Umgezogen
"Besonders wenn der Vollmond über dem Ozean erstrahlt, dann möchte ich meinen 'Trabbi' gegen nichts in der Welt tauschen." Meister ist in Nordirland gleich zweimal umgezogen - bald klappt es dann auch hoffentlich mit dem Einleben...
Jaha, umgezogen bin ich, schon zum zweiten Mal, stets aber nur innerhalb unseres liebenswerten Freiwilligenhauses in Newcastle.
Zuerst, nach meiner Ankunft, lebte ich für zwei Nächte in einer Kammer, bei der, sofern man sie vergliche, selbst Harry Potter seinen Schrank unter der Treppe als Paradies bezeichnen würde.
Der Regen prasselte auf das Dach und ist man einmal falschrum in den Raum hineingegangen, musste man rückwärts heraus rangieren, sich auf dem Gang umdrehen und danach richtigherum den Raum betreten zu können.
Dann mein erster Umzug. Ein Freiwilliger verließ das Haus und ich konnte weiterziehen. Kein grandioses neues Zimmer, doch nützlich und es hatte eigentlich alles was ich brauchte.
Wie ein Trabbi. Ja genau, nur dass ich zum Glück nicht so lange warten musste: Simpel, etwas hässlich (meine Wände waren in jenem milchiges Trabbiweißgelb getüncht), aber doch zum lieb gewinnen und vor allem praktisch. Man staune, was alles so hineinpasste: zwei kleine Schränke, eine Kommode, ein Waschbecken, ein Bett, ein Stuhl, eine Pflanze (Carnivorus lidlus für 1,99), zwei Wäscheleinen und ich.
Ich würde sogar zehn mal hineinpassen. Auch hatte ich elektrisches Licht und unbeschreiblichen Meerblick.
Besonders wenn der Mond, am besten Vollmond über dem Ozean erstrahlt, dann möchte ich meinen "Trabbi" gegen nichts in der Welt tauschen. Da die Vorhänge nur das halbe Fenster abdecken, wurde ich täglich von der aufgehenden Sonne geweckt, herrlich an Arbeitstagen und leider etwas weniger herrlich an den freien Tagen.
Und hatte ich es doch geschafft, die Sonne zu ignorieren und einzuschlafen, dann rüttelten mich die vorbeiheizenden Trecker im wahrsten Sinne des Wortes wach.
Ein jeder rast mit siebzig-achtzig Sachen durch die Ortschaft und wenn ein besonders schwerer Laster vorbeirauscht, dann wackelt halt auch mal das ganze Haus. Und etwas laut war mein Zimmer natürlich ebenfalls.
Dagegen kann man leider nichts machen, wenn die Hauptverkehrsstraße nur fünf Meter Luftlinie entfernt ist. Doch nachdem ich mit meinem Schweizer Taschenmesser das Fenster etwas zurecht geschnitzt hatte und es wieder mehr oder weniger schließt, war es zum Glück leiser geworden.
Und dann, gestern Abend, mein zweiter Umzug, das Zimmer nebenan. Mit Meerblick. Ich habe lange überlegt, ob oder ob nicht. Bei meiner ersten Besichtigung fand ich das Zimmer potthässlich. Als ich in meinen Raum zurück kam musste ich mir eingestehen, dass dieser nicht wirklich besser war.
Nun habe ich mich doch für den Raumwechsel entschieden. Der Fortschritt von sechs auf siebeneinhalb Quadratmeter und der Gewinn eines Kleiderschrankes besiegten die Faulheit. Da hab ich meine sieben Sachen geschnappt, meine Pflanze und meine Matratze und hab es hinter mich gebracht.
Außerdem decken die Vorhänge das gesamte Fenster ab. Das Fenster selbst muss ich erst noch reparieren. Aber darin hab ich schon Erfahrung. Etwas gruselig dagegen sind die roten Punkte an der Wand, gemalt von einem unbekannten und wenig talentierten Vorgänger.
Hässliche rote Punkte. Aggressiv und grell zerstören sie die gemütliche Atmosphäre. Über die größten beiden (rund 30 Zentimeter Durchmesser) habe ich ein Bettlaken gehängt nun ist es etwas besser.
Eingelebt habe ich mich noch nicht, dass kommt hoffentlich noch. Und meine ersten Sachen hängen im Kleiderschrank – nie mehr zerknitterte T-Shirts. Das ist doch ein kleiner Erfolg im Leben, oder etwa nicht?
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