Play one more Bob Dylan, Jesus!
Wochenende in Bantry und himmlische Musik im Pub
Samstagabend in Bantry, die Straßen scheinen verlassen, nur ab und zu huschen einzelne Menschen vorbei.Die 2 kleinen roten Flügeltüren schwingen beiseite, und Luis und ich stehen im Vorraum von Ma Murphys. Aus dem Pub hört man Stimmen, klirrende Gläser. Als ich die Innentür öffne verstehe ich was hier vor sich geht. Ganz Bantry hat sich genau hier versammelt. Auf meinem Weg zur Bar brauchen wir für jeden Meter eine Minute, schließlich hat jemand ein Akkordeon mitgebracht und jeder der sich und sein Pint noch aufrecht halten kann singt in einer unfassbaren Lautstärke mit. Als wir nach 5 Minuten schließlich an der Bar sind, wartet schon ein Guinness als Belohnung, es mögen zwar 50 Leute an der 5 Meter langen Bar versuchen ein Getränk zu kaufen, aber der Barmann hat es im Griff als hätte er das sein ganzes Leben schon so gehandhabt. Hat er vermutlich auch. Ich allerdings hätte nicht gedacht dass 100 Leute in einen Pub von der Größe meines Zimmers passen, aber hier ist der Beweis. Im etwas ruhigeren Hof treffen wir Arthur, Thomas, Natalie (alle Franzosen die hier auf Farmen arbeiten) und Kevin (aus Bantry), die offenbar schon länger hier sind. Nach 2 Stunden verlassen wir Ma Murphys, das sich schon etwas geleert hat. Vorbei am Akkordeonmann, der immer noch nicht genug hat (sowohl musikalisch als auch an Drinks), vorbei an den 2 Mädchen, die auf den Tischen tanzen wollen und von der Bedienung resolut zurechtgewiesen werden, durch die Flügeltüren, ins Freie. Ab ins Mariner, das zwar nicht unbedingt den selben irischen Charme versprüht, aber dafür mit einer Band aufwarten kann, die bekannte Bluegrass, Folk und Rocksongs covert. Nicht einmal Luis Zurufe (play one more Bob Dylan, Jesus!) bringen sie aus dem Konzept. Die haben aber auch lange Haare, mein Gott, oder, wie der Ire sagt: Jesus!
Am Sonntag danach schaffe ich es irgendwie, meine Knochen aus dem Bett zu heben, und nach einem spirit-and-body-lifting breakfast geht der Spaß von vorne los. Luis und ich haben Kevin versprochen, bei seinem Rugbymatch vorbeizuschauen. Wenn Kevin sich so fühlt wie ich ist das 80-minütige Match für ihn 78 Minuten zu lang. Leider haben Luis und ich den Weg zum Pitch unterschätzt, und so sehen wir nur die letzten Minuten, in denen sich große dicke Männer um ein paar Meter Raumgewinn schlagen und im Matsch wälzen. Nach Spielende wartet ein weiterer Kulturschock auf mich. Die Spieler verlassen das Feld, und ich versuche den Schock zu verdauen und mich nicht zu besabbern. Ich habe noch niemals so dreckige Menschen gesehen. Die Abwesenheit von Umkleideräumen mit Duschen trägt nicht zur Entschärfung der Lage bei, die Spieler steigen so wie sie sind in ihre Autos, einige sind sich jedoch ihrer Lage noch bewusst und wechseln zumindest ihr Shirt in den komfortabel eingerichteten Baucontainern, die zu diesem Zweck bereitstehen. Reizend. Kevin hat die Niederlage seines Teams offenbar ganz gut verkraftet und bringt uns mit seinem Van zurück in die Stadt. Leider hat er keinen Platz mehr vorne, also sitzen Luis und ich hinten bei den Werkzeugen(Kevin ist Fliesenleger). Auf einer Holzbank. Ohne Licht. Über irische Straßen. Jesus! Nach dieser mexikanisch angehauchten Fahrt lädt er uns ein, mit dem Team ins Mariner zu kommen. Es ist als hätten wir es seit gestern Abend gar nicht verlassen. Sogar die Band ist noch da und frönt dem Laster aller Bands, dem Alkohol. Wir haben Glück, die Rugbymatches auf Sky sind wohl sogar für Kennen nicht so interessant, und so schauen wir uns die zweite Hälfte Arsenal-ManUnited an.
Von der Arbeit gibt es nichts Neues zu berichten, ich komme langsam immer besser mit den Kindern zurecht und meine Kollegen sind sowieso die Besten. Wir haben es sogar geschafft den Weihnachtsbaum und die Weihnachtsbemalung der Fenster zu entfernen. Am 18. Januar. Ist halt nicht Deutschland hier.
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