Schon zu spät, für Solidarität?
Ein kleines Gedicht über die Bedeutung und Wichtigkeit von Solidarität in unserer heutigen Gesellschaft.
Denke ich an meine Kindheit zurück,
dann erinnere ich mich an viele Stunden voller Abenteuer und Glück.
An Sorglosigkeit und Freude an den kleinsten Dingen,
an dreckige Kleidung, klebrige Münder und Wettbewerbe im Seilspringen.
Ich erinnere mich an die simpelsten Spiele, und die waren meistens die Besten,
man war sich für nichts zu schade und wollte alles austesten.
All das mag für den ein oder anderen jetzt nichts Besonderes sein,
und für mich war es das auch nicht, denn ich war nun mal klein
und da ist das anscheinend so,
man macht sich keine Gedanken und ist eher grundlos froh.
Allerdings gibt es daran trotzdem eine Besonderheit,
denn ich war zu dieser Zeit immer dazu bereit
für meine Freunde da zu sein, es war quasi eine Selbstverständlichkeit,
ihnen zu helfen,
auch wenn das bedeutete, mich selbst hinten anzustellen
oder mich in Schwierigkeiten zu begeben, denn nie im Leben
hätte ich sie alleine gelassen.
Und im Gegenzug wusste ich auch, ich konnte mich immer auf sie verlassen.
Auf diese stille Übereinkunft habe ich einen Großteil meiner Kindheit gezählt,
sie gab mir die Unbeschwertheit, die mir heute manchmal fehlt.
Und auch wenn ich damals noch keine Bezeichnungen dafür kannte,
es noch nicht „Solidarität“ nannte,
auch wenn es sich bei mir damals auch um die eher kleinen Dinge drehte,
zum Beispiel für eine Freundin da zu sein, die geärgert wurde und sich tagtäglich mit Mobbing herumquälte,
wusste ich, wie unglaublich wichtig dieses Prinzip ist und wie es mich in meinem Handeln bestärkt,
denn zu wissen, man kann auf seine Freunde zählen, ist von unglaublich großem Wert.
All das ist einige Jahre her, und inzwischen ist es nicht nur die Bezeichnung an sich, die mir bekannt geworden ist,
seitdem erweiterte sich mein Wissensstand erheblich.
Ich habe so viel gelernt,
mich gleichzeitig aber auch von der Unbeschwertheit meiner Kindheit entfernt.
Ich bin in der Lage, „Solidarität“ auf 4 verschiedenen Sprachen zu definieren, einen Essay darüber zu schreiben und in einem Kommentar über dessen Relevanz zu diskutieren.
Mein Reichtum an Wissen hat sich sehr stark erweitert,
was mich auch immer sehr begeistert!
Jedoch habe ich das Gefühl auf diesem Weg etwas verloren zu haben,
etwas, was ich früher ohne zu hinterfragen
für selbstverständlich angesehen habe.
Nämlich jene Solidarität, die ich eigentlich seit meiner Kindheit in mir trage.
Ich habe den Eindruck, durch den tagtäglichen Wettbewerb schaut jeder auf sich und fährt die Ellenbogen aus,
denn das ist so wie man vorankommt, die einzige Richtung ist geradeaus.
Man macht keine Umwege um seinen Freunden zu helfen oder sich für seine Mitmenschen zu engagieren‚
„Schau auf dich und deine Erfolge, dann wird dir schon nichts passieren“.
Das alles merke ich aber nicht nur in meinem eigenen Freundeskreis,
auch die politische Lage außerhalb meines Umfelds ist dafür ein ausreichender Beweis.
So viele Menschen kämpfen jeden Tag außerhalb unserer Landesgrenzen ums Überleben,
während es für viele hier schon zu viel verlangt ist, andere für einen bestimmten Zeitraum aufzunehmen und ihnen Asyl zu geben.
Gleichzeitig arbeiten Menschen unter den schlimmsten Konditionen,
damit wir sorglos jeden Tag einkaufen können und unseren Geldbeutel dabei schonen.
Für sie ist es normal, jeden Tag ihr Leben zu riskieren,
nur damit wir hier unbedacht und sinnlos viel konsumieren.
All das ist abstrus und liegt mir so fern,
aber gleichzeitig fällt es leicht zu glauben, man könne sich gegen solche Ungerechtigkeiten nicht wehren
und könne nichts daran ändern,
als Einzelner einer Gesellschaft, die in so vielen Ländern
vorherrscht und deren Denken so weit verbreitet ist. Da fällt es leicht zu glauben,
man könne selbst keinen Unterschied machen,
solange es mächtige Konzerne und Vertreter gibt, die darüber wachen,
dass die Dinge so bleiben wie sie sind.
Und es mag stimmen, es ist natürlich nicht einfach, etwas dagegen zu unternehmen,
gegen Ungerechtigkeiten, die wir schon so lange stumm hinnehmen.
Aber wenn nicht jetzt, wann dann?
und sind es nicht sowieso die kleinen Taten, mit denen man so viel bewirken kann?
Denn neben all den Kurvendiskussionen
und Gedichts-Interpretationen
habe ich in meiner Schulzeit vor allem eins gelernt, nämlich wie wichtig es ist sich für die eigenen Werte einzusetzen,
auch wenn das bedeutet, bestehende Normen und Regeln in unserer Gesellschaft zu verletzen.
Nur weil etwas schwierig ist und vielleicht viel Anstrengung kostet,
heißt das nicht dass man es nicht machen sollte. Viele von uns sind einfach eingerostet
und leben in ihrem immer gleichen Umfeld,
nehmen gar nicht mehr wahr was alles schief läuft in unserer Welt.
Und genau deswegen ist es wichtig aufzustehen und sowohl im Kleinen als auch im Großen Solidarität zu zeigen,
um andere auch zu überzeugen, dass wir schon lang genug bei Ungerechtigkeiten schweigen.
Denn erst dann, erst wenn jemand anfängt Diskriminierungen nicht mehr hinzunehmen,
sich gegen sie wehrt und bereit ist, etwas dagegen zu unternehmen,
erst dann werden auch andere in seinem Umfeld auf die Probleme aufmerksam,
und wollen daran etwas ändern, denn wir alle haben eine Stimme, die man nicht ignorieren kann.
Somit ist Solidarität für mich etwas,
das wir jeden Tag aufs Neue können praktizieren,
auch schon durch kleine Taten, indem wir nicht die Verbindung zu uns selbst verlieren,
und zu dem, was uns im Leben wirklich wichtig ist,
auch wenn man das im Alltagstrubel manchmal allzu leicht vergisst:
Engagement, Zusammenhalt und Gerechtigkeit,
und zwar zu jeder Gelegenheit.
Denn im Endeffekt ist es doch so, dass wir uns jedes Mal selbst verletzen, wenn wir verlernen die wirklich wichtigen Dinge im Leben zu schätzen
und stattdessen gegen andere Menschen hetzen.
All die angeblichen Unterschiede und zwischen Dir und Mir, die gibt es eigentlich nicht,
ich bin du und du bist ich,
und gemeinsam sind wir unendlich.