„Und du kannst noch gar nicht wissen, was du willst“
Was junge Menschen meiner Generation bewegt [Teil 1]
Und du wirst 21, 22, 23
Du kannst noch gar nicht wissen, was du willst
AnnenMayKanrereit in „21, 22, 23“
Fragt man unter Abiturienten, was sie nach dem Abitur machen wollen, ist bei den meisten ein Schulterzucken die Antwort. Vielleicht noch die wage Antwort wie „erstmal Reisen“ oder „mal schauen, eventuell ein Praktikum oder so“, aber die wenigsten wissen konkret, was sie wollen. Mittlerweile ist es eher die Ausnahme, direkt nach der Schule zu studieren, es sei denn, man weiß schon seit der Grundschule, dass man Tierarzt werden möchte.
Aber die meisten Jugendlichen „dümpeln“ vor sich her. Soll ich studieren? Wenn ja, was? Oder doch lieber eine Ausbildung? Ein duales Studium klingt doch auch ganz gut? Ich würde ganz gerne ins Ausland, vielleicht mache ich dann einen Freiwilligendienst… Oder soll ich doch lieber arbeiten, um später um die Welt zu reisen? Hilfe wird dann meistens im Internet, dem Reich der unendlichen Informationen gesucht. Hier stößt man auf noch mehr Interessantes und Liste der Möglichkeiten wird immer länger. Man muss sich nur noch entscheiden. Das ist das Problem.
Entscheiden heißt verzichten. Und verzichten kann meine Generation überhaupt nicht gut. Wir haben nie gelernt zu verzichten. Im Supermarkt gibt es rund um das Jahr Bananen und Avocados und dank des Smartphones können wir überall zu jeder Zeit sein. Die ständige Angst, etwas zu verpassen, lässt uns von Chat zu Chat springen, um sofort reagieren zu können. In einer Welt, die sich rasant verändert müssen wir immer auf dem neuesten Stand sein. Wir sind in einer Zeit aufgewachsen, in der eine Krise die andere jagt. Die Euro-, Finanz- und Schuldenkrise, die Umwelt- und Klimakrise, das weltweiten Auseinanderdriften von Arm und Reich und ganz aktuell das Bestreben der älteren nach nationaler Stärke. "Es ist eine Zeit der großen Unsicherheit", sagt die die britische Ökonomin Noreena Hertz[1]. Die alten Regeln und Gewohnheiten verschwinden zunehmend und Flexibilität ist das, worauf es ankommt. Dadurch entsteht Druck, sich anzupassen, um ja nichts zu verpassen. Doch bei all dem Anpassen vergessen wir, was wir eigentlich wollen.
Wenn wir das Datum der Französischen Revolution wissen wollen, fragen wir Google. Wenn wir wissen wollen, wann Freddie Mercury gestorben ist, fragen wir Google. Wenn wir wissen wollen, wie lange Eier kochen müssen, fragen wir Google. Informationen alleine sind heutzutage nichts mehr wert, da jeder auf sie zugreifen kann. Vielmehr zählt der Umgang mit diesen Informationen. Doch wen fragen wir, wenn wir wissen möchten, was wir im Leben wollen?
[1] https://www.zeit.de/2017/09/generation-k-jugendliche-zukunft-angst-grossbritannien-usa/komplettansicht 26.05.2018