Trojmiasto- die 3-in-1-Stadt an der Ostseeküste
Über die Maifeiertage sind fast alle Freiwilligen aus Krakow ausgeflogen, um ein anderes Stück Polen zu sehen. So haben auch Eloise und ich unsere Taschen gepackt und sind ans Meer gefahren, um die drei Hafenstädte Gdansk (Danzig), Sopot und Gdynia, die zusammen den Städtebund Trojmiasto (drei Städte) bilden, zu besuchen.
Zehn und zwölf Stunden Zugfahrt in polnischen Intercities gehören zwar definitiv nicht zu den angenehmsten Erfahrungen, die man in diesem Land sammeln kann, aber für manche Dinge loht sich selbst das.
Die Trojmiasto ist da mit Sicherheit dabei, sodass ich heute morgen um halb acht zwar völlig erledigt, aber in keinster Weise unglücklich von meinem langen Wochenendtrip aus Gdansk zurückgekommen bin.
Eloise und ich waren am Dienstag nachts um zwei Uhr zur Ostsee aufgebrochen und haben uns für vier Tage die polnischen Hafenstädte und deren Umgebung angeschaut.
Dabei haben wir viele wunderschöne und auch sehr unterschiedliche Eindrücke der drei Städte gesammelt. Auf Empfehlungen hin hatten wir ein Hostel in Sopot, der Kleinstadt zwischen Gdansk und Gdynia, gebucht, weil in diesem Teil der Trojmiasto angeblich das beste Nachtleben stattfindet.
Das war zwar soweit dann auch nicht gelogen, ich hatte aber persönlich nicht mit so viel zur Schau gestelltem Reichtum und Prunk gerechnet, wie wir ihn in diesem exklusiven Urlaubsort für die Reichen und Schönen Polens vorfanden. Nicht nur die Preise waren für Krakauer Verhältnisse hoch, sondern auch das vorherrschende Klientel eindeutig aus der oberen Gesellschaftsschicht. Schon die schiere Masse an Verkaufsständen, Luxushotels, Yachten und Edelrestaurants hat uns schnell deutlich gemacht, dass hier Geld fließt.
Wir hatten aber dank unseres ortsansässigen Freiwilligenfreundes Fernando, den wir noch aus Torun kannten, einige schöne Abende in Sopot und haben uns ein bisschen darüber amüsiert, dass die Sopoter zwischen den abertausenden Eis-, Waffel- und Souvenirständen auch Krakauer Gebäckkringel und typischen Bergkäse aus der hohen Tatra an die Touristen verkaufen.
Gdansk beeindruckt gegenüber Sopot zwar auch mit seinem offensichtlichen Reichtum, hat aber außer Souvenirständen, Strandpromenaden und Nachtclubs auch noch eine Menge an historischen Sehenswürdigkeiten zu bieten. Neben einer wunderschönen Haupteinkaufsstraße mit farbenfrohen Häuserfassaden, Springbrunnen und dem Rathaus haben wir zahlreiche beeindruckende Kirchen, einen mittelalterlichen Hebekran, die beschauliche Marienstraße, in der "Die Buddenbrooks" von Thomas Mann gedreht wurde und schließlich den alten Leuchtturm gesehen. Eine Gdansker Legende besagt, dass das für die Stadt typische „Goldwasser“, ein klarer hochprozentiger Likör mit Goldflöckchen in der Flasche, im Neptunbrunnen auf dem langen Markt entstand, indem Neptun einst das Brunnenwasser mit deinem Dreizack umrührte und dabei die ganzen hineingeworfenen Münzen zerstäubte, sodass man diese heute in den „Goldwasser“- Flaschen findet. Ich weiß zwar nicht genau, wie es um die Qualität des Wassers im Stadtbrunnen steht, aber ich bin mir nicht sicher, ob man nach dieser Legende noch guten Gewissens auf die Gesundheit anstoßen kann...
Wir waren auf jeden Fall eine Weile mit Besichtigen beschäftigt und hätten natürlich noch viel mehr anschauen können. Allerdings ist auch hier mit recht beschränktem Freiwilligenbudget dem touristischen Ehrgeiz recht bald ein Ende gesetzt. Allein die Schiffsfahrt zur nahegelegenen Halbinsel Hel hätte uns mehr gekostet als eine weitere Nacht im Hostel.
Den Freitag haben wir schließlich für einen Tagesausflug in die Kleinstadt Malbork (Marienburg) genutzt, um das größte mittelalterliche Schloss der Welt zu besichtigen.
Wie auch schon Czestochowa mit seinem Kloster, existiert in Malbork außer dem Schloss nicht viel, das Schloss ist dafür aber umso beeindruckender.
Die polnische Abfertigung der Besucher allerdings auch, die sieht nämlich für alle Besucher eine im Preis inbegriffene Schlossführung vor. Den einzigen Haken an der Sache entdeckt der ahnungslose Tourist dann aber an der Kasse, wenn die Audioguides alle vergriffen sind und gerade keine englische Führung startet.
Somit habe ich mich dann eben mit der polnischen Führung arrangiert, während Eloise glücklicherweise im Schloss selbst zufällig eine französische Gruppe gefunden hat. Wir waren nach gut drei Stunden Schlossführung auf jeden Fall beide ziemlich erschöpft und dementsprechend begeistert, als wir ins Hostel zurückkamen und feststellten, dass unser quasi leeres 10-Bett-Zimmer inzwischen voll mit partyfreudigen Wochenendgästen belegt war. Das war bis zwölf Uhr soweit noch ganz nett, als dann aber gegen drei Uhr der junge Mann im Stockbett über mir heimkam und bis um neun Uhr derartig ohrenbetäubend durchgeschnarcht hat, dass ich das Bett habe wackeln fühlen, waren wir doch froh, nicht noch eine Nacht gebucht zu haben.
Andererseits war ich schon auch ein bisschen beeindruckt von der Lässigkeit, mit der man, trotz (wirklich unsanfter und wenig rücksichtsvoller) Tritte meinerseits gegen das Lattenrost, seelenruhig weiterschnarchen kann.
Am Samstag haben wir uns dann in aller Ruhe noch die übriggebliebenen Stadtteile angeschaut, wie den Leuchtturm, die Kathedrale und den Park in Gdansk- Oliwa und das Stadtzentrum von Gdynia. Dort war leider das leckere Mittagessen in einer original aus den 60ern stammenden Milchbar das aufregendste, da in diesem Teil der Trojmiasto außer Industrie und Yachthafen nicht viel zu sehen ist. Dank perfektem Wetter hatten wir aber einen sonnig strahlenden letzten Tag und schließlich auch eine recht entspannte Heimfahrt.
Ich freue mich jetzt auf die zwei Theateraufführungen nächstes Wochenende und den für Dienstag geplanten Hawaii- Tag in ALF.
Viele liebe Grüße,
Kora