Prozession in weiß oder Santa Lucia
Der 13. Dezember ist in den skandinavischen Ländern und in Italien ein Feiertag namens Santa Lucia, also Heilige Lucia. Dieser Tag wird immer mit einer kleinen Prozession gefeiert. Auch im Altersheim wurde das gemacht, nur etwas anders, als sonst.
Der 13. Dezember ist in den skandinavischen Ländern und Italien ein Feiertag namens Santa Lucia. Da wird offensichtlich eine Person namens Lucia gefeiert, warum genau, weiß ich leider auch nicht. Aber es hat etwas mit Licht zu tun. Auf jeden Fall wird es gefeiert, indem es eine Prozession von Menschen, meistens Kindern, gibt, die weiße Gewänder an haben und jeweils eine Kerze in der Hand halte. Vorne weg läuft die "Lucia", ebenfalls im weißen Gewand, aber mit einem Kerzenkranz auf dem Kopf. Alle zusammen laufen dann und singen das Lucia-Lied.
In meinem Heim kommen dann immer Kinder, die eine Prozession durch das Heim machen und singen. Aber aufgrund von Corona konnten die Kinder leider nicht kommen. Das Fest sollte aber nicht ausfallen. Es ist ein fester Bestandteil der skandinavischen Vorweihnachtszeit. Also gab es eine kleine Prozession mit ein paar Leuten vom Personal. Lotta und haben auch mitgemacht. Ich wurde gebeten, das ganze mit meiner Geige zu begleiten. Unsere Gewänder waren weiße Bettlaken, die wir uns irgendwie um unsere Körper gelegt haben. Bei mir war das ganze etwas schwieriger, weil ich meine Arme komplett frei haben musste, um Geige spielen zu können. Im Laufe der Prozession ist es aber etwas verrutscht, was es nicht einfacher gemacht hat. Aber es war sehr schön, den Brauch einmal mitgemacht zu haben. Und die Bewohner*innen haben sich sehr gefreut darüber. Manche haben fast vor Rührung geweint. Die Prozession hat in etwa eine halbe Stunde gedauert, weil wir überall im Heim gewesen sind und man dabei sehr langsam läuft. Mein Arm tat danach sehr weh, weil ich die halbe Stunde ununterbrochen immer das Lied gespielt habe. Lotta war sehr außer Atem vom ganzen Singen. Aber ich finde, das war es wert. Es war nur eine kleine Herausforderung im Laufen zu spielen und dann auch noch ungefähr mit den anderen im Gleichschritt zu sein.
Nach einer kurzen Pause haben wir dann mit unserem kleinen Weihnachtskonzert weitergemacht. Zusammen mit Anette, die zwei Mal die Woche mit ihrer Gitarre ins Heim kommt, hatten wir ein paar Weihnachtslieder eingeübt. Das waren "Es ist ein Ros entsprungen" und "Stille Nacht", weil es die in Dänisch und Deutsch gibt. Dazu hatten wir noch ein sehr süßes dänisches Lied über die schwangere Maria, die sich auf ihr Baby freut. Diese drei Lieder haben wir dann gespielt und bei den ersten beiden haben Lotta und ich jeweils die erste Strophe auf Deutsch gemacht und dann konnten die Bewohner*innen auf Dänisch die anderen Strophen mitsingen. Nach unseren drei Liedern haben wir noch zwei oder drei andere Dänische Weihnachtslieder gesungen, die wir aber nicht besonders geübt haben, sondern Anette hat das auf der Gitarre begleitet und alle haben gemeinsam gesungen. An sich hat ein Konzert gute zwanzig Minuten gedauert. Aber wir haben das ganze vier Mal gemacht, waren also mit Umbau und so damit etwa zwei Stunden beschäftigt. Warum aber vier Mal? Im Heim war am Montag Julefrokost, also "Weihnachtsmittagessen", wörtlich übersetzt. Das Jukefrokost ist ein typisch dänischer Adventsbrauch, wo die Leute zusammenkommen, gemeinsam viel und gut essen und traditionell fließt auch einiges an Alkohol. Und im Pfelgeheim gibt es vier Speiseräume, in denen alle essen, die im betreffenden Gebäudeteil wohnen. Weil wir während des Julefrokost gespielt haben, mussten wir es also vier Mal machen. Auch dabei hat ein Bewohner geweint vor Rührung und manche fast. Es ist sehr schön zu sehen, dass man mit so verhältnismäßig wenig Aufwand den Leuten so eine große Freude bereiten kann. Alles in allem war es mein bisher anstrengenster Arbeitstag, seit ich in dem Heim angefangen habe, aber auch einer der schönsten. Die meisten waren gut drauf und haben sich gefreut und ich habe somit viel zurückbekommen und gleichzeitig typisch dänische Kultur ein Stück weit mitbekommen.