländisch „Dobberend bos“. Auf meinem Weg zur Arbeit durch das Gebiet Rijnhaven sehe ich deshalb nun 20 Bäume im Wasser treiben. Da fragt man sich irgendwann – wozu das ganze eigentlich?
Konzipiert wurde der „Floating Forest“ von Jeroen Everaert, der sich von einem Kunstwerk namens „In Search Of Habitus“ von Jorge Bakker hat inspirieren lassen und dieses dann in die reale Welt übertragen wollte. Der niederländische Künstler Jorge Bakker ist für seine Skulpturen und architektonischen Installationen bekannt, bei denen es ihm vor allem darum geht, unsichtbare Elemente wie Wasser und Wind sichtbar zu machen. Beim „Floating Forest“ geht es außerdem um die Beziehung zwischen den Bewohnern einer Großstadt und der Natur. Das ganze ist also in erster Linie ein – wie ich finde sehr gelungenes – Kunstwerk.
Doch es steckt noch mehr dahinter: Die Behälter, in denen die 20 Bäume stecken, bestehen aus alten Seebojen, die übrig waren, als ebenjene Stahlbojen mit neuen aus Synthetik ersetzt wurden. Es ist somit ein nachhaltiges Projekt und die Container sollen wohl auch noch mindestens fünf Jahre im Rijnhaven schwimmen. Apropos – nachdem der Rijnhaven aufgrund der Verschiebung des Rotterdammer Hafens nach Westen nicht mehr für seinen ursprünglichen Zweck genutzt wird, hat die Gemeinde Rotterdam ihn als Testgelände für ebensolche nachhaltigen Innovationen vorgesehen.
Der schwimmende Wald ist also gleichzeitig Innovation, Kunstwerk und eine Erinnerung an die Wichtigkeit von Natur und Vegetation in Großstädten.
Doch der „Floating Forest“ ist nicht die einzige nachhaltige Innovation in und um Rotterdam. Erst letzten Herbst wurde bei den hiesigen Welthafentagen eine weitere Neuerung vorgestellt. Ab sofort soll im Rotterdammer Hafen ein sogenannter „Waste Shark“ umherschwimmen, ein autonomes Wasserfahrzeug, das den treibenden Müll einsammeln soll, bevor dieser aufs offene Meer hinausgespült werden kann. Der „Waste Shark“ soll bis zu 500kg Müll einsammeln können, bevor er diesen dann zu einem Abladepunkt bringen muss. Außerdem sammelt er Daten über die Wasserqualität und lernt mit der Zeit, seine Route jedes Mal effizienter zu gestalten. Vier dieser „Waste Sharks“ sind schon testweise im Rotterdammer Hafen unterwegs und lösen dabei nicht nur ein bekannte Umweltproblem, sondern helfen gleichzeitig auch den Schiffen – denn Plastikmüll im Wasser ist nicht nur für Flora und Fauna schädlich, sondern behindert auch die Schiffe. Wenn sich eine Plastiktüte etwa um den Propeller eines Schiffes schlingt, kann es sogar zu Kollisionen kommen. Kürzlich ist das in Kapstadt passiert, weshalb deren Hafen kurzzeitig geschlossen werden musste.
Man sieht also, das Rotterdam tatsächlich die Stadt der Innovation ist, denn ich könnte an dieser Stelle noch von unzählig vielen weiteren Projekten berichten. Falls ihr Euch also für Kunst, Architektur und Innovation interessiert – warum stattet Ihr bei Eurem nächsten Niederlandeaufenthalt nicht mal Rotterdam einen Besuch ab? ;)