Sind wir nicht alle ein bisschen „Janosch“?
Falls du Yoga, Debussy und „Den alten Mann und das Meer“ magst, dafür aber nicht viel von Kriege machen, Staatsangehörigkeiten und unnötigen Konventionen hältst, bist du mit hoher Wahrscheinlichkeit genauso wie ich ein bisschen „Janosch“. Mal schauen, was es sonst noch heißen könnte.
Erst neulich durfte ich an einem Projekt arbeiten, dessen Ausgang bis zur allerletzten Sekunde ungewiss blieb. Schliesslich handelte es sich um Janosch und dieser ist unter anderen durch seine Unberechenbarkeit berühmt geworden. Ich habe ein Skype Gespräch mit Janosch in Kattowitz (Katowice, Polen) geplant und wusste bis zuletzt nicht, ob der Ehrengast überhaupt auf der anderen Seite der Leitung erscheinen würde.
Doch jetzt, nachdem die Veranstaltung gelaufen ist, stelle ich fest, dass Janosch in meinem Leben noch präsenter wurde, obwohl wir uns nicht mal richtig begegnet sind. Sein Ruhm kommt nicht von ungefähr und vielen seiner Leser muss es ähnlich ergehen, wenn sie mit Janoschs Welten konfrontiert werden.
Der Schriftsteller und Illustrator Horst Eckert, alias Janosch, ist in Hindenburg aufgewachsen (das heutige Zabrze). Über München kam er nach Spanien, wo er inzwischen schon seit über 30 Jahren lebt. Darin ähneln wir uns mit Janosch: wir haben in unseren Leben mehr oder weniger die gleichen Breitengrade beschritten.
Angefangen bei unserem Herkunftsort: Schlesien. Janosch kommt aus Ober- und ich aus Niederschlesien. Vor 85 Jahren war es noch Deutschland. Janosch wurde anschließend nach dem II Weltkrieg gezwungen samt seiner Familie hinter die neue deutsche Grenze zu ziehen. Mein Migrationsgrund war bei weitem nicht so dramatisch, aber so ein bisschen wie Krieg fühlte es sich anfangs schon an. Wie vermutlich für viele Heranwachsende, die das vertraute Stück Erde von einem Tag auf den anderen verlassen sollen.
"Niemals war das Leben so sehr in Ordnung, wie dort. Wenn man nichts anderes kennt, will man auch nichts anderes haben."
Außerdem sind wir beide ebenfalls in München gelandet. Janosch hat sich mit seinen Zeichnungen an der Akademie der Künste versucht, wurde aber abgelehnt. Mir ging es mit meinen Fotos genauso.
Nach einigen Jahren, wo er schon Ruhm erlangte, wurde er des Lebens in Deutschland überdrüssig, verbrannte sein Hab und Gut und ging nach Spanien. Ich wurde zwar nicht weltberühmt und habe auch nichts verbrannt, dennoch wollte auch ich mein altes Leben hinter mir lassen und ging nach Spanien. Janosch blieb dort bis heute. Hat anscheinend seine Ruhe gefunden, ein schönes Haus gebaut und vor ein paar Jahren sogar geheiratet.
Hier gehen unsere Wege auseinander. Denn ich bin nicht in Spanien geblieben. Nach dem EVS zog ich in seine alte Heimat.
Und holte Janosch vor ein paar Tagen virtuell wieder nach Hause. Auch, wenn dieses Zuhause lediglich aus verblassenden Erinnerungen besteht. Und auch, wenn es nur ein Paar Minuten werden sollten.
Wenn man einen Freund hat", sagte der kleine Bär, "der Pilze finden kann, braucht man sich vor nichts zu fürchten! Nicht wahr, Tiger?
Janosch ist mir bereits vor vielen Jahren, als ich „Oh, wie schön ist Panama“ entdeckte, so richtig sympathisch geworden. Wir haben das Buch damals mit meiner besten Freundin in der Bücherei gelesen, in der wir sonst auch viele Nachmittage nach der Schule verbrachten. Manchmal kauften wir uns was zum Knabbern, schnappten ein interessantes Buch, um uns anschließend in einer gemütlichen Sitzecke zu verkriechen und die anderen Besucher mit hysterischen Lachausbrüchen aus dem Leserhytmus zu bringen. Aus den strengen Blicken der Bibliothekarin, welche mit dem Finger auf das Schild „Essen verboten“ zeigte, machten wir uns damals nicht viel. Schließlich gibt es kaum was genüsslicheres als zu lesen und gleichzeitig zu essen. Das Lachen nicht zu vergessen. Und wenn man eine Freundin hat, mit der man all das machen kann, braucht man sich auch wirklich vor nichts zu fürchten! Nicht wahr?
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