Suela patäta
Ohne Probleme erreicht herrrieger schottischen Boden. Kaum angekommen, lebt er sich gut ein: zwischen Fahrten nach Edinburgh, Glasgow und dem seltsamen Gefühl, nur eine unter vielen Ameisen zu sein.
Es geschah eines wundersamen Berliner Morgens, als ich in ein Flugzeug der Airline 'Ryanair' stieg und wider erwarten völlig unverändert (ohne fehlende Körperteile oder jegliche andere mögliche körperliche sowie mentale Unfälle) schottischen Boden betrat. Die Sonne schien (auch dies schien mir zuwider meiner Vorstellungen, aber doch recht angenehm), ich hatte ca. Fünf Pullover zu viel angezogen und meine Kehle schrie schon nach einem guten Glas schottischem Whisky (oder von mir aus auch nur nach normalem Leitungswasser).
Nach 20-minütigem Rumstehen (gefühlten drei Stunden) und einigen schlimmen Gedankengängen (diese werde ich jetzt nicht näher erläutern) kam dann schlussendlich eine gut gelaunte kleine, starkakzentuierte (ich meine damit ihre Aussprache) Mitarbeiterin meines Projekts 'Firefly Arts' durch die automatische Glastür des Flughafens, die sich mir als Laura vorstellte. In ihrem, wohlgemerkt deutschen (!), Auto fuhren wir nun zunächst ins Büro in Livingston, was etwa 20 Meilen vor den Toren Edinburghs liegt. Hin und her, das Gebäude gezeigt, Leuten die Hand geschüttelt, all dies kommt mir im Nachhinein doch sehr verschwommen vor, bis ich schließlich in die Wohnung in Corstorphine, einem doch sehr städtischen Vorörtchen Edinburghs, verfrachtet wurde.
Hier bin ich nun immer noch. Natürlich nicht die ganze Zeit. Viel mehr eigentlich anderweitig. Unter anderem mit meiner schwedischen Mitbewohnerin und Mitfreiwilligen Jenny.
Zum Beispiel in einem dieser Busse, die wir zur Arbeit (und zurück) nehmen müssen, und die (ja doch!) ein Zeitalter (und zwar das Zeitalter einer Gratiszeitunglesen und eines Drei ???-Hörspiels) in Anspruch nehmen, um uns an unser Ziel zu führen (und dabei noch unglaubliche Geräusche von sich geben, die man selbst als gelernter Onomatopoet kaum in Worte fassen kann).
Oder im endlos großen Supermarkt TESCOOOOOOOOOO (aus dramaturgischen Gründen habe ich fälschlicherweise 8 Os angefügt), der durchaus Abenteuer für einen ganzen Tagesurlaub bietet. Oder das noch viel größere Livingston Shopping Centre, in dem ich mir das erste Mal wirklich vorstellen konnte, wie es sein muss, als 1.000.000ste Ameise in einen alten Apfel zu krabbeln und dabei soviel mitzunehmen, wie man tragen kann. Nicht zu vergessen, dass Frauen im Shoppingwahn 'plötzlich' die Kraft einer Ameise besitzen (im Verhältnis zur Größe natürlich).
Man fand mich in der Woche, die ich jetzt hier bin aber auch ab und an mal in der lokalen Bibliothek (Abteilung Schauergeschichten des 19. Jht), in Edinburgh City auf der Suche nach einer günstigen Simcard (das ist gar nicht mal so leicht, wie man sich das vorstellt!) und im wunderbaren Glasgow, das mit dem Bus tatsächlich schneller erreichbar ist, als meine viel näher gelegene Projektzentrale. In Glasgow besuchte ich mit der wunderbaren Eleanor (meine persönliche Mitarbeiterin des Monats, dank ihrer vollen Aufmerksamkeit unserer Anfängerprobleme und dem freundschaftlichen Problemlösungsengagement) und ein paar ihrer Freunde ein Konzert der Neuseeländischen Musikgruppe 'Fat Freddy's Drop' (welches nebenbei einen bisherigen Höhepunkt meines kurzen aber knackigen Aufenthalts hier darstellt). In diesem Zusammenhang trank ich dann auch mein erstes Pint Guinness in Schottland, in passender Pub-Atmosphäre versteht sich.
Die Arbeitszeit bestand aus gelangweilten Bürostunden (tatsächlich waren diese Stunden so gelangweilt, dass sie mich mit ihrer Langeweile gleich mit ansteckten) und vollgepackten Workshops. Dabei sollten wir Freiwilligen unterscheiden zwischen Beginners, Juniors, Intermediates, 21+, Seniors, Livingston, Bathgate, Linlithgow, Whitburn, Boxburn, Blackburn und dem schottischen Akzent der alles noch einmal verzerrter darstellt. Hm. Und da wunder ich mich noch warum ich schon wieder müde bin.
Nun sitze ich aber doch hier in der Wohnung. Mit Blick auf die wohl befahrendste Straße Europas (St. Johns Road), zumindest meinem Empfinden nach, und genieße diesen Freitagabend mit meinem eigens installierten W-Lan, meinem heißblütigen und heißgeliebten Macbook und Musik vom einzigartigen Jeff B.
Fish & Chips vom Take-away nebenan hab ich heute schon hinter mich gebracht, mal sehen was noch so kommt...
P.S. Der Titel ist so auszusprechen wie geschrieben und stammt aus dem flotten Mundwerk der oben genannten Laura während eines gesungenen Beitrags zum Thema Mama. Man stelle sich ergänzend eine großzügige, kugelförmige Bewegung der Hände um den Bauch vor, ähnelnd einem Schwangerenbauch. Die Bedeutung sei der freien Interpretation zugelassen.