Tallinn
Tallinn ist anders als man erwartet. Oder auch nicht. So krasse Gegensätze, zwischen Skandinavien und Russland, zwischen Arm und Reich, High-Tech und Sowjet findet man selten. Auf nach Estland!
Lesen
Wer das erste Mal nach Tallinn kommt und sich darüber informieren möchte, was in der Stadt abgeht, sollte sich am besten mit "Tallinn This Week" oder "Tallinn in Your Pocket" begnügen. Kenner brauchen mehr: Am besten im Internet checken www.piletilevi.ee oder www.tallinn.ee oder eine estnische Tageszeitung erwerben. Bitte nicht SL Õhtuleht, da BILD-Niveau. Gut ist das Eesti Päevaleht.
Kultur
Man muss sagen, dass Tallinn ohne Kultur nicht denkbar wäre. Das Kulturkino ist das Sõprus direkt in der Altstadt, und im Gegensatz zu den kommerziellen (das alte sowjetische Kosmos und das neue Coca-Cola-Plaza) auch das billigste von allen drei Tallinner Kinos. Auf jeden Fall die "Von Krahli Teater Baar" besuchen - hier locken innovative Konzerte mit Acts aus der ganzen Welt und modernen Inszenierungen. Für Klassisches sollte man am besten das Nordic Symphonic Orchestra mal im Eesti Kontserdisaal hören, da die Dirigentin eine toughe Estin ist - unbeschreiblich!
Sightseeing
In Tallinn gibt es eine Hauptattraktion - und das ist die gesamte Altstadt. Es reicht, einfach durch die endlosen Gassen zu schlendern und die nordische Gotik und somit das UNESCO-Weltkulturerbe zu genießen. Besonders in Schneestürmen ist das ein besonderes Erlebnis.
Ausgehen
Beliebte Treffpunkte sind das Viru Keskus (Einkaufszentrum am Rande der Altstadt), der Rathausplatz oder an der gelben Kirche am Vabaduse väljak. Von hier startet man am besten auch seine Kneipentour entweder Richtung Woodstock/Rock Stars, die gemütliche Location mit urigen und eigenartigen Esten; oder zu "Levis väljas", der Kellerbar, in der es im Winter garantiert kalt wird, aber bei der man garantiert ohne Touristen auskommt!
Aussichten
Wer mal einen Tag Pause von der Stadt braucht, fährt nach Keila-Joa. Mit sechs Metern der zweitgrößte Wasserfall in Estland, von dem man durch den Wald direkt ans Meer laufen kann. Am Wochenende kann man da auch immer ganz viele Hochzeitspaare beobachten. In der Woche sonst sehr ruhig und einsam. Zurück in der Stadt geht man am besten zu einem der "Viewpoints" auf dem Toompea-Berg oder man steigt die paar hundert Stufen auf die Oleviste-Kirik hoch.
Musik
Raadio Maania spielt guten estnischen und internationalen Rock; an sich aber eine große Bandbreite von russischer Folklore (Skyradio) über billigen Europop (Raadio Uuno) hin zu estnischem Rap. Lokalmatador ist unbestritten Tanel Padar, der mit seiner Band The Sun und Dave Benton 2001 für Estland den Grand Prix gewonnen hat. Sein Lied "Welcome to Estonia" ist wohl mehr oder weniger die Hymne der Europäischen Freiwilligen, ansonsten ist "Kuu on päike" dauernd im Radio. Erwähnenswert ist noch Genialistid, mein persönlicher Favorit!
Essen
Für Touristen: Olde Hansa. Mega toll, aber mega teuer. Auf jeden Fall einen Besuch wert, wenn man mal in Tallinn ist Insider-Tipp: Schräg gegenüber der Von Krahli Baar ist der Kompressor, mit estnischen Pfannkuchen zu kleinen Preisen - unschlagbar!
Europa
Alles ist hier europäisch, weil man auf wirklich wenig Platz alle Botschaften und Kulturinstitute zusammengepfercht hat.
Wohnen
Wenn man es nett und familiär mag, auf zur Valge Villa im Stadtteil Kristiine. Ansonsten ist Vana-Tom direkt in der Altstadt der Tipp für Backpacker.
Sport
Außer Schlittenfahren, Schlittschluh- und Langlaufen sollte man unbedingt einmal "Kiiking" ausprobieren. Das ist eine estnische Extremsportart, die sich mehr und mehr in andere Länder Nord- und Mitteleuropas ausbreitet. Man könnte das ganze als eine riesige Holzschaukel mit Überschlag bezeichnen.
Shopping
Eesti Käsitöö (estnische Handarbeit) ist weit über die Grenzen des Landes hinaus bekannt - zu Recht. Besser die Touri-Abzocker der Altstadt meiden, und mit Tram Nr. 3 bis Weizenbergi fahren und in Köleri Nr. 8 bei zwei alten estnischen Omis Handschuhe, Mützen, Hausschuhe, Holzbesteck und Vieles andere mehr erwerben. Für alles andere muss man hier leider in die Einkaufszentren gehen, denn eine Einkaufsstraße gibt es nicht.
Und Sonst
Als Außenstehender erscheint die estnische Sprache zunächst eher befremdlich und undurchschaubar. Aber in Tallinn kann man sich meistens mit Englisch behelfen. Zur Hälfte ist Tallinn jedoch russischsprachig. Daher kommt es nicht, wie man annehmen könnte, zu Spannungen, sonder eher zu Ignoranz und Parallelgesellschaften. Hoffentlich finden sie naher Zukunft einen Weg, statt nebeneinander auch mal miteinander zu leben. Bescheidene Anfänge gibt es seit 15 Jahren estnischer Unabhängigkeit ja schon. Gibt es einen einzigen Grund, zu Hause zu bleibe? Tulge Eestimaal!