Stonehenge, ein Ort voller Geheimnisse
Über das wohl bekannteste und mystischste Kulturdenkmal Großbritanniens, das Megalithmonument Stonhenge.
Im Südwesten Englands (in der Grafschaft Wiltshire, nördlich von der Stadt Salisbury) befindet sich Europas berühmtestes prähistorisches Bauwerk. Um die drei von Erdwällen umgebenen megalithischen Steinkreise, die aus der Jungsteinzeit und Bronzezeit stammen, haben sich unzählige Mythen und Sagen gebildet und bis heute rätselt die internationale Forschergemeinde (und Mystiker), welches Volk Stonehenge zu welchem Zweck errichte. Eine endgültige Antwort scheint trotz der vielen aufgestellten Theorien aus vielen Gründen ausgeschlossen. Zum einen enspricht das heutige Aussehen der Anlage nur noch zur Hälfte der ursprünglichen, viele Steine sind im Laufe der Jahrhunderte umgefallen oder wurden für den Hausbau entwendet. Zum anderen ist sehr wenig über diese prähistorischen Menschen, die Stonehenge erbauten und über jene, die Stonehenge über die Jahrhunderte veränderten und es zu einem anderen Zweck verwendeten, bekannt. Zudem schlugen viele Besucher Stücke aus den Steinen, da man glaubte, dass Merlin Stonehenge aus Irland herzauberte, und man sich deshalb Wunder und magische Kräfte von den Steinen erhoffte. Erst im letzten Jahrhundert konnten Forscher erste verlässliche Aussagen über das Alter und die Erbaaungsphasen liefern:
Geschichte und Aufbau von Stonehenge
Stonehenge wurde nicht in einer einzigen Periode errichtet, sondern wurde in einem Zeitraum von fast 2000 Jahren immer wieder verändert und umgestellt. Forscher konnten drei Hauptbauphasen identifizieren:
Um 3100 v. Chr. soll eine erste Anlage angelegt worden sein. Diese soll hauptsächlich aus einem kreisförmigen Erdwall und 56 Gruben, die entweder hölzerne oder aus Stein gefertigte Pfeiler trugen, aufgebaut gewesen sein. Die „Aubrey“-Löcher markieren heute die Lage dieser 56 Löcher im Boden. Wahrscheinlich befanden sich in der Mitte des Walls hölzerne Strukturen, aber es ist unklar, wie diese ausgesehen haben könnten und ob sie aus der gleichen Zeit stammen.
600 Jahre später wurden riesige Sarsensteine (bis zu 50t schwer) in einer heutigen Hufeisenform, weitere in einem zweiten Kreis aufgestellt und kleinere Blausteine (80 Stück, bis zu 5t schwer) dazwischen platziert. Auf welche Art und Weise die Sarsensteine von den 400km Preseli Mountains in Wales nach Stonehenge gelangten, ist bislang ungeklärt. Die Steine im inneren Kreis wurden als „Trilithen“, aufgestellt, was zwei aufrecht stehende Steine, die durch einen Deckstein verbunden sind, bezeichnet. Der Deckstein wurde dabei mithilfe von Rillen und Lehrräumen fest in die beiden unteren Steine verankert. Im äußeren Kreis wurde ein durchgehender Kreis (also mit durchgehenden Decksteinen) aufgebaut. Die Blausteine wurden in Doppelbögen aufgestellt und da sechs von ihnen Strukturen von Rillen und Löchern zeigen, ist es möglich, dass auch sie als Trilithen oder andere Strukturen zusammengefügt waren. Zudem wurden die vier Positionssteine, der Fersenstein und der Opferstein (der mittlerweile umgefallen ist) um die Anlage herum aufgstellt.
Die Positionssteine, so wird vermutet, sind wie auch der Fersenstein nach den Stellungen der Sonnenwende und Tagundnachtgleiche angeordnet. Verbindet man die ehemals vier Positionssteine miteinander, so sieht man, dass sie sich in der Mitte der Steinkreise treffen. Ihre genaue Funktion ist bis heute unbekannt. Der Fersenstein, der einst mit zwei weiteren Steinen als Trilith angeordnet war und so die Sonne an der Sonnenwende „einrahmte“, steht heute alleine da.
In einer letzten Phase (ab 2200 v. Chr.), die Jahrhunderten andauerte, wurde der Prozessionsweg angelegt und stetig verlängert. Dieser 20m breite Weg verband Stonehenge über einen kurvigen, 2,7km langen Weg mit dem Fluss Avon. Der gerade ausgerichtete Teil des Weges war in einer Linie mit dem Lichteinfall zur Sommersonnenwende angelegt. Die Blausteine wurden in einen äußeren Kreis umgestellt und neue Steine, wie auch weitere Walle und Gräben kamen hinzu. Zudem wurde der trilithische Kreis zu seiner heutigen Hufeisenform aufgelöst.
Stonehenge besaß nach dieser letzten Phase zwei Steinkreise, einen hufeisenförmigen Bau im Zentrum und zwei Wälle. Nach dieser letzten Phase begann die frühe Bronzephase und die Menschen wandten sich von dem Monument ab und begannen Bestattungshügel, die bis heute die Landschaft in Wiltshire prägen, zu erbauen.
Seit 1918 befindet sich Stonehenge im Staatseigentum. Zuvor gehörte es Sir Cecil Chubb, der es Gerüchten zufo.ge seiner Frau als Geschenk erwarb. Da sie aber keine Freude an den Steinkreisen fand, vermachte er es 1918 dem Staat und seit 1986 gehört es offiziell zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Besonders interessant ist das 1999 durchgeführte Stonehenge-Experiment, was eines der größten Mysterien um die Errichtung Stonehenges beantworten sollte: Wie kamen die Felsquader aus Sarsen aus den fast 400km entfernten walisischen Bergen nach Stonehenge? Um das heraus zu finden, versuchte man einen 28t schweren Felsquader mit den vermuteten Techniken entlang des vermuteten Weges nach Stonehenge zu transportieren. Mithilfe von Holzrollen wurde der Fels zunächst von zahlreichen Freiwilligen über Land gezogen, bis man ihn auf ein Floß zur Weiterfahrt legte. Dieses versank aber durch ein Unwetter im Bristolkanal.
Dieses Versagen im 20. Jahrhundert wirft abermals die Frage auf, weshalb die Menschen eine derart harte, anstrengende und Jahre andauernde Arbeit auf sich nahmen. Die Menschen, die die Steine transportieren könnten Sklaven oder aber auch Freiwillige gewesen sein, die ihre Zeit und Energie in die Errichtung dieses Monuments gaben. Es wird davon ausgegangen, dass es Anführer gegeben haben muss, die dieses Großprojekt steuerten. Mögliche Teams wären dann etwa für die Beschaffung der Materialen und die Verpflegung der Helfer zuständig gewesen.
Theorien über die Nutzung von Stonehenge
Aus den andauernden Änderungensarbeiten wird abgeleitet, dass Stonehenge über die Jahrhundete hinweg immer einen Zweck, wenn auch einen immer anderen, für die Menschen erfüllte und über diesen wird natürlich auch heute noch gerätselt. Hier eine kleine Übersicht über Theorien und Erklärungansätze:
Kultort (Totenkult): Stonehenge könnte als Kultort gedient haben, an dem Rituale, die mit der Stellung der Sonne und Phasen des Mondes in Zusammenhang standen, vollzogen wurden. Ein Totenkult gilt als möglich, da ungewöhnlich viele menschliche Knochenreste in der Umgebung und ganz konkret vor dem Steinkreis gefunden wurden. Die Kreisform wird oft auch als der Kreislauf des Lebens (Geburt, Wiedergeburt und Tod) interpretiert, was die These des Totenkults stützt. - In der Nähe des Prozessionsweges fanden Forscher einen weiteren kleineren Steinkreis. Dieser „Bluehenge“ wurde ebenfalls aus Blausteinen errichtet, die aber als Baumaterial entwendet wurden. Und ein weiterer Steinkreis „Woodhenge“ soll mit Stonhenge verbunden gewesen sein. Der Forscher Mike Parker Pearson nimmt an, dass Stonehenge das Totenreich und der Holzkreis das Leben symbolisieren sollte. Nach ihm wären die Menschen zur Sommer- und zur Wintersonnenwende den Prozessionsweg entlang geschritten, um an die Vergänglichkeit des Lebens zu erinnern. Pearson entwickelte diese These in Zusammenarbeit mit Forschern aus Madagaskar, wo traditionell Stein das Tote und Holz das Lebendige darstellt.
Kalendertheorie/Observatorium: Da die Jahreszeiten für die prähistorischen Menschen eine besondere Rolle spielten, könnte Stonehenge mit seiner Ausrichtung am Lauf der Sonne eine Art Kalender gewesen sein. Der Stand und Einfall der Sonne konnte den Menschen Informationen über die Jahreszeit und damit den richtigen Zeitpunkt für Saat und Ernte geben. Zudem konnten mithilfe der Wanderung der Sonne die Sommer- und Wintersonnenwende, das Frühlings- und Herbstäquinoktium (Tagundnachtgleiche) sowie Sonnen- und Mondfinsternisse vorhergesagt werden
Die Annahme, dass Stonehenge von Druiden errichtet worden ist, gilt heute als widerlegt, da Stonehenge viel älter als diese uns heutige einzige bekannte religiöse Gruppe aus der keltischen Frühsteinzeit ist.
Hinrichtungsplatz: Stonehenge (so genannt seit 1932) ist eigentlich gar kein Henge, da sein Graben entgegen der Definition außerhalb des Steinkreise verläuft und nicht in deren Mitte. Dennoch ist es der Vorläufer für alle anderen Henges, die es aussschließlich in Großbritannien gibt. Da solch ein Henge anders als eine Festunganalge eher einen strategischen Nachteil bedeutet, geht man i.d.R. von einer religiösen Funktion aus. Das Wort selbst setzt sich aus "Stone" (Stein) und "Gallows" (Galgen) zusammen, es wurde nämlich lange vermutet, dass Henges als Hinrichtungsplatz verwendet wurden.
Bild #2: 1 Prozessionsweg, 3 Fersenstein, 5 Opferstein, 6 Positionssteine, 7 „Aubrey“-Löcher, 8 Äußerer Steinkreis, 9 Blausteinkreis, 10 Innerer Steinkreis
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