Torun XL
"Hier ist man so voller Entschlossenheit, gleich ab morgen früh aufzustehen, mehr zu machen, mehr zu lernen, mehr zu verreisen, so zu werden wie die Leute hier..."
Am Ende bin ich doch nur einige Tage geblieben, weil fast alle Leute weggefahren sind, auf Projekte, in den Urlaub. Ich habe noch der neuen Praktikantin einige Kneipen gezeigt, wieder bei Radio Maryja durchs Gitter geguckt und mich ansonsten vor allem mit Ewa gestritten. Sonntag waren wir zusammen in der Kirche und ich bin noch etwas durch die Straßen nördlich meiner Wohnung geradelt.
Montag wollte ich eigentlich im Hostel bleiben, und war in mittelmäßiger Stimmung, nicht nur weil mich die universelle Großartigkeit fast aller Leute bei Motyka einmal mehr an meine eigene Nutzlosigkeit erinnerte. Aber eins muss ich meiner Planung lassen, ich habe in den Tagen hier wirklich einige Arbeit geschafft. Besonders am Montag, als ich größtenteils im Büro blieb, leise begleitet von der coolsten Musik (jazz FM). Ich begann mich besser zu fühlen, als die andere Ewa mir ihr Gästezimmer anbot, und noch besser als ich meine schwere Tasche bis morgen im Büro lassen konnte, und am besten als ich mich durch eine kleine Übersetzung halbwegs nützlich fühlen konnte. Der neue deutsche Praktikant versuchte sich einzuleben. Heute bin ich es, der im Büro sitzt und neben der Arbeit mit halbem Ohr für den neuen in Gesprächen übersetzt.
17 Uhr bin ich nach langer Zeit wieder in den Westen der Stadt gefahren, die Bydgoska am Zoo und Stadtpark entlang, dann ans Ende der Mieckiewicza. Da ist vieles neu gemacht und vieles alt geblieben; die Bäckereien sind noch da, und inzwischen richtig gemütlich. Mit Ewas Wohnung, wo ich gute zwei Jahre nicht mehr war, verbinden mich auch einige Erinnerungen. Hier habe ich den letzten Abend verbracht, bevor ich nachts in schrecklichster Stimmung den gleichen Weg zurück ins Zentrum zurück gelaufen bin. Die Wohnung ist inzwischen vollends ausgebaut, das Gästezimmer gerade fertig. Eigentlich wollte ich noch ein bisschen in die Stadt, aber wir unterhalten uns nur lange, über Tschechien, Bulgarien, die Ukraine. Ich ärgere mich, nie gewusst zu haben, dass Grudziaz (Graudenz) so nah ist und ich nie da war, und auch jetzt keinen weiteren Tag frei nehmen will. Es spielt die coolste Musik (das dritte Programm). Ich lese eine Biographie von Bartoszewski. Hier ist man so voller Entschlossenheit, gleich ab morgen früh aufzustehen, mehr zu machen, mehr zu lernen, mehr zu verreisen, so zu werden wie die Leute hier... Ich beschließe morgen noch im Büro zu bleiben und erst abends nach Lodz zurück zu fahren.