Petropavlovsk, ein neuer Volontär und ein Skiausflug
Wieder einmal musste ich nach Petro fahren. Dort holte ich einen neuen Volontär ab. Am Wochenende unternahm ich meine erste "Skitour".
Montag, 13.12.2010:
Früh am Montagmorgen ging ich mit Susan zur Bushaltestelle. Wir mussten mit dem Bus wieder die mir allzu gut bekannte Strecke nach Petropavlovsk fahren. Diesmal allerdings aus einem erfreulicheren Grund als die letzen Male. Denn wir wollten in der Stadt einen neuen Volontär abholen, Kostja aus Weißrussland und nicht um etwa wieder auf irgendwelchen blöden Ämtern herumrennen.
Am späten Nachmittag kamen wir wieder in Jelisowo bei Martha an. (Martha ist die Inhaberin der Pension, in der wir Volontäre meistens übernachten). Dort waren gerade noch ein paar Gäste zu Besuch. Sie gehörten einem Expeditionslager an, das von dem Abenteurer und Umweltaktivisten Mike Horn für Jugendliche organisiert worden war. Horn selbst war nicht da, aber sein Kollege Dimitri, die Expeditionsköchin und eine Teilnehmerin, Marcella aus der Schweiz. Zur Feier des erfolgreichen Endes der Expedition gab es bei Martha dann ein kleines Festmahl mit Fisch, Reis, Sekt, Eis und Kuchen. Da Susan und ich eben auch da waren, wurden wir aufgefordert der kleinen Gruppe Gesellschaft zu leisten und uns satt zu essen. Dieses Angebot schlugen wir natürlich nicht aus. So hatten wir einen netten Abend mit angenehmer Gesellschaft, leckerem Essen und einigen interessanten Berichten.
Dienstag, 14.12.2010:
Am nächsten Morgen wurden wir gemeinsam mit Dimitri und Marcella von Martha zum Flughafen gefahren. Während diese in den Flughafen gingen, um dort einzuchecken, gingen Susan und ich zum Ankunftsbereich, wo wir Kostja erwarteten.
Gerade eben kamen Passagiere an und wir dachten, dass sich unter diesen auch Kostja befinden würde.
Allerdings kam es da noch ein Problem: Wir wussten lediglich, dass wir einen jungen Mann namens Kostja abholen sollten, der Volontär des Naturparks sein wird und angeblich um 9 Uhr ankam. Wir wussten weder mit welchem Flug er kommen wollte, noch wie Kostja mit Nachnamen hieß oder aussah.
Also musterten wir die Passagiere nach einem jungen Mann, der Aussah, als ob er Volontär in einem Naturpark sein könnte. Nachdem wir dann 3 Leute angesprochen hatten, ob sie zufällig Kostja heißen, aber nicht fündig geworden waren, riefen wir Judith an und erbaten ein paar Informationen. So erfuhren wir, dass Kostja aus Moskau geflogen kam und angeblich einen Rucksack trug, einen Koffer hatte, eine braune Jacke und eine grüne Hose anhatte.
Daraufhin erkundigten wir uns im Flughafen, ob das Flugzeug aus Moskau schon da sei. Dort sagte man uns, dass das Flugzeug noch nicht gelandet sei. Also warteten wir. Als dann eine Durchsage das Flugzeug ankündigte, begaben wir uns wieder zum Ankunftsbereich. Dort stellten wir uns dann so auf, dass wir jeden Passagier mustern konnte. Und tatsächlich erblickten wir einen jungen Mann mit brauner Jacke, der aussah, als ob er Volontär in einem Naturpark sein könnte. Nachdem ich ihn nach seinem Namen gefragt hatte, stellte sich diese Vermutung dann auch als wahr heraus. Wir hatten ihn also gefunden.
Als Kostja dann sein Gepäck geholt hatte, fuhren wir zurück zu Martha, mit dem Bus. Auf der Fahrt, bzw. noch am Flughafen konnten wir Kostja schon mal etwas kennenlernen. Wir dachten gleich, dass er ein sympathischer neuer Kollege und WG-Genosse sein würde. Diese Meinung habe ich bis jetzt immer noch. Darüber waren natürlich alle ziemlich erfreut, da wir befürchteten, dass er vielleicht auch so ein abgedrehter Outdoorfreak wie unsere anderen Mitbewohner sein könnte. Bis jetzt habe ich meine Meinung über Kostja noch nicht ändern müssen.
Bei Martha angekommen, besprachen wir bei einer Tasse Tee den weitern Tagesablauf. Wir wollte zuerst in die Stadt fahren, um für Kostja Ausrüstung und Klamotten für den Winter zu kaufen. Außerdem sollten wir noch einige andere Dinge einkaufen, die uns diverse Leute aus Esso aufgetragen hatten. Nicht vergessen durften wir die Bustickets für die Rückfahrt am Mittwoch.
Wir fuhren also mit dem Bus wieder kreuz und quer durch die Stadt. Abends kamen wir dann wieder bei Martha an und machten uns erstmal etwas zum Essen. Den Rest des Tages nutzen wir dann zum gegenseitigen kennenlernen.
Mittwoch, 15.12.2010:
Am Mittwochmorgen fuhren wir wieder mit dem Bus ins Zentrum von Jelisowo zur Busstation. An diesem Morgen war leider sehr schlechtes Wetter. Es war so warm, dass es regnete (unglaublich mein erster Regenschauer seit ungefähr 2,5 Monaten). Als wir im Zentrum ausstiegen und nur ca. 20 Sekunden vom Bus zur Wartehalle brauchten, waren wir schon komplett durchnässt, da es so stark regnete und windete.
Noch einmal mussten wir in den Regen, als wir von der Wartehalle zum Bus nach Esso liefen. Gerade noch schafften wir es in den Bus ohne zu ertrinken.
Und dann ging meine bisher schrecklichste Busfahrt zwischen Esso und Petro los. Meine schrecklichste Busfahrt war es, da der Bus genauso alt wie der Fahrer war. Das heißt, das es während der ganzen Fahrt immer mal wieder von der Decke tropfte, scheinbar war der Bus nicht mehr ganz dicht.
Da der Fahrer so alt war, konnte er meiner Meinung nach nicht mehr richtig fahren. Na gut, es war auch wirklich schlechtes Wetter, anfangs starker Regenschauer, dann Schneefall. Aber der Bus schlich letztendlich mit ungefähr 30 km/h über die Landstraße, einmal landeten wir fasst im Graben und öfters musste ich fürchten, dass wir gleich ins Rutschen kommen.
Naja nach unglaublich langen 12 Stunden kamen Susan, Kostja und ich dann in Esso an. Dort wurden wir dann schon von Judith erwartet, die Kostja in Empfang nehmen wollte. Zu Hause gab es dann ein kleines Willkommensessen für Kostja.
Donnerstag, 16.12.2010:
Am Donnerstag fiel immer noch so viel Schnee, dass ich dreimal raus musste um Schnee zu schippen. Ansonsten gab es noch eine kleine Gesprächsrunde, in der alle Volontäre Kostja erzählten, was sie für Projekte haben, bzw. mit was sie sich beschäftigen. Außerdem arbeitete ich halt wieder im Büro (Vorbereiten eines Seminars über die Unterschiede zwischen der Umweltschutzorganismen von Deutschland und Russland).
Freitag, 17.12.2010:
Am Freitag gab es eine kleine Führung durch unser Besucherzentrum, damit Kostja den Naturpark kennenlernen konnte. Da es für mich so eine Führung nicht gab, schloss ich mich an. Am Nachmittag führte Natalia Petrowna uns Volontäre noch durch Esso und erzählte uns einiges über die Entstehungsgeschichte des Ortes, der erst 1926 gegründet wurde.
Als diese Führung mit einem Tee und alten Familienfotos von Natalia Petrowna bei ihr zu Hause zu Ende ging, war auch der Arbeitstag zu Ende und ich ging nach Hause.
Samstag, 18.12.2010:
Kostja, Sergej und Nina wollten am Wochenende mit Skiern zu einer Jagdhütte fahren, um dort Tierspuren zu zählen. Sie fragten auch uns (Susan, Vera und ich), ob wir mitkommen wollten. Allerdings waren wir wenig erpicht auf eine Nacht mit unseren Outdoorfreaks in einer Hütte bei minus 20 Grad Celsius. Außerdem standen wir alles drei noch nie auf (Langlauf-)Skiern und wollten erstmal auf einer kürzeren Strecke trainieren und nicht gleich 18 km mit erfahrenen Leuten losfahren. Außerdem wurden aus den zwei geplanten Tagen der drei dann auch plötzlich vier. Das ist ein Grund mehr, warum ich nicht gerne mit den beiden Russen (Nina und Sergej) auf Tour gehe.
Aber wir einigten uns darauf, dass wir drei Deutschen mitkamen, für ungefähr eine Stunde, oder wie lange wir halt wollten. Dann würden wir umkehren und die drei anderen weiterfahren. Also richteten wir schon Freitagabends unsere Ski.
Am Samstagmorgen sollte es um 8 Uhr los gehen. Allerdings haben Nina und vor allem Sergej die negative Eigenschaft ihre Touren immer auf den letzten Drücker hin zu planen. Das bedeutete, das die Russen dann alle ganz gestresst durch das Haus rannten, ihre Rucksäcke packten, Essensvorräte kochten und, und, und… Als sie dann um ca. 8.10 Uhr fertig waren, sah unsere Küche aus wie ein Schlachtfeld: Überall standen dreckige Töpfe, Teller, Gabeln, Messer und co. herum. Alle Arbeitsflächen in der Küche waren mit Essensresten verschmutzt. Vera sprach dann Nina auf das Chaos an und bat sie, dass sie doch noch ihren Dreck beseitigen könnte. Nina sah das ein und spülte noch ein paar Dinge ab. Sergej hatte dafür allerdings kein Verständnis und fragte Nina, warum sie jetzt noch abspüle. Sergej hätte wohl das ganze dreckige Geschirr so liegen lassen, drei vier Tage lang.
Wie dem auch sei, gegen 8.15 Uhr brachen wir dann auf, die Küche sah immer noch schlimm aus, aber darum würden wir Deutschen uns dann kümmern, wenn wir wieder zurück waren.
Erst noch zu Fuß, mit den Skiern auf der Schulter, liefen wir durch Esso bis an den Ortsrand, wo eine Schneemobilroute begann. Dort schnallten wir dann unsere Ski an und fuhren los. Ich fuhr also das erste mal ausführlich mit Skiern. (Am Kardon bin ich ja nur ganz kurz auf den Ski gestanden) Wenn ich hier von Ski spreche, so meine ich die traditionellen Jagdski, mit denen die Leute hier im Winter auf Tour gehen. Dabei gibt es keine Hightech -Skischuhe und eine Bindung, sondern man schlüpft mit seinen normalen Winterstiefeln in einen Lederriemen, der den Fuß locker auf dem Ski hält.
Da die Ski von mir und Susan neu waren und noch nicht ganz fertig waren (es fehlte noch ein Bremsfell an der Unterseite und auf der Fußfläche hatte man noch kein Material angebracht, mit dem man besseren Halt haben würde) war es für uns recht anstrengen. Wir hatten schlechten Halt auf den Skiern und so konnten wir nur schlecht unsere Fahrtrichtung kontrollieren und benötigten mehr Kraft zum vorwärts kommen.
Hinzu kam, dass die drei Russen immer wieder anhielten, um Tierspuren zu untersuchen. Das bedeutet stillstehen bei minus 20 Grad Celsius. Das hatte dann zur Folge, dass es Vera kalt wurde. Da Susan Schwierigkeiten hatte mit dem Ski fahren (sie stand ja auch das erste mal auf Skiern) und Vera kalt war, beschlossen wir dann umzukehren. Ich wäre vielleicht noch ein wenig gefahren, aber erstens mussten wir zusammen bleiben, damit nicht einer alleine in der Natur unterwegs ist und viel weiter wäre ich auch nicht mehr gefahren. Schließlich musste ich ja auch noch den Rückweg schaffen.
Also machten wir uns nach ca. einer Stunde auf den Rückweg. Nach ca. zwei Stunden Ski fahren kamen wir dann wieder zu Hause an. Dort gönnte wir uns erstmal ein Heißgetränk, dann beschlossen wir ins Bassin zu gehen. Ein richtig sportlicher Samstag also: erst Ski fahren, dann schwimmen.
Wieder zu Hause hieß es putzen: Ich stand ca. eine Stunde am Waschbecken, um die Hinterlassenschaften der Russen zu beseitigen. Danach musste noch der Herd und die ganzen Arbeitsflächen geputzt werden.
Den Rest des Tages verbrachten wir dann zu Hause, entspannen, Film schauen und was man halt sonst noch so an einem gemütlichen Samstagabend tut.
Sonntag, 19.12.2010:
Am Sonntag buken wir neue Weihnachtsplätzchen. Allerdings nicht für den Adventskaffee, der am Nachmittag stattfand. Dafür brachte Judith Plätzchen mit. Sondern für die Weihnachtsfeiertage selbst. Am Abend, nach einigen Tassen Tee, Kaffee oder Kakao und vielen leckeren Plätzchen kam noch Mascha mit ihrem Freund zu Besuch, um mit mir ein deutsches Spiel zu spielen. Ich sollte es den beiden erklären, da ich das Spiel bereits kannte.
Nach einem netten Spieleabend ging es dann ins Bett.
Kommentare