Pläne schmieden und Planänderungen
Mid-term-Seminar in Narbonne, Kurzurlaub in Lyon und Heimreise
Mit eher mittelmäßiger Motivation für das mid-term-training, dafür aber ausnahmsweise frühzeitig gepacktem Rucksack zur Stressvermeidung, zu wenig Schlaf und dem Wissen über mögliche wetterbedingte Zugprobleme trat ich letzten Montag mit Stefania die Reise nach Narbonne an. Die angekündigten Stürme hörte ich zwar Nachts, aber glücklicherweise gab es keinerlei Probleme auf der Strecke. Im zweiten Zug der uns von Paris nach Narbonne bringen sollte, trafen wir zwei Freiwillige aus Straßburg, eine von ihnen kannte ich schon vom Ausreiseseminar in Deutschland. Umso größer war da der Zufall, dass wir auch noch 4 Plätze direkt beieinander hatten! So verging die Fahrt gleich nochmal schneller und wir nutzten die Zeit mit zahlreichen Gesprächen.
Nachmittags in Narbonne angekommen strahlte die Sonne und das Wetter lud nur so dazu ein, die Jacken zu verbannen und sich nach draußen zu setzen. Von der Zeit bis zum Seminarbeginn profitierten wir dann auch mit einer immer größer werdenden Gruppe Freiwilliger auf einer überdimensionalen Bank hinter dem Tagungszentrum, lernten uns schon ein bisschen kennen, schossen Fotos, entspannten uns mit Sonnenstrahlen im Gesicht.
Die knappen 4 Tage wurden dann zu einer tollen Zeit, wie es für EVS-Seminare eben üblich ist. 25 junge Menschen aus Spanien, Italien, Finnland, Polen, Tschechien, Slowakei, Portugal, Estland, Deutschland, Ukraine, Irland, Belgien, Bosnien. Was ich an den EVS Gruppen so besonders finde, sind die Menschen, da man unter europäischen Freiwilligen oftmals auf außergewöhnliche Persönlichkeiten trifft, Leute, die eben etwas anderes machen wollen. Ein bisschen aus diesem Muster fallen für mich oftmals die Deutschen, der typische deutsche Freiwillige ist 18,19 Jahre alt, hat gerade sein Abi gemacht und will vor dem Studium was anderes machen. Da kann und will ich mich selbst auch gar nicht ausnehmen. Doch meistens sind es eben die anderen Freiwilligen, die außergewöhnlichere, spannende, interessante Geschichten zu erzählen haben. Daher war ich auch gar nicht undankbar, dass wir nur 4 Deutsche waren. Umso besser habe ich mich aber mit allen verstanden. Zwei kannte ich ohnehin schon, die dritte hatte ich im Prinzip auch schon gesehen, aber ohne dass wir uns kannten. Es ist schon lustig, sich im Süden Frankreichs kennenzulernen und festzustellen, dass man aus quasi Nachbarstädten kommt und auf dem gleichen Beachvolleyballturnier war.
Ansonsten war es ein Seminar wie „jedes andere“ EVS-Seminar, Arbeitsphasen, die sich bereits jetzt auf die Auswertung unseres Freiwilligendienstes bezogen, Projekte für die Zukunft entstehen und ordnen ließen, Zeit für Austausch, viele Kaffeepausen und Freizeit, die ich immer wieder gerne mit einem Spaziergang nach den bewegungsarmen Tagen, Gesprächen oder gemeinsamen Aktivitäten füllte. So entstand z.B. bei einer selbstgemachten Abwandlung des Spiels Tabu eine ziemlich gute Skizze Europas mit einem riesen schwarzen Fleck, der Estland darstellte. Auch wenn das Seminar à mi-parcours weit nicht so intensiv war wie das erste, man weit weniger von den anderen erfuhr, genoss ich die 4 Tage doch sehr und lernte viele interessante Menschen kennen, freute mich, bekannte Gesichter wiederzusehen und hoffe, den ein oder anderen Freiwilligen nochmal wiederzusehen.
Am Donnerstagnachmittag ging es dann nach Lyon, wo uns „schönstens“ Regenwetter erwartete. Den Abend verbrachte ich mit Stefania, Artur, einem Freiwilligen den wir vom ersten Seminar kannten, und dessen sehr künstlerischen Mitbewohnern in ihrer WG. Um wenigstens noch ein bisschen raus zu kommen, drehten wir dann allerdings noch eine Runde und erkundeten ein neues Viertel in Lyon – La Confluence – mit interessanten Gebäuden, vor allem Handelsflächen, aber auch ökologischem Wohnraum. Am Tag darauf fühlte ich mich schon nicht mehr so fit, war müde, hatte Halsschmerzen und Kopfweh. Den Vormittag vertrödelten wir auch recht entspannt in der Wohnung und kochten schließlich Reis mit Linsen. Anschließend liefen wir ein Stück durch die Stadt, Place de Bellecour, Rue de la Republique. Ich fand es ziemlich spannend, dass ich wirklich einige Plätze wieder erkannt habe und an was mich sonst noch alles von einem Schüleraustausch vor 6 Jahren erinnert habe. Schließlich schauten wir im atelier der „compagnon batisseurs“ vorbei, dem EVS-Projekt von Artur, das im Grunde zum Ziel hat, Menschen beim Bauen und Renovieren zu helfen. Das Atelier gefiel mir, ordentlich, aber dennoch genug Bastel-Stil und Kreativität, auch wenn ich selbst keine große Handwerkerin bin. Den Nachmittag nutzten wir dann, die Croix Rousse entlang zu laufen, ich entdeckte, dass der gros caillou – großer Kieselstein – gar nicht so groß ist, wie ich ihn in Erinnerung hatte, und schließlich die Altstadt, das Vieux Lyon, zu erkunden. Mit dem Plan, einen Kaffee trinken zu wollen landeten wir schließlich in einer Crêperie, typisch „Armorique“ – Bretagne. Scheinbar zieht mich die neue Heimat von überall her an…
Samstagmorgen entschied ich dann endgültig, dass es wenig Sinn machte in dem Zustand weiter wie geplant nach Lens zu fahren und tauschte meine Fahrkarte. Über 7 Stunden später, müde – mir wird doch langsam immer bewusster, wie anstrengend Reisen ist, umso mehr wenn man nicht fit ist -, gerade so den Anschlusszug in Paris erwischt, eine Stunde extra-Aufenthalt in Nantes, weil zwei Bäume Probleme mit der Stromversorgung zwischen Redon und Sauveny gemacht haben, kam ich dann endlich heim nach Redon. Ich hatte sogar noch Zeit, im Supermarkt ein paar Kleinigkeiten einzukaufen, traf auf dem Heimweg Nicolo, der mich freudig begrüßte und schaute schließlich bei Sarah vorbei, um ihr nochmal persönlich zu gratulieren und Tim, Anastasia und unserer Neuankömmling Meryem"Hallo" zu sagen, ehe ich ins Bett fiel.
So bin ich dann gerade doch unverhofft zu Hause, wo meine Ferien doch ganz anders durchgeplant waren. Aber gleichzeitig tut mir nicht nur die Ruhe gut, sondern fühle ich mich auch einfach wohl hier, ohne zu sehr zu bereuen, was ich verpasse. Jetzt hoffe ich nur, am Mittwoch zumindest wie geplant nach Paris fahren zu können…