Perejaslaw-Chmelnitzky - ich schaffe das ohne Taxi!!!
Mal wieder on Tour - diesmal ist das Dorf Perejaslaw-Chmelnitzky dran.
Zhytomir die Zweite. Eigentlich wollte ich hochmotiviert 5 Uhr morgens aufstehen um 7 Uhr in Zug zu sitzen. Mit dem frühen Aufstehen habe ich kein Problem - eher damit, dass mein Zug spontan aus dem Internt verschwand. Das kam mir unseriös vor und bevor ich für (wieder mal) nichts aufstehe, lieber gleich Plan B: Perejaslaw-Chmelnitzky.
Eine kleine Stadt, 30.000 Einwohner, 27 Museen. Jawoll, hier bin ich Mensch, hier will ich hin! Dieses Mal wird die Marshrutka schnell gefunden, 20 Griwna und eineinhalb Stunden später bin ich auch schon da.
Öh. Okay. Busse. Kleine Läden. Und nichts los. Das soll eine tolle Stadt sein, die mir mein Russischlehrer empfahl? Na toll. Ich frage Leute, keiner hat eine Ahnung, alle sind genervt und ich bin nach einer halben Stunde so weit, wieder zurück zu fahren. Klassiker. Kein Schild, kein Zeichen, nichs.
Aber aufgeben ist nicht, also gehe ich der Nase nach. Eine nette Straße, noch mal fragen, aha, einfach weiter geradeaus gehen. Alles klar.
Als ich nicht mehr weiter weiß, mache ich das, was ich immer in so einer Situation mache: Ich gehe erst mal was essen. Im Restaurant mit dem schönen Namen RESTORAN stach mir ins Auge. Gesagt, getan. Als einziger Gast wurde ich freundlich aufgenommen. Als mich der Kellner allerdings etwas unverständlich fragte, wie lange ich denn gedenke meine Speisen zu wählen, oute ich mich als Ausländerin. Ach so, Englisch. Pass auf, Mädchen, das habe ich in der Schule gelernt. Yes, denke ich. Hau rein!
Stille. Moment. Er geht vor zur Bar, erörtert mit der Bardame, was er sagen soll, kommt zurück. Mittlerweile habe ich mir den Inhalt seiner Frage selbst gedacht. Trotz mehrerer Versuche, ihn davon zu überzeugen, dass ich auch der Russischen Sprache mächtig bin, müssen wir da jetzt auf Englisch durch. Also gut, heiße Schoki, bitte.
5 Minuten später kommt er zurück. "Sorry, we don't have hot chocolate". Schaut auf seinen Zettel. "Would you like to have something else?" Fast muss ich lachen. Niedlich, wie er sich da einen abbricht. Also gut. Cappuchino halt. Er ist glücklich, mit seinem Schulenglisch jemanden beeindrucken zu können.
Ich frage schließlich, wo denn das Michail-Kloster liegt. Er überlegt. Moment. Fragt die Kollegin. Fragt andere Kollegen. Fragt andere Gäste, die inzwischen eingetroffen sind. Ruft jemanden an. Mittlerweile überlegt das ganze Restaurant, wie die ausländische Dewuschka da wohl hinkommt. Er erklärt es auf Russisch seiner Kollegin, sie versucht es mir auf Englisch zu erklären, scheitert, inzwischen ist es mir fast peinlich, gefragt zu haben.
Ja, ich kann auch Russisch. Egal. Man versucht es auf Englisch. Am Ende meint er, komm mal her, Dewuschka. Führt mich zum Fenster. Guck mal, da ist die Tserkva (=Kirche). TSERKVA!!!! Ja, hab ich gerafft, bin ja nicht dämlich und taub auch nicht. Und daneben, da liegt das Monastir (=Kloster). MONASTIR!!! Hast du das verstanden??? Ja, ich nicke. Ist ja nicht so schwer.
Am Ende meint er: Am Besten, du nimmst das Taxi. Also echt mal, nur weil ich Ausländerin bin, heißt das noch lange nicht, dass ich nicht eine Kirche mal finden könnte. Für die kollektive Anstrengung gebe ich ein großzügiges Trinkgeld und werde mit den besten Wünschen aller Kollegen entlassen.
Schließlich schaffe ich es relativ schnell, sowohl das alte als auch das neue Zentrum der Stadt zu finden.
Sehenswert sind nicht nur alle Kirchen sondern auch die vielen Museen. Wenn man weiß, wo sie sind. Ich gehe ins Museum der gefallenen Soldaten im 2. Weltkrieg, ins Kobsarenmusem und natürlich ins Taras-Schewtschenko Museum, wo ich mich auch gleich oute, dass ich meine Masterarbeit über ihn schreibe. Man will mich nicht gehen lassen und wünscht mir auch hier alles Gute. Mensch, jetzt kann nichts mehr schief gehen. Das Kobsarenmuseum macht zwar fast 2 Stunden Mittagspause (statt einer Stunde) und die Post macht nach der Mittagspause gar nciht mehr auf, aber dennoch kann ich mir eine Ausstellung ansehen. Das mit den Briefen wird dann eben später.
Bleiben noch 24 Museen, die ich das nächste Mal vorher per Internet suchen werde. Ansonsten wird das nichts. Wer also mal nette Leute kennen lernen will: Restoran an der Bohdan-Chmelnitzkoho. Zweiter Stock. Und bitte macht denen klar, dass man auch ohne Taxi da durch kommt! Danke.
P.S. Übrigens war ich vor der Rückfahrt noch mal da, wurde stürmisch begrüßt und gleich gefragt, ob ich es denn gefunden hätte. Geistige Notiz an mich: 1. Nie wieder als Ausländerin outen. 2. Das nächste Mal wieder ins Restoran. Dann frage ich, wo die anderen 24 Museen liegen =D